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Nicht unweit von Dresden, zwischen den Ortschaften Lauter, Neuwelt und Schwarzenberg steht ein ganz besonderes Gebäude mit drei Stockwerken und einem schiefergedeckten Spitzdach: das Spinnhaus. Errichtet um 1860, hat es vielen Menschen eine Heimat geboten, vor allem Frauen. Zu Beginn arbeiteten Spinnerinnen in ihm - »fasernhustend und traumversponnen«. Mit Anbruch des 20. Jahrhunderts kam dann seine große Zeit. Wäscherinnen zogen ein, eigensinnige und zähe Frauen, von denen keine auf die Idee gekommen wäre, die Welt der Frau sei nur der Mann. Genau im Jahr 1900 wird im Spinnhaus die »alte…mehr

Produktbeschreibung
Nicht unweit von Dresden, zwischen den Ortschaften Lauter, Neuwelt und Schwarzenberg steht ein ganz besonderes Gebäude mit drei Stockwerken und einem schiefergedeckten Spitzdach: das Spinnhaus. Errichtet um 1860, hat es vielen Menschen eine Heimat geboten, vor allem Frauen. Zu Beginn arbeiteten Spinnerinnen in ihm - »fasernhustend und traumversponnen«.
Mit Anbruch des 20. Jahrhunderts kam dann seine große Zeit. Wäscherinnen zogen ein, eigensinnige und zähe Frauen, von denen keine auf die Idee gekommen wäre, die Welt der Frau sei nur der Mann. Genau im Jahr 1900 wird im Spinnhaus die »alte Uhlig« geboren, die Tochter eines Schindelmachers und einer Strumpfstrikkerin. Stumm geht sie durch ihr Leben, wird mit 60 plötzlich schwanger und ist es mit 70 noch immer. Hier lebt Trulla, von der es heißt: »Sie dachte selten daran, daß ihr etwas fehlte.« Hier ziehen das Kaiserreich, die Nazizeit und der Sozialismus ihre tiefen Spuren. Hier wird eine jüdische Mitbürgerin umgebracht, später zieht ein Trupp vermummter Menschen vorbei, Némci, Deutsche, steht auf den Armbinden. Und hier lernt die Mühl-Susanne Herrn Nobis kennen, der aber, nachdem sozialistisch gegrüßt wird, nicht mehr das sein darf, wofür er von ihr geliebt wurde: Spirituosenfabrikant.

Kerstin Hensel erzählt in ihrer bildreichen, sinnlichen und kräftigen Sprache vom 20. Jahrhundert aus der Perspektive einer nur scheinbar kleinen Welt von Frauen, die von den großen Geschichten und der großen Geschichte nicht verschont wird.

Autorenporträt
Kerstin Hensel wurde 1961 in Karl-Marx-Stadt geboren. Arbeitete als Krankenschwester, studierte am Institut für Literatur in Leipzig und unterrichtet heute an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch". Ausgezeichnet für ihre Werke mit u. a. dem Anna-Seghers-Preis, dem Förderpreis des Lessing-Preises des Freistaats Sachsen und dem Gerrit-Engelke-Literaturpreis der Stadt Hannover sowie dem Literaturpreis der Stahlstiftung Eisenhüttenstadt 2008. Die Autorin lebt in Berlin.
Rezensionen
"Diese Erzählung, ein Gewebe kleiner Geschichten, eine literarische Klöppelarbeit, schlägt historisch einen großen Bogen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart - oder eigentlich in die nahe Zukunft,... Kerstin Hensels neues Buch, ..., ist Heimat-Literatur, jedoch nicht solche der gemütvollen Art." (Die literarische Welt)

"So klein der Ort der Handlung, so gekonnt richtet Hensel die Perspektive immer wieder aufs große Granze. Ein Heimatroman - konzentriert, klug komponiert und sehr, sehr fern vom Rauschen im Silberwald". (Wirtschaftswoche)

"Kerstin Hensel erzählt Geschichten von den Menschen hier. Kenntnisreich und sprachlich genau erfaßt sie Lebensumstände und Denken ihrer Helden, liefert Spannung, Unterhaltung, Bildung - also besten Lesegenuß." (Freie Presse, Chemnitz)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gar nicht einverstanden zeigt sich Burkhard Müller mit Kerstin Hensels literarischem Versuch an einem Heimatopus aus dem Erzgebirge. Müller unterstellt der Autorin Unschärfe und Humorlosigkeit, stattdessen regiere die Sentimentalität. "Im Spinnhaus", so Müller, spannt einen großen historischen Bogen durch das 20. Jahrhundert, doch die Autorin könne die einzelnen anekdotischen Bilderbögen nicht zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Zwar berühren oder wiederholen sich einzelne Motive, erläutert der Rezensent, aber darüber hinaus hat er den Eindruck, dass Hensel einen spezifischen "Hauptwortkatalog" erzgebirgischer Eigenheiten abarbeitet. Neben dem Wort "Symbolkitsch" verwendet der Rezensent auch den schönen, aber abfällig gemeinten Begriff der "Einkleidungsprosa" für ein Kapitel über die Judenverfolgung im Ort, das er außerdem für historisch recht unglaubwürdig hält. Anders als der Film "Goodbye Lenin", bedauert Müller, schaffe es das Buch nicht, mehr als sentimentales Bedauern über Vergangenes hochkommen zu lassen: die Raffinesse des Films liegt im Plot, der die Vergangenheit in die Gegenwart hebt und daraus seinen Witz bezieht, erklärt Müller seine Position. Hensel aber gelängen solche raffinierten Perspektivwechsel nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH