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November 1934. Der Abt des Kohoan-Tempels verschwindet spurlos. Hat er sich trotz seines fortgeschrittenen Alters auf eine spirituelle Wanderung begeben? Oder ist er betrunken im Wald verunglückt? Zuletzt gesehen wurde er nur von seiner Geliebten, die heimlich mit ihm im Kloster lebte, und von einem jungen Novizen, dessen Herkunft ein dunkles Geheimnis umgibt Haben die beiden etwas mit dem Verschwinden des Abts zu tun?Mizukami Tsutomu (1919 2004), ist einer der bekanntesten Schriftsteller Japans. Seine Eltern gaben ihn mit neun Jahren in die Obhut eines Klosters, aus dem er bald floh. Seine…mehr

Produktbeschreibung
November 1934. Der Abt des Kohoan-Tempels verschwindet spurlos. Hat er sich trotz seines fortgeschrittenen Alters auf eine spirituelle Wanderung begeben? Oder ist er betrunken im Wald verunglückt? Zuletzt gesehen wurde er nur von seiner Geliebten, die heimlich mit ihm im Kloster lebte, und von einem jungen Novizen, dessen Herkunft ein dunkles Geheimnis umgibt Haben die beiden etwas mit dem Verschwinden des Abts zu tun?Mizukami Tsutomu (1919 2004), ist einer der bekanntesten Schriftsteller Japans. Seine Eltern gaben ihn mit neun Jahren in die Obhut eines Klosters, aus dem er bald floh. Seine Jugend verbrachte er als Gelegenheitsarbeiter. Die Erfahrung von Armut und Ausgegrenztheit bestimmte sein späteres literarisches Schaffen, mit dem er es in seiner Heimat zu großem Ruhm brachte. Seine Romane und Erzählungen wurden zu vielfach preisgekrönten Bestsellern.
Autorenporträt
Mizukami Tsutomu (1919-2004), ist einer der bekanntesten Schriftsteller Japans. Seine Eltern gaben ihn mit neun Jahren in die Obhut eines Klosters, aus dem er bald floh. Seine Jugend verbrachte er als Gelegenheitsarbeiter. Die Erfahrung von Armut und Ausgegrenztheit bestimmte sein späteres literarisches Schaffen, mit dem er es in seiner Heimat zu großem Ruhm brachte. Seine Romane und Erzählungen wurden zu vielfach preisgekrönten Bestsellern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.11.2008

Tod im Tempel
Ein Schauermärchen aus Japans Klosterwelt

Der japanische Erzähler Mizukami Tsutomu (1919 bis 2004) ist mit sozialrealistischen Kriminalromanen wie "Nebel und Schatten" oder ländlichen Milieustudien wie "Die Bambuspuppen von Echizen" Chronist einer zunehmend aus den traditionellen Fugen geratenen Welt. Im 1961 erschienenen Frühwerk "Im Tempel der Wildgänse" verarbeitet Mizukami, der mit neun Jahren in die Obhut des Zen-Tempels Shôkokuji in Kyoto gegeben wurde, den romanhaften Werdegang seiner Biographie zu Literatur. Die Erfahrung von Armut und Isolation ist physisch spürbar. Das Buch spielt in den dreißiger Jahren in einem Zen-Kloster im Westen Kyotos. Herzstück des Tempels sind die Wildgänse, die die Papierschiebetüren des Altarraums zieren und den Romanplot leitmotivisch begleiten: "Diese Gänse - unmöglich, sie zu zählen - waren monochrom in schwarzer Tusche ausgeführt, aber keine glich der anderen. Der Maler hatte mit leidenschaftlicher Hingabe jede Wildgans behutsam gemalt, so dass man glaubte, die Pinselstriche zu hören."

Kurz vor seinem Tod vertraut der Maler dem befreundeten Abt des Tempels seine Muse Satoko als Geliebte an, die alsbald in den Tempel einzieht. Das Buch schildert die Ménage à trois zwischen dem trinkfesten Abt Jikai, Satoko - in Umkehrung buddhistischer Dogmen nennt der Abt sie "mein Buddha, meine weltliche Lust!" - und Jinen, dem zwergwüchsigen Gehilfen. Satoko, die sich beim Liebesspiel beobachtet fühlt, fürchtet sich vor der stillen Präsenz Jinens, empfindet aber auch mütterliches Mitleid für den introvertierten, vom Abt gedrillten und erniedrigten Novizen. Expressiv fängt das Buch die Klangwelt Kyotos wie Sutren-Rezitationen, Klangschalen oder Trippelschritte ein. Die schemenhaften Figuren kontrastieren mit dem belebten Dekor, wenn etwa die Wildgänse bei einer Andacht für den Maler sich zu regen scheinen. Das weniger in expliziten Liebesszenen als in den komplexen Gefühlslagen der Dreiecksbeziehung überzeugende Eifersuchtsdrama spielt mit japanischen Jahreszeitenmotiven und mit Versatzstücken Freudscher ödipaler Psychologie. Die Satire auf den Mönchsstand zwischen Anspruch und Realität, Zölibat und Begierde reflektiert Mizukamis eigene Erlebnisse von Intrigen und Korruption. In historisierender Lesart spiegelt das Buch die Bigotterie der Militarisierung und Mobilisierung der Gesellschaft, die - in Form des Besuchs des Schullehrers, der die häufigen Absenzen Jinens bei militärischen Übungen moniert - bis in die Abgeschiedenheit des Tempels reicht. Kollektive und individuelle Repressionsformen - morgens in der Mittelschule das verhasste Exerzieren, danach Exerzitien unter der Ägide des Abtes, gehen Hand in Hand.

Das mit minimalistischer Ästhetik in die Katastrophe gesteigerte Kammerspiel zeichnet in Hierarchien, Abhängigkeiten und Identitäten befangene fatalistische Figuren, wobei die geschlossene Gesellschaft des Tempels immer wieder auf die japanische Gesellschaft abzielt. Das allegorische Schauermärchen zieht Analogien zwischen vollkommenem Kunstwerk und perfektem Verbrechen. Als der Abt eines Tages spurlos verschwindet, wird allgemein angenommen, er habe sich auf Pilgerreise begeben. Vielmehr wird aber die labyrinthische Tempelarchitektur Schauplatz eines Verbrechens, von dem allein die Wildgänse auf den Papierschiebetüren zu wissen scheinen.

STEFFEN GNAM.

Mizukami Tsutomu: "Im Tempel der Wildgänse". Roman. Aus dem Japanischen übersetzt von Verena Werner, mit einem Nachwort von Eduard Klopfenstein. be.bra Verlag, Berlin 2008. 160 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine kleine, dichte Besprechung zu Mizukami Tsutomus autobiografisch geprägtem Buch legt Steffen Gnam vor. Die minimalistische, kammerspielartige Ästhetik, mit der Tsutomu eine eifersuchtsgesättigte Dreiecksbeziehung in einem Zen-Kloster der 30er Jahre entwirft, haben beim Rezensenten Spuren hinterlassen. Gnam spricht von der physischen Präsenz von Armut und Isolation und vom expressiven Gestus im Text. Die satirische, den Mönchsstand hinterfragende Lesart entgeht Gnam dabei ebenso wenig, wie die allegorische. Sie macht das Drama hinter Termpelmauern transparent auf die japanische Gesellschaft und ihre Dramen.

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