Eindringlich, aufwühlend und zugleich unsentimental schreibt Ljuba Arnautovic in ihrem Debüt über eine Frau, deren stilles Heldentum unerkannt bleibt, deren beharrlicher Einsatz für das Richtige aber letztendlich Früchte trägt.Genofeva arbeitet in der Kanzlei des Oberkirchenrats in Wien. Es ist das Jahr 1944. Niemand ahnt, dass sie in ihrer Wohnung über Monate hinweg Menschen versteckt. Niemand weiß auch um ihre politische Vergangenheit, die sie selbst in größte Gefahr bringen könnte. Sie muss ihren Schmerz und ihre Einsamkeit verbergen: Beide Söhne befinden sich seit Jahren in der UdSSR und der Kontakt zu ihnen ist abgerissen. Ihr Mann ist längst in Australien und damit in einem anderen Leben angekommen. Eines Tages trifft Genofeva, die sich Tante Eva nennen lässt, auf Walter. Auch er muss schließlich in ihr Versteck fliehen. Dort kommen sich die zwei verlorenen Seelen näher.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Norbert Mappes-Niediek lernt mit Ljuba Arnautovic Wien als Metropole eines multinationalen Reiches kennen. Die von der Autorin aufgefächerte Familiengeschichte, für den Rezensenten eigentlich Doku-Fiktion, denn die Autorin ist die Enkelin der Heldin im Buch, führt den Leser laut Rezensent tief ins 20. Jahrhundert und 19. Jahrhundert zurück, nach Tschechien und Bosnien und zu den Kommunisten und Austro-Faschisten. Dass eine einzelne Person so viel erlebt haben soll, kann der Rezensent kaum glauben, doch wie sich die Autorin anhand von Dokumenten in die Welt ihrer Großmutter hineinversetzt, findet er gelungen, respektvoll und empathisch und in der Sprache klar, auch wenn dem Text die psychologische Dimension fehlt, wie er anmerkt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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