Die Geschichte der (Welt-)Ausstellungen wurde bislang fast nur aus Sicht der westlichen Industrienationen interpretiert, obwohl sich das Thema für eine globalhistorische Perspektive geradezu anbietet. Dies macht Daniel Hedinger am Beispiel Japans deutlich. Das Land wurde nach der erzwungenen Öffnung 1854 zum wichtigsten und erfolgreichsten nicht-westlichen Teilnehmer der Weltausstellungen und veranstaltete selber bis zum Zweiten Weltkrieg Hunderte von Ausstellungen. Indem der Autor die damit verbundenen Prozesse des ökonomischen und technologischen Austauschs sichtbar macht, vermittelt er überraschende Einblicke in die Wechselwirkung zwischen Kultur, Imperialismus und Konsum um 1900 - und legt die Wurzeln des bis heute andauernden technologischen Wettstreits Japans mit dem Westen offen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.11.2011Japans Schau
Zwischen 1854 und 1941 organisierte Japan Hunderte Ausstellungen, die Daniel Hedinger in einem lesenswerten Band vor Augen führt. Vom Objekt kolonialer Blicke - der Japanese Court in London 1862 war eine Kuriositätensammlung eines westlichen Diplomaten - wandelte sich Japan zum Protagonisten. Als das Land infolge der Kriege gegen China und Russland Taiwan und Korea als Kolonien annektiert hatte, avancierte das Kaiserreich zur asiatischen Großmacht. Kolonialausstellungen setzten das harmonische Miteinander in Szene. Die imperialistische Topographie des Ausstellungsgeländes und der Konsum der Kolonie schlugen sich in Taiwan-Pavillons nieder, die eine Mischung aus anthropologischem Museum, Kolonialwarenladen und Teehaus boten. Nach Ausbruch des Kriegs gegen China 1937 erkennt der Autor eine Neubesetzung des Festraums und Militarisierung der Ausstellungsgelände. In "Landesverteidigungs-Pavillons" und Militärausstellungen kam es zwischen Leistungsschau und Volksfest - mechanisierte Panoramen spielten Schlachten nach - zur modernistischen "Ästhetisierung des Krieges". Der Ausbruch des Pazifischen Kriegs markierte das Ende von Nippons in Hedingers materialreicher Studie dargestellten Zeitalter der Ausstellungen. (Daniel Hedinger: "Im Wettstreit mit dem Westen". Japans Zeitalter der Ausstellungen 1854-1941. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2011. 458 S., Abb., br., 45,- [Euro].) sg
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zwischen 1854 und 1941 organisierte Japan Hunderte Ausstellungen, die Daniel Hedinger in einem lesenswerten Band vor Augen führt. Vom Objekt kolonialer Blicke - der Japanese Court in London 1862 war eine Kuriositätensammlung eines westlichen Diplomaten - wandelte sich Japan zum Protagonisten. Als das Land infolge der Kriege gegen China und Russland Taiwan und Korea als Kolonien annektiert hatte, avancierte das Kaiserreich zur asiatischen Großmacht. Kolonialausstellungen setzten das harmonische Miteinander in Szene. Die imperialistische Topographie des Ausstellungsgeländes und der Konsum der Kolonie schlugen sich in Taiwan-Pavillons nieder, die eine Mischung aus anthropologischem Museum, Kolonialwarenladen und Teehaus boten. Nach Ausbruch des Kriegs gegen China 1937 erkennt der Autor eine Neubesetzung des Festraums und Militarisierung der Ausstellungsgelände. In "Landesverteidigungs-Pavillons" und Militärausstellungen kam es zwischen Leistungsschau und Volksfest - mechanisierte Panoramen spielten Schlachten nach - zur modernistischen "Ästhetisierung des Krieges". Der Ausbruch des Pazifischen Kriegs markierte das Ende von Nippons in Hedingers materialreicher Studie dargestellten Zeitalter der Ausstellungen. (Daniel Hedinger: "Im Wettstreit mit dem Westen". Japans Zeitalter der Ausstellungen 1854-1941. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2011. 458 S., Abb., br., 45,- [Euro].) sg
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"An Authoritative work of scholarship on the history of Japanese exhibitions with the potential to become a new standard work on the topic.", Monumenta Nipponica, 01.05.2013