VON LOVRAN BIS DUBROVNIK Als er in Pula über die Uferpromenade schlendert, überkommt Helmut Luther kurz das Gefühl, sich im Ort vertan zu haben. Warum sind hier überall Habsburger-Prachtbauten? Ähnliche Déjà-vu-Erlebnisse hat der Autor viele auf seiner Reise entlang der kroatischen Küste. Franz von Suppè, der Schöpfer der Wiener Operette, wuchs in Zadar auf, der Erfinder Nikola Tesla in Lika. Auf der Insel Lokrum bei Dubrovnik baute Erzherzog Maximilian seine Sommerresidenz. Bis 1918 gehörten diese Städte und Inseln zum Habsburgerreich. Mithilfe lokaler Gesprächspartner spürt Helmut Luther die spannendsten Berührungspunkte zwischen Gestern und Heute auf und nimmt uns mit auf einen historischen Roadtrip entlang der kroatischen Adria.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.07.2022Thomas Bernhard flucht
Bis 1918 gehörte das Küstenland der Kroatischen Adria zur Habsburgermonarchie. Die Österreicher und auch die Venezianer hinterließen zahlreiche Spuren. Helmut Luther geht ihnen nach. In Rijeka wurde sogar der Schriftsteller Ödön von Horváth geboren. Und im städtischen Krankenhaus, wo unter den Österreichern die Marineakademie untergebracht war, wurde Thomas Bernhard zusammengeflickt, nachdem er bei einem Unfall seinen weißen Herald Triumph zu Schrott gefahren hatte. Nachdem sich Luther in der Klinik mit einem Espresso aus dem Automaten unter die wartenden Patienten gesetzt hat, sieht er vor seinem geistigen Auge den bandagierten Dichter vorbeihumpeln - und stellt sich vor, wie der eine Schimpfkanonade vom Stapel lässt, als er erfährt, dass eben hier Kadetten der k. u. k. Marine gedrillt wurden: seine Landsleute also, der Ansicht des Dichters zufolge lauter "Debile und Tobsüchtige". Luther hingegen trifft auf seinem historischen Roadtrip sympathische Einheimische, mit deren Hilfe er Berührungspunkte zwischen dem Gestern und Heute entdeckt. Eine Germanistin zeigt ihm auf der Insel Korcula die Wohnungen der politischen Emigranten und Schriftsteller Franz Theodor Csokor und Alexander Sacher Masoch. Als er nebenbei erfährt, dass seine Begleiterin, weil sonst ihre Rente nicht reiche, mit Holz heize und ihr Auto nur einmal im Monat auftanke, begreift er, warum er so oft zu hören bekommt, in Jugoslawien sei einiges besser gewesen. F.A.Z.
"Immer der Küste nach" von Helmut Luther. Amalthea Verlag, Wien 2022. 272 Seiten,
zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 26 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bis 1918 gehörte das Küstenland der Kroatischen Adria zur Habsburgermonarchie. Die Österreicher und auch die Venezianer hinterließen zahlreiche Spuren. Helmut Luther geht ihnen nach. In Rijeka wurde sogar der Schriftsteller Ödön von Horváth geboren. Und im städtischen Krankenhaus, wo unter den Österreichern die Marineakademie untergebracht war, wurde Thomas Bernhard zusammengeflickt, nachdem er bei einem Unfall seinen weißen Herald Triumph zu Schrott gefahren hatte. Nachdem sich Luther in der Klinik mit einem Espresso aus dem Automaten unter die wartenden Patienten gesetzt hat, sieht er vor seinem geistigen Auge den bandagierten Dichter vorbeihumpeln - und stellt sich vor, wie der eine Schimpfkanonade vom Stapel lässt, als er erfährt, dass eben hier Kadetten der k. u. k. Marine gedrillt wurden: seine Landsleute also, der Ansicht des Dichters zufolge lauter "Debile und Tobsüchtige". Luther hingegen trifft auf seinem historischen Roadtrip sympathische Einheimische, mit deren Hilfe er Berührungspunkte zwischen dem Gestern und Heute entdeckt. Eine Germanistin zeigt ihm auf der Insel Korcula die Wohnungen der politischen Emigranten und Schriftsteller Franz Theodor Csokor und Alexander Sacher Masoch. Als er nebenbei erfährt, dass seine Begleiterin, weil sonst ihre Rente nicht reiche, mit Holz heize und ihr Auto nur einmal im Monat auftanke, begreift er, warum er so oft zu hören bekommt, in Jugoslawien sei einiges besser gewesen. F.A.Z.
"Immer der Küste nach" von Helmut Luther. Amalthea Verlag, Wien 2022. 272 Seiten,
zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 26 Euro.
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