Franz Hohler ist ein ausdauernder Wanderer und passionierter Bergsteiger. In diesem Buch führt er die Leserinnen und Leser "immer höher" - von einem Gipfel wenige hundert Meter über Meer bis auf etliche Vier- und einen Fünftausender. Es ist ein angenehmes, ruhiges, fast beschauliches Wandern, Gehen und Klettern, mit offenen Augen und wachem Sinn: atmen, denken, sehen und auch schweigen. Dort hinauf, wohin es eigentlich "keinen Grund zu gehen gibt" und man trotzdem geht, dorthin, "wohin man nur mit Geduld kommt". Auf einen Hausberg vielleicht, einen Traumberg oder einen Grat am Himmelsrand. Allein, zu zweit, selbdritt. Mit dem Sohn, mit seiner Frau Ursula, mit Freunden. Oder am Seil des Bergführers Adolf Schlunegger, mit Pickel und Steigeisen über Abgründe balancierend. Kein Bergdrama erzählt er, weder von Erfrierungen noch von Leichen oder dramatischen Rettungsaktionen ist die Rede, wie man es von alpinistischer Literatur erwartet. Immer höher steigt er, doch immer bleibt es "eine ganz gewöhnliche Bergtour". Keine Heldenpose also. Dafür Poesie. Überraschende Beobachtungen, ergreifende Stimmungen. Der Eiger im Mondlicht, die Sonnenfinsternis auf dem Weisshorngipfel.Sein Blick vom Gipfel ist gelassen, aber nie unkritisch. Er stellt fest, wie die Gletscher schwinden, stellt sich vor, wie es sein wird, wenn es sie nicht mehr gibt. Wenn sich dafür die Siedlungen im Tal "wie Gletscher der Eiszeit" ausbreiten. Er kehrt gerne zurück ins Tal, nach einem Imbiss in einem Bergrestaurant vielleicht, beglückt und mit neuen Traumbergen im Kopf. "Darf man über so etwas überhaupt schreiben?", fragt er sich. Die Antwort ist - unter anderem - diese Sammlung von Erlebnisberichten, unspektakulär und doch so hautnah erlebbar, dass man wünscht, man wäre dabei gewesen, hätte mit ihm geplaudert und geschwiegen, beobachtet, Tee getrunken, Dohlen gefüttert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2014Ein Verrückter so wie ich
Franz Hohler, ein vor allem in der Schweiz bekannter Autor und Kabarettist, geht gern in die Berge. "Immer höher" heißt nun eine Textsammlung, die vergleichsweise niedrig beginnt: auf dem Monte Rossola. Der kommt auf gerade einmal 653 Meter über dem Meer, oberhalb dessen er auch steht, nahe der ligurischen Küste. Anhand dieses Gipfelchens formuliert Hohler einen zentralen Satz des Bergsteigens: "Von unten sieht er aus, als sähe man von oben wunderbar hinunter." Und oben erlebt er die "kleine Magie des Gipfelgefühls, nämlich dass es von hier nicht mehr weiter hinaufgeht, sondern nur noch hinunter". Für dieses Gefühl, so Hohler, gehe er weit und lang, "es ist immer gleich und immer anders". Hohler zeigt, dass große Gedanken - und Empfindungen - nichts mit der Höhe der Berge zu tun haben, auf die man steigt. So erkennt er angesichts der Ersteigung eines wenig bekannten Grates, wie sich die Berglandschaft, durch die er seit Jahrzehnten wandert, verändert. Wie Gletscher der Eiszeit, so der Autor, "kriechen unsere Siedlungen durch die Flusstäler, legen sich um die Seen, werden auf die Hügel gedrängt". Ein starkes Bild, das einen nun bei Gipfelblicken begleiten wird. Und noch etwas merkt der Schweizer Autor an. Diese bis zum Äußersten aufgefüllten Landstriche "treiben Flüchtlinge vor sich her: Stille und Einsamkeit". Hohler hat dennoch beide immer wieder aufgespürt und erzählt in ruhigem Ton mit manchmal absatzlangen Sätzen von seinen Bergtouren. Durchaus steigt Franz Hohler auch auf höhere Berge, dann meist am Seil. So kommt er über den Tödi, Piz Bernina und Grand Paradiso sogar auf den Popocatépetl. Sein Buch endet mit den kurzen Sätzen "Die Berge sind nicht tot. Sie leben." Man folgt ihm gern bei diesem Gedanken.
bär
"Immer höher" von Franz Hohler. Vorwort von Emil Zopfi. AS Verlag, Zürich 2014. 192 Seiten. Gebunden, 22,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Franz Hohler, ein vor allem in der Schweiz bekannter Autor und Kabarettist, geht gern in die Berge. "Immer höher" heißt nun eine Textsammlung, die vergleichsweise niedrig beginnt: auf dem Monte Rossola. Der kommt auf gerade einmal 653 Meter über dem Meer, oberhalb dessen er auch steht, nahe der ligurischen Küste. Anhand dieses Gipfelchens formuliert Hohler einen zentralen Satz des Bergsteigens: "Von unten sieht er aus, als sähe man von oben wunderbar hinunter." Und oben erlebt er die "kleine Magie des Gipfelgefühls, nämlich dass es von hier nicht mehr weiter hinaufgeht, sondern nur noch hinunter". Für dieses Gefühl, so Hohler, gehe er weit und lang, "es ist immer gleich und immer anders". Hohler zeigt, dass große Gedanken - und Empfindungen - nichts mit der Höhe der Berge zu tun haben, auf die man steigt. So erkennt er angesichts der Ersteigung eines wenig bekannten Grates, wie sich die Berglandschaft, durch die er seit Jahrzehnten wandert, verändert. Wie Gletscher der Eiszeit, so der Autor, "kriechen unsere Siedlungen durch die Flusstäler, legen sich um die Seen, werden auf die Hügel gedrängt". Ein starkes Bild, das einen nun bei Gipfelblicken begleiten wird. Und noch etwas merkt der Schweizer Autor an. Diese bis zum Äußersten aufgefüllten Landstriche "treiben Flüchtlinge vor sich her: Stille und Einsamkeit". Hohler hat dennoch beide immer wieder aufgespürt und erzählt in ruhigem Ton mit manchmal absatzlangen Sätzen von seinen Bergtouren. Durchaus steigt Franz Hohler auch auf höhere Berge, dann meist am Seil. So kommt er über den Tödi, Piz Bernina und Grand Paradiso sogar auf den Popocatépetl. Sein Buch endet mit den kurzen Sätzen "Die Berge sind nicht tot. Sie leben." Man folgt ihm gern bei diesem Gedanken.
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"Immer höher" von Franz Hohler. Vorwort von Emil Zopfi. AS Verlag, Zürich 2014. 192 Seiten. Gebunden, 22,90 Euro.
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