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Ob vier Menschen in Brooklyn versuchen, Weihnachten mit einem verstimmten Klavier zu feiern, oder eine Frau den begehrten Mann ins Pornokino schickt - Alissa Walser ist eine Meisterin der Kurzform, der Tiefenvirtuosität, die mit Raffinesse unsere normalerweise verschwiegenen "menschlichen Zwischenräume" ausleuchtet. Sie entwirft mit schlafwandlerisch sicheren Strichen emotionale Gefüge zwischen Frauen und Männern, Freunden und Freundinnen, Eltern und Kindern. Manchmal steckt schon in einem einzigen Satz ein scheinbar vertrauter Roman. Aus Leben entstehen Bilder, und umgekehrt werden die Bilder…mehr

Produktbeschreibung
Ob vier Menschen in Brooklyn versuchen, Weihnachten mit einem verstimmten Klavier zu feiern, oder eine Frau den begehrten Mann ins Pornokino schickt - Alissa Walser ist eine Meisterin der Kurzform, der Tiefenvirtuosität, die mit Raffinesse unsere normalerweise verschwiegenen "menschlichen Zwischenräume" ausleuchtet. Sie entwirft mit schlafwandlerisch sicheren Strichen emotionale Gefüge zwischen Frauen und Männern, Freunden und Freundinnen, Eltern und Kindern. Manchmal steckt schon in einem einzigen Satz ein scheinbar vertrauter Roman. Aus Leben entstehen Bilder, und umgekehrt werden die Bilder lebendig. Die Sicht der Autorin, ihre kluge Wahrnehmung, kristallisiert die Verhältnisse in klarer poetischer Sprache.
Autorenporträt
Alissa Walser, geboren 1961, studierte in New York und Wien Malerei. Seit 1987 lebt sie als Übersetzerin und Malerin in Frankfurt am Main. Für ihre Erzählung "Geschenkt" wurden ihr 1992 der Ingeborg-Bachmann-Preis und der Bettina-von-Arnim-Preis verliehen. Als Übersetzerin hat Alissa Walser die Tagebücher von Sylvia Plath sowie Theaterstücke u. a. von Joyce Carol Oates, Edward Albee, Marsha Norman und Christopher Hampton ins Deutsche übertragen. 2009 erhielt sie für Ihre Übersetzung der Gedichte Sylvia Plaths den Paul-Scheerbart-Preis. Ihre eigenen Erzählungen wurden in englischer Übersetzung u.a. in literarischen Zeitungen wie Open City und Grand Street veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.06.2011

Lebendig werden
Alissa Walser liest in der Frankfurter Villa Metzler

Neun Erzählungen umfasst Alissa Walsers schmaler neuer Band "Immer ich". In der ersten von ihnen berichtet die Erzählerin aus einem Alter, in dem das Schnürsenkelbinden die nächste, noch ungenommene Hürde darstellt. Immer "ich" sagen, weist der Onkel das kleine Mädchen zurecht, das sich unter grammatikalischen Ausflüchten wie "Es geht nicht" und "Man braucht halt Kraft" um die Schwierigkeit der ersten selbstgemachten Schleife, im Grunde aber um den nötigen Mut zum Ich herumdrücken will.

Dieser Aufforderung verdankt der Band seinen Namen und seinen unaufdringlichen poetologischen Kern. Wie die Autorin das "ich" des Titels betont wissen wolle, nörgelnd oder selbstbewusst, fragte hr-Moderator Alf Mentzer Walser im Gespräch. Wichtig sei ihr die offene Spanne der Möglichkeiten, antwortete die Schriftstellerin, Künstlerin, Übersetzerin und Dramatikerin. Im Titel stecke das stolze "Renaissance-Ich", jenes, das sich "in einer Wettbewerbsgesellschaft" durchbeiße, und ja, auch der Genuss daran, "ich" zu sagen. Beim Schreiben müsse sie die eigene Wahrnehmung einfließen lassen. Tatsächlich steckt in den Erzählerinnen des Bandes, die ihr Ich vor sich hertragen, wohl ein Stück Maskenspiel der Autorin.

"Immer ich" fügt sich ganz in die Linie der "Frankfurter Premieren" ein, die ein Schaufenster von Novitäten Frankfurter Autoren sein will, vorzugsweise in Romanform. Letzterer kommt Walsers Bändchen nahe, wenn es, wie von Mentzer angesprochen, mehrere Figuren verwebt. Die meisten Texte, so Walser, habe sie der Schublade entnehmen können, nur die Titelgeschichte sei eigens neu verfasst. Verbunden seien zwei der Erzählerinnen über Bekanntschaften. Nina und Mona hätten gleichfalls mit Kunst zu tun, die historische Gestalt der impressionistischen Malerin Berthe Morisot entwickle ihre Identität ganz ausdrücklich über die Kunst.

Wenn sie als Autorin schreibe, Farbe müsse Feuer werden, und im Schreiben ein Pendant hierzu benennen solle, sei dieses befeuernde Element der Lebendigkeit bei ihr die eigene Wahrnehmung. Es sei ähnlich wie bei Fotografie und Malerei. Zu Zeiten der frühen Fotografie habe man Porträtbilder oder auch die Aufnahmen eines galoppierenden Pferdes als wie zu Stein erstarrt empfunden, wohingegen die Malerei solcher Lüge durch technische Faktentreue eine eigene Wahrheit des Empfindens trotz faktischer Ungenauigkeit vorausgehabt habe. Darum gehe es auch ihren Figuren: "Die versuchen alle schwer, etwas lebendig zu machen."

MARCUS HLADEK

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dies könnte genau die richtige Lektüre für den Sommer sein, glaubt Rezensentin Judith von Sternburg. Denn Alissa Walsers Erzählung "Immer ich" erscheint ihr nicht nur angenehm kühl, sondern zugleich wie der impressionistische Versuch einen "flirrenden" Augenblick einzufangen. "Nüchtern", aber doch geheimnisvoll erzähle Walser von den Beziehungen zwischen vier Frauen und Männern, die sich mal beim Yoga in Frankfurt, dann wieder bei einer Weihnachtsfeier im New York vor dem elften September begegnen. Dabei ist sich meist jeder von ihnen selbst genug, zumindest, wenn es sich nicht gerade zu bemitleiden gilt. Auch die Malerin Berthe Morisot tritt in einer kurzen Episode auf, um sich dann doch nur über Darwins Weltsicht zu beklagen. Bewundernd stellt die Rezensentin fest, wie es Walser gelingt, ihre Erzählung in einem "zarten" Schwebezustand zu halten, ohne sich dabei jedoch im Belanglosen zu verlieren.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Nach der letzten Seite will man nur eins: gleich wieder von vorne anfangen.", Vital 20151120