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Den berüchtigten Eintritt in die "besten Lebensjahre" - die meisten Protagonisten der Erzählungen von Richard Russo haben ihn schon hinter sich. Die Menschen, die uns hier begegnen, haben in der Regel einen akademischen Hintergrund und sind durchaus gut situiert. Eines ist ihnen gemeinsam: Sie müssen sich langsam fragen, ob sie tatsächlich das Leben führen, das sie führen wollten. Da ist die aufstrebende Dozentin, die sich kurz vor Thanksgiving mit einem Plagiatsfall konfrontiert sieht und dabei ins Nachdenken über sich und ihre eigene Institutskarriere gerät. Oder der gescheiterte…mehr

Produktbeschreibung
Den berüchtigten Eintritt in die "besten Lebensjahre" - die meisten Protagonisten der Erzählungen von Richard Russo haben ihn schon hinter sich. Die Menschen, die uns hier begegnen, haben in der Regel einen akademischen Hintergrund und sind durchaus gut situiert. Eines ist ihnen gemeinsam: Sie müssen sich langsam fragen, ob sie tatsächlich das Leben führen, das sie führen wollten. Da ist die aufstrebende Dozentin, die sich kurz vor Thanksgiving mit einem Plagiatsfall konfrontiert sieht und dabei ins Nachdenken über sich und ihre eigene Institutskarriere gerät. Oder der gescheiterte Englischprofessor, der sich in Venedig und seinen Zweifeln verliert. Ein Makler, der an Krebs erkrankt ist, und ein gealterter Drehbuchautor komplettieren das Quartett. Mit einem Augenzwinkern weist Richard Russo uns hin - auf die Schmerzpunkte ihrer Existenz. Er tut dies auf hintergründige, intelligente und humorvolle Weise. So entstehen Geschichten, bei denen wir Leser erst laut auflachen und dann trocken schlucken müssen, Geschichten, die von einer leisen Melancholie getragen sind - und doch etwas ungemein Lebensbejahendes haben.

Vier lange Erzählungen von Pulitzer-Preisträger Richard Russo
Autorenporträt
Monika Köpfer war viele Jahre als Lektorin tätig und übersetzt heute aus dem Englischen, Italienischen und Französischen. Zu den von ihr übersetzten Autoren zählen u. a. J. L. Carr, Mohsin Hamid, Milena Agus, Fabio Stassi, Richard C. Morais, Theresa Révay und Naomi J. Williams.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2018

Wir wissen, was du letzten Sommer getan hast

Der amerikanische Erzähler Richard Russo ist ein Meister der Kurzgeschichte, und seine beste führt eine Reisegruppe unterhaltsam durch Venedig. Doch ein unerhörtes Campus-Erlebnis vom anderen Kontinent beschwert alles.

Ein Paar kauft ein Haus mit einer zu engen Garage. Beide Ehepartner wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis einer zuerst das Auto beim Hereinfahren beschädigt, aber die Frau mag das Haus, und der Mann, obwohl überzeugt von der Fehlerhaftigkeit des Menschen, stemmt sich gegen diese zynische Weltsicht und willigt ein. Das geht eine Weile gut, "bis sich Ray eines Tages verschätzte und seinen Seitenspiegel abrasierte. Einen Monat später stieß Paula - okay, okay, sagte sie, sie sei eben in Eile gewesen - rückwärts in die Metallschiene des Garagentors, verbog sie und beschädigte dabei das Rücklicht." Die erwarteten Vorwürfe macht der Mann danach aber nicht: "Paula und er waren fast dreißig Jahre verheiratet, und das verdankte sich größtenteils der Tatsache, dass beide gewillt waren, es meistens bei einer hochgezogenen Augenbraue zu belassen."

Die Anekdote, mit der Richard Russos amerikanische Kurzgeschichte "Eingriffe" beginnt, belegt die Niedrigschwelligkeit seiner Erzählweise. Ein bisschen klamaukig und fast nach Ratgeber klingt sie. Aber wie Russo dann dieses etwas plakative Bild von der Unvollkommenheit der Existenz ausmalt, ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch zunehmend tiefgründig. Ray ist Immobilienmakler im Bundesstaat Maine noch zur Obama-Zeit, und das von ihm erlebte Amerika erholt sich gerade erst von der Rezession. Die hat natürlich auch schon anderen Schriftstellern wie Paul Auster ein dankbares Sujet geliefert, und man kann sich einen amerikanischen Makler kaum noch vorstellen, ohne sofort an jenen Frank Bascombe zu denken, den Richard Ford in mehreren Büchern durchs Leben begleitet hat.

Aber Russo steht mit seiner etwas leichtfüßigeren Erzählweise dennoch ganz gut zwischen solchen Schwergewichten der amerikanischen Literatur, und wenngleich er nicht das ganz große Gesellschaftsporträt anstrebt, schimmern doch in der Figur Rays, die sich durch Vorbilder in Familie und Freundeskreis zum Hochstaplertum verleitet sieht, obwohl sie im Herzen eher guter Samariter ist, große Themen der amerikanischen Kulturgeschichte durch. Und wenn diese eher flapsig erzählte Geschichte langsam auch auf ihren Titel zusteuert, der den unvermeidlichen Eingriff verheißt, dann tut sie das mit einer ziemlich eigentümlichen Mischung aus Sarkasmus und amerikanischem Wiederaufstehgeist: "Sie schnippeln was weg, und du beginnst eine bestimmte Diät. Anschließend bekommst du deine Unterhose zurück und machst weiter."

"Eingriffe" steht für ein solides Niveau, das der Pulitzerpreisträger Russo immer erreicht. Das Niveau von "Stimme" aber ragt nicht nur unter den vier im vorliegenden Band versammelten Erzählungen heraus. Es handelt sich dabei um eine Novelle oder fast schon einen Kurzroman aus jenem Milieu, das Russo am besten beschreiben kann: dem akademischen.

Wir befinden uns auf einer Reise zur Biennale in Venedig mit älteren amerikanischen Ostküstenbewohnern aus der Region Central Massachusetts, darunter ein Literaturdozent namens Nate, ferner "der bucklige Bernard und eine Frau mit orangefarbenen Haaren", ein deutscher Reiseführer namens Klaus, die merkwürdigen Schwestern Eve und Renee sowie Nates eigener Bruder Julian.

Unter launigen Seitenhieben auf die moderne Kunst sowie den Tourismus wird der Leser - wiederum sehr unterhaltsam - mit der Depression der Hauptfigur und ihrer verkorksten Beziehung zum Bruder vertraut gemacht. Zwischen Tintenfischpasta und Thomas-Mann-Reminiszenzen stolpert man an den Kanälen entlang und verirrt sich mit den Figuren, die Erzählung derweil ins Komödiantische oder auch ins Unheimliche.

In dieses bunte Bild wird aber schon früh ein schwarzer Fleck gemalt. Die unerhörte Begebenheit, die gleich im ersten Absatz erwähnt wird, "der Vorfall mit Opal Mauntz", wird stückchenweise in Rückblicken in die Reisegeschichte eingestreut und hält diese so bis fast zum Schluss unter der Spannung, was es denn mit besagtem Vorfall auf sich habe. Opal Mauntz war eine Studentin von Nate, und zunächst erfährt man nur, dass sie "ein Problem mit Nähe" hatte: Sie durfte, ausweislich eines medizinischen Gutachtens, weder berührt noch angesprochen werden. Mindestens das Letztere ist keine gute Voraussetzung für ein Studium.

Da sie aber mit Abstand die besten Essays schreibt, nämlich solche mit einer eigenen Stimme, gegen welche die Arbeiten ihrer Mitstudenten Nate fast lächerlich schwach und ohne Verstand kompiliert erscheinen, möchte er wider alle Warnungen zu ihrem besonderen Förderer werden und richtet bald seine gesamte Aufmerksamkeit auf sie. In der Schlüsselszene - eine sogenannte Bacon-Party, bei der Nate sich zwischen der Gunst der anderen Studenten und seiner Obsession mit der einen entscheiden muss und schließlich einen gravierenden Fehler macht - lässt Richard Russo ein durchaus realistisches Ereignis so meisterhaft ins Groteske kippen, dass man Angst bekommt.

Dieses Ereignis hängt wie ein Gewicht an der gesamten Venedig-Erzählung, und es lässt den zunächst noch als Witz aufgefassten Ausspruch des Reiseführers, es wäre schon ein Erfolg, wenn am Ende keiner tot im Kanal liege, plötzlich ernst erscheinen. Die Beleidigung, die Julian einer Mitreisenden an den Kopf wirft, weil er sich offenbar selbst zutiefst beleidigt von Nate sieht, die missglückte Kommunikation und Wiederannäherung der beiden Brüder, der Ausblick schließlich noch auf Bernard, der eine Urne mit nach Venedig gebracht hat, die Asche aber aus Scham nicht selbst verstreuen kann - das alles könnte man nun als Spiegelungen der bösen Campusgeschichte lesen, als Kippmomente in Lebensläufen, von Russo hier zu einem erzählerischen Erdrutsch verdichtet, den er für einmal auch mit seinem Humor nicht mehr aufzuhalten weiß. "Ist es besser, ganz von den anderen gekannt zu werden oder das zu verbergen, was einen liebensunwürdig macht?", fragt Nate sich und den Leser.

Als Einzelpublikation, die diese Geschichte unter dem Titel "Nate in Venice" auf dem englischen Buchmarkt darstellte, wäre sie fast zu schwer erträglich. Hier wird sie zum Glück flankiert von einer weiteren gewitzten Campuserzählung über einen Plagiatsfall und einer Story aus dem Drehbuchschreiber-Milieu, das Russo aus eigener Erfahrung (etwa "Nobody's Fool", verfilmt mit Paul Newman) bestens vertraut ist.

JAN WIELE

Richard Russo:

"Immergleiche Wege"

Erzählungen.

Aus dem Englischen von Monika Köpfer. DuMont Buchverlag, Köln 2018.

304 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Russo [jongliert] technisch gekonnt mit diversen Handlungssträngen und Motiven zugleich, um sie am Ende alle in einer Art Epiphanie zusammenzubringen."
Christoph Schröder, DEUTSCHLANDFUNK

"Russo steht mit seiner etwas leichtfüßigeren Erzählweise dennoch ganz gut zwischen [...] Schwergewichten der amerikanischen Literatur."
Jan Wiele, FAZ

"Der Band erscheint wie komponiert, eine literarische Sinfonie, in der Abfolge der Sätze wie in der erzählungsübergreifenden Motivik."
Martin Ebel, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

"Wie [Richard Russo] mal mit zartem Humor, mal mit melancholischer Grundierung schreibt, macht seine Kunst aus."
Rainer Moritz, DEUTSCHLANDFUNK KULTUR

"Ein Erzählungsband, der die Lektüre lohnt."
Thomas Andre, HAMBURGER ABENDBLATT

"Was Richard Russo ausmacht, sind sein eleganter Stil und sein menschenfreundlicher Blick. [...] Dieses Buch lässt seine Leser ein klein wenig erstarkt und mit einem Schmunzeln zurück."
Bianca Schwarz,NDR Kultur

"Richard Russo ist ein realistischer, geradliniger Autor, der seinen Figuren mit Wärme, Humor und einem Augenzwinkern begegnet."
Roana Brogsitter, BR

"Richard Russo findet treffsicher die Schmerzpunkte seiner Figuren. Er schont sie nicht, aber schenkt ihnen auch ein Leuchten."
Christoph Schröder, DER TAGESSPIEGEL

"'Immergleiche Wege' [...] ist auf jeden Fall verdammte Literatur, und gut lesbare noch dazu."
Britta Bode, BERLINER MORGENPOST

"Lesen Sie Richard Russo!"
Mona Grosche, WAZ

"Alles sehr einfühlsam und wohlformuliert, man glaubt, im Hintergrund die Nocturnes von Chopin zu hören."
Ingrid Mylo, BADISCHE ZEITUNG

Russos Geschichten sind so komplex wie das Leben eben ist."
Helmut Schneider, WIEN LIVE

"Russo gelingt es, Glanz und Brutalität Hollywoods gleichsam auszubalancieren, sodass der Held uns zugleich fasziniert und anwidert."
Martin Ebel, TAGES-ANZEIGER

"[...] ganz großer Literatur. Jede Figur ist psychologisch fein gezeichnet, jede Metapher stimmig. Was so mühelos wirkt als sei es einfach runtererzählt, ist echte Kunst."
Welf Grombacher, FREIE PRESSE

"Meistererzähler der amerikanischen Kleinstadt."
Bianca Schwarz, HR2 Kultur

"Von seinen Geschichten wünscht man sich, dass sie nie zu Ende gehen."
Katja Lückert, WDR5 BÜCHER

"Die Literatur gewähre uns 'winzige Einblicke in das Leben anderer', 'die uns nach mehr hungern lassen', heißt es an einer Stelle des Buches. Genau das tun auch die Erzählungen Richard Russos."
Elke Biesel, KÖLNER STADT-ANZEIGER MAGAZIN

"Komik und Empathie sind überhaupt die Grundsubstanzen seines ganzen Werks, und sie prägen auch die vier Erzählungen, die jetzt unter dem Titel 'Immergleiche Wege' auf Deutsch zu lesen sind."
Martin Ebel, DLF Büchermarkt
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