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25 Jahre nach »Unter Null« zeigt Bret Easton Ellis in diesem Roman, wie die hedonistische Gesellschaft der Achtziger heute lebt - und er entdeckt Fürchterliches: Es hat sich kaum etwas geändert ...
Fünfundzwanzig Jahre war Clay, der schon in Ellis' Debütroman Unter Null eine Hauptrolle spielt, nicht mehr in Los Angeles, doch jetzt muss er zurück in die Stadt seiner Kindheit und Jugend, um einen neuen Film zu promoten. Gleich auf der ersten Party trifft er, der gefeierte Drehbuchautor, auf seine alten Freunde: seine Ex-Freundin Blair, die mit Trent eine nicht sehr glückliche Ehe führt und…mehr

Produktbeschreibung
25 Jahre nach »Unter Null« zeigt Bret Easton Ellis in diesem Roman, wie die hedonistische Gesellschaft der Achtziger heute lebt - und er entdeckt Fürchterliches: Es hat sich kaum etwas geändert ...

Fünfundzwanzig Jahre war Clay, der schon in Ellis' Debütroman Unter Null eine Hauptrolle spielt, nicht mehr in Los Angeles, doch jetzt muss er zurück in die Stadt seiner Kindheit und Jugend, um einen neuen Film zu promoten. Gleich auf der ersten Party trifft er, der gefeierte Drehbuchautor, auf seine alten Freunde: seine Ex-Freundin Blair, die mit Trent eine nicht sehr glückliche Ehe führt und die damalige Trennung offensichtlich immer noch nicht verdaut hat, den Exdealer Rip, der nach zahlreichen Faceliftings bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist, und auf Julian, der nach mehreren Entziehungskuren endlich clean scheint.

Keiner freut sich so recht, dass Clay wieder auftaucht, und sehr schnell zeigt sich, dass hinter der freundlichen Fassade alle einander zutiefst misstrauen: Die alten Geschichten und Ressentiments verbinden sich mit neuen Verdachtsmomenten zu einer dichten Atmosphäre der Paranoia und Angst.
Autorenporträt
Ellis, Bret EastonBret Easton Ellis wurde 1964 in Los Angeles geboren. Er besuchte die private Buckley School und begann 1986 ein Musikstudium am Bennington College in Vermont. Schon während seiner Highschool-Zeit bis in die Anfänge der 80er-Jahre spielte Ellis Keyboard in diversen New-Wave-Bands und wollte ursprünglich Musiker werden. Im Laufe des Studiums zog es ihn jedoch immer mehr zum Schreiben. Mit 21 Jahren veröffentlichte Ellis das Debüt »Unter Null« und zog zwei Jahre später nach New York City. 1991 erschien »American Psycho«, der Roman machte ihn endgültig zum Kultautor. Seit 2006 lebt er wieder in Los Angeles, in der Nähe von Beverly Hills.

Hedinger, SabineSabine Hedinger, geboren 1953 am Neckar, lebt heute an der Seine. Aus dem Englischen übertrug sie neben Bret Easton Ellis' Unter Null u. a. Werke von Joan Didion, Norman Rush und Fay Weldon. 2000 wurde sie mit dem Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.10.2010

Hier haucht der Zeitgeist sein Leben aus

Bret Easton Ellis lädt erneut zum Horrortrip durch Kalifornien. Doch das Gift der frühen Jahre, von "Unter Null" und "American Psycho", wirkt nicht mehr.

Von Rose-Maria Gropp

Es ist wieder zur Weihnachtszeit, als der mittelmäßig erfolgreiche Drehbuchautor Clay in seinen mittleren Jahren nach Los Angeles fährt, zur Unterstützung für seinen aktuellen Film und um dem Vorsprechen für seinen nächsten beizuwohnen. Bret Easton Ellis scheint Weihnachten zu mögen, wie er überhaupt die Wiederholung als Stilmittel schätzt; denn es war auch Weihnachten, als derselbe Clay schon einmal aus New York in seine Heimatstadt zurückkam, vor einem Vierteljahrhundert, um dort seine Freunde zu treffen.

Wofür hat Bret Easton Ellis nicht alles gestanden, seit er 1985 in die Literatur eintrat! Mit "Unter Null" lieferte er einen Erstling ab, eigentlich keinen Roman, sondern eine szenische Folge über die Frühvollendung der Verkommenheit junger Leute in Amerika, die Kinder wohlhabender Eltern, denen auch schon nichts mehr einfiel in Sachen Sinn des Lebens. Das Buch war atemraubend, im Wortsinn, die perfekte Synthese von Form und Inhalt, Hohlheit pur, beschrieben auf unerbittlichem Messers Schneide. Ellis, damals einundzwanzig Jahre alt, schien zum Star geboren. Er legte 1991 nach mit "American Psycho", der Geschichte über den bis dato kältestliterarisierten Serientöter aller Zeiten, den an der Wall Street tätigen Patrick Bateman. Jetzt wurde einem schwarz vor Augen beim Lesen, und Ellis avancierte zum kultischen Autor. Er begründete das viehische Treiben seines Protagonisten gar nicht erst, seine Transgression kam nicht von Gnaden eines Marquis de Sade oder Georges Bataille, Philosophie oder Analyse spielten keine Rolle. Das alte Abendland existierte nicht, nur noch die reine Oberfläche, die Grundhaltung der bodenlosen dauerdrogierten Langeweile als Spiegel der Neuen Welt. Der Grand Ennui einer vorletzten Jahrhundertwende hatte seinen Meister aus Amerika gefunden.

Jetzt gibt es also mit "Imperial Bedrooms" eine Fortsetzung zu "Less Than Zero", ein klassisches sequel. Irgendwie hatte man gedacht, dass in "American Psycho" das Schicksal der Sippschaft von damals aufgehoben wäre, quasi komprimiert in der größten anzunehmenden Übertretung. Aber alle aus "Unter Null" sind noch, in unterschiedlichen Aggregatzuständen, am Leben, wenigstens zunächst. Dennoch muss niemand das erste Buch gelesen haben, es ginge durchaus auch so. Denn Ellis macht eben wieder, was er gern macht: Er liefert eine Vorgeschichte, in der es vor Selbstreferenz nur so kracht - "Sie hatten einen Film über uns gemacht" lautet der erste Satz im Buch, über das Personal in "Unter Null" nämlich -, und eröffnet erneut sein altes Lieblingsverwirrspiel zwischen Autor und Icherzähler. Wenn nichts mehr geht, geht immer noch das elegante Schizo, jedenfalls wenn einer so schreiben kann wie Bret Easton Ellis. Dennoch ist es leider wahr: Wer sie bis jetzt nicht gekannt hat - sie heißen eben Clay oder Trent und Blair, Julian oder Rip -, muss sie, so hart ist das zu sagen, nicht kennenlernen. Sie sind es nicht wert. Gar nicht, weil mediokre, ausgelaugte und frustrierte, obsessive oder bis zur Unkenntlichkeit gesichtsoperierte Einwohner von Los Angeles nicht dankbare Sujets abgeben könnten, inszeniert im Dunstkreis von Filmagenten, Ex-Dealern, ambitionierten Mädchen und anderen brutalen und brutalisierten Existenzen.

Sondern weil Ellis es nicht schafft, sie noch einmal interessant werden zu lassen. Diese Leute in Kalifornien, inzwischen in der Mitte ihrer Vierziger, langweilen nicht nur sich selbst, sondern auch den Leser. Dass zwischen ihnen, als Neuzugang, jetzt eine windige junge Frau herumläuft, die sich Rain Turner nennt und den ohnehin abgedrehten Clay völlig verrückt macht, rettet fast nichts. Rain Turner will unbedingt eine Schauspielerin sein und eine Rolle haben in Clays nächstem Film, weshalb sie sich beischlafwillig geriert. So gerät sie zum Bravourstück von Ellis' notorischer Misogynie, die definitiv von der intelligenten Sottise, die sie einst streckenweise sein konnte, in den Sarkasmus des Hysterikers mit Erektionsproblemen abrutscht: "Sie ist eben bloß eines der Mädchen, die sich mit ihrem Aussehen - ihrer Währung in dieser Welt - durchschlagen, und es wird nicht schön sein, ihr beim Altwerden zuzusehen." Zweifellos wird es das nicht sein. Aber vorerst sieht man dem Autor, dem wirklichen und dem fiktiven, beim Altwerden zu, und das ist auch nicht schön.

Das Schlüsselwort des Romans, in dem sich wie in einem Brennglas alle Handlungen bis hin zu üblen letalen Konsequenzen bündeln, heißt Angst. Angst wird zum Leitmotiv - und steht doch nur synonym für die Paranoia eines narzisstischen Charakters minderen Ranges, dessen Bösartigkeit freilich nicht zu unterschätzen ist. Einmal fragt Rain Clay: "Was ist das Schlimmste, das dir je passiert ist? . . ., und es klingt wie ein Echo. Ich weiß, was es ist, aber ich tue so, als wüsste ich es nicht." Hat Clay doch, so erfährt man später, die Antwort selbst schon früher in das Drehbuch eines Films mit dem sprechenden Titel "Concealed" geschrieben: "Bedingungslose Liebe" lautet sie, und das wäre jetzt wirklich nicht nötig gewesen.

Einfach nichts kann Spannung entfachen, auch nicht dass Clay von seiner Ankunft in L.A. an von dicken Autos verfolgt und beobachtet wird; nicht dass sein Appartement, in dem einst ein schöner junger Mann starb, ihm diesen als halluzinierten Todesengel beschert; endlich nicht dass hinter Clay, wie stets in Ellis' Romanen, das Alter ego des Verfassers mitgelesen werden soll. Alles geschenkt, und gänzlich für die Galerie ist gegen Schluss die gewalttätige Perversion, die von Clay - dahingestellt, ob wirklich oder phantasmatisch - an einem Mädchen und einem Jungen exerziert wird. Mag sein, dass Ellis damit den Anschluss an "American Psycho" finden will, aber das Gift der frühen Jahre wirkt nicht mehr, erreichen wird er damit bestenfalls einen Platz auf dem Index.

Wieder liefert der Rocksänger Elvis Costello die Begleitmusik zum Buch. "Less Than Zero" heißt ein frühes Lied von Costello, "Imperial Bedroom" ist der Titel seines zweiten Albums von 1982. Diesem hat jetzt Ellis sein erstes Motto entnommen, das - "History repeats the old conceits . . ." - etwas verkürzt darauf hinausläuft, dass sich sowieso alles wiederholt. Elvis Costello fällt ja auch nichts Neues mehr ein. Das zweite Motto stammt von Raymond Chandler: "Keine Falle ist so tödlich wie die, die man sich selber stellt." Als akuter Defätismus entbehrt diese vorangestellte Erkenntnis aus "Der lange Abschied" nicht der Komik - als verüberflüssige sich damit die Lektüre vorauseilend selbst. In den verlotterten "Kaiserlichen Schlafzimmern" haucht der Zeitgeist - ein Begriff, der auch seit bald einem Jahrzehnt moribund ist - sein Leben aus. Und er tut es in einer Banalität, für die Sigmund Freuds unerhörter Todestrieb verschleudert ist, der in Ellis' monströser Vanitas-Feier "Glamorama" von 1999 noch am Werk war als die Macht, die das Leben zum Exitus hinschafft.

Es ist das Verhängnis von Bret Easton Ellis, dass er für dieses Buch, das eine gloriose Revision genau eine Generation nach seinem Debüt hätte werden können, geradezu sklavisch an einem erschlafften Egotrip hängengeblieben ist, der seine Imagination und seinen unzweifelhaften Raubtierinstinkt niederhält. Gänzlich zerstört ist er noch nicht: Selbst nach dem missglückten Stück Prosa, das auf gerade mal zweihundert Seiten großzügig verteilt ist, nistet dieser seltsame Autor, der wie eine ungeheuerlich registrierende Maschine schreiben konnte, noch im Gehirn. Der Abschied von einem wie Bret Easton Ellis fällt schwer. Vielleicht ist er ja nicht unwiederbringlich.

Bret Easton Ellis: "Imperial Bedrooms". Roman. Aus dem Amerikanischen von Sabine Hedinger. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 214 S., geb. 18,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jens-Christian Rabe ist von Bret Easton Ellis' jetzt auf Deutsch vorliegendem Roman "Imperial Bedrooms", der, wie er mitteilt, eine Fortsetzung des vor 25 Jahren verfassten "Unter Null" darstellt, enttäuscht. Laut eigenen Aussagen wollte der amerikanische Autor, der von der Kritik damals teils als "großer Moralist", teils als "großer Amoralist" aufgenommen worden war, sehen, was aus seinen Protagonisten von einst geworden ist, so der Rezensent. Nun zeigt sich, dass die narzisstischen Helden von einst nicht weitergekommen sind, und der Rezensent ist ziemlich gelangweilt von Ellis' allzu "nahe liegender" Entwicklung dieser Stagnation. Der in "Unter Null" noch aufrüttelnde, betont nüchterne und kalte Ton, mit dem die hedonistischen und allein auf die eigene Befriedigung setzenden Figuren sich nun in der Filmbranche tummeln, wirkt hier nurmehr "einfallslos", beklagt sich Rabe. Interessant, dass er dem Ellis-Sound dennoch Sogwirkung attestiert; seinetwegen hätte dieser Roman jedoch nicht geschrieben werden müssen. Mit dieser Einschätzung weiß er sich übrigens mit der amerikanischen Kritik einig, bei der das im Juni letzten Jahres im Original erschienene Buch ebenfalls durchgefallen ist, wie Rabe weiß.

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»[...] das ist Weltklasse.« Literaturen
"Bret Easton Ellis ist der Fachmann für die Installation des Grauens hinter glitzernder Fassade." -- taz

"Ein Buch, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt." -- Deutschlandradio Kultur