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Infrastrukturen wie Eisenbahn, Straßen, das Telefon oder die Elektrizität haben die neuere Geschichte nachhaltig mitgestaltet. "Imperiale Infrastruktur" untersucht diese Phänomene der Versorgung und Entsorgung, des Verkehrs und der Kommunikation. Sie lenkt den Blick auf die Pläne und Praxen, mit denen zwischen 1880 und 1960 Afrika erschlossen werden sollte.
Für drei Generationen von Deutschen war Afrika eine Projektionsfläche, die auf Europa selbst zurückwirkte. Die technokratische Integration über Infrastruktur bewährte sich als außenpolitische Strategie und trug zur weltweiten Vernetzung
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Produktbeschreibung
Infrastrukturen wie Eisenbahn, Straßen, das Telefon oder die Elektrizität haben die neuere Geschichte nachhaltig mitgestaltet. "Imperiale Infrastruktur" untersucht diese Phänomene der Versorgung und Entsorgung, des Verkehrs und der Kommunikation. Sie lenkt den Blick auf die Pläne und Praxen, mit denen zwischen 1880 und 1960 Afrika erschlossen werden sollte.

Für drei Generationen von Deutschen war Afrika eine Projektionsfläche, die auf Europa selbst zurückwirkte. Die technokratische Integration über Infrastruktur bewährte sich als außenpolitische Strategie und trug zur weltweiten Vernetzung bei. Der Wandel von Kolonialpolitik zur Entwicklungshilfe, aber auch wichtige Prozesse der Globalisierung, werden an einem konkreten Beispiel nachvollziehbar.

Die Arbeit zeichnet den deutschen Diskurs über Afrika im Überschneidungsbereich von Politik, Wirtschaft, Raum und Technik nach. Welchen Sinn macht Kolonialbesitz? Welche Erwartungen, aber auch Verpflichtungen sind mit ihm verknüpft? Wie kann Deutschland die neuen Territorien effektiv beeinflussen? Erschließende Infrastrukturen, vor allem Eisenbahnen und soziale Einrichtungen, standen im Zentrum solcher Debatten. Dabei entsteht ein Längsschnitt der deutschen Afrikaphantasien in einer Epoche, die vom Bewusstsein sich schließender Räume und begrenzter Rohstoffe geprägt war. Die deutsche "Kulturnation" verstand das Ausgreifen in fremde Territorien als ein "nationales Projekt" der Selbstbehauptung. Noch lange nach dem Verlust der Kolonien im Ersten Weltkrieg bereiteten deutsche Kolonialenthusiasten eine Wiedereroberung afrikanischer Gebiete vor. Bis in die 1950er Jahre war im Rahmen der entstehenden EWG von einer gemeinsamen Erschließung "Eurafrikas" die Rede.

Der Autor:

Dirk van Laak, Dr. phil. habil., geb. 1961, Habilitation (Jena) 2001 mit vorliegender Arbeit.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Dirk van Laak, geboren 1961, ist Professor für Zeitgeschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Neueren und Neuesten Geschichte. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der deutschen, der europäischen und der Globalisierungsgeschichte, in der historischen Analyse von Technik, Planung und Infrastruktur, der Geistesgeschichte sowie der Geschichte der Geschichtsschreibung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2004

Die Kolonie als Leinwand der Nation
Dirk van Laaks anregende Studie über die deutschen Planungen zur Erschließung Afrikas

In der jüngeren Forschung werden Kolonien häufig als "Laboratorien der Moderne" bezeichnet, als Experimentierfelder, auf denen die Kolonisierenden diverse Modelle und Verfahren austesteten, um sie schließlich nach Europa zurückzuführen. Dieser Ansatz verweist auf die nicht zuletzt durch die "postcolonial studies" verbreitete Ansicht, daß der Kolonialismus die "konstitutive Außenseite" des westlichen Kapitalismus war. Im Kontext dieser Debatten rückten vor allem Kultur- und Literaturwissenschaftler auch den deutschen Kolonialismus wieder in das Blickfeld des gelehrten Interesses.

In Deutschland, dessen Kolonialbesitz wenig bedeutend und nur von kurzer Dauer war, spielt die koloniale Erfahrung noch immer keine zentrale Rolle bei der Deutung der nationalen Geschichte und der Frage nach kultureller Identität. Bis heute werden Kolonialpolitik und das koloniale Imperium in Afrika, der Südsee und in Kiautschou in der Regel als Anhängsel der Geschichte des Kaiserreichs gleichsam am Rande "mit behandelt". Doch Kolonialbesitz ist das eine, Kolonialismus und koloniales Denken etwas anderes. Eine Reihe neuerer Arbeiten vertritt denn auch die These, daß Deutschland mit und ohne seine Kolonien eng mit dem kolonialen Projekt Europas verbunden war und daß die Auswirkungen der kolonialen Erfahrung weit über das Ende des Ersten Weltkriegs hinaus Kultur und Gesellschaft beeinflußten.

In seiner Jenaer Habilitationsschrift greift Dirk van Laak diese Ansätze auf und führt sie in origineller Weise weiter. In seiner materialreichen, weit angelegten und ungemein anregenden Studie untersucht er für den Zeitraum von 1880 bis 1960 die deutschen Pläne, Afrika infrastrukturell zu erschließen. Afrika fungierte, so der Autor, als eine Projektionsfläche, "in der Deutsche und Europäer das Fremde schlechthin, aber auch einen natürlichen Ergänzungsraum sahen".

Van Laak ist es vornehmlich um Phantasien, Projektionen und Planungen zu tun, weniger um Praxis. Er kann zwar überzeugend nachweisen, daß Afrika für Deutschland in den letzten anderthalb Jahrhunderten zumindest als Projektionsfläche von erheblich größerer Bedeutung war als lange gedacht. Es liegt jedoch eine gewisse Ironie darin, daß seine Demonstration dieser Einsicht unter anderem den Preis hat, daß Afrikaner, wenn überhaupt, lediglich als handlungsunmächtige Objekte deutscher Konstruktionen und Phantasien erscheinen.

Der Autor wählt das Phänomen "Infrastruktur" als Zugang zur Thematik. Die beträchtliche Wirkungsmächtigkeit von Infrastrukturen läßt sich etwa daran ablesen, daß sie neben der militärischen und sozialen Sicherung im zwanzigsten Jahrhundert zum größten Investitions- und Gestaltungsbereich der öffentlichen Hand geworden sind. Infrastrukturen wurden, schreibt van Laak, "ein wesentliches Bindeglied zwischen Natur und menschlicher Zivilisation, zwischen Krieg und Frieden, zwischen Herrschaft und Alltag, Armut und Reichtum sowie zwischen Staat und Wirtschaft". Die Geschichtswissenschaft hat dieses Phänomen trotz seiner offenkundig großen Bedeutung bisher aber kaum gewürdigt. Dies mag, wie der Autor vermutet, zum einen an der überwiegenden Unsichtbarkeit von Infrastrukturen liegen, zum anderen daran, daß sie nach ihrer Implementierung zügig ein selbstverständlicher Teil des Alltags werden.

Van Laak geht von der Beobachtung aus, daß die religiös geprägten Missionsgebote des neunzehnten Jahrhunderts sich in die Sendungsidee einer weltweiten wirtschaftlichen und technischen Erschließung transformierten. Infrastruktur und Imperialismus sind also eng miteinander verknüpft. Afrika war als einer der letzten Erdteile von den Europäern seit dem ausgehenden neunzehnten Jahrhundert auf einer Woge neuer technischer Möglichkeiten vergleichsweise billig "geöffnet" worden. Der mehr oder weniger einvernehmlich unter den Großmächten aufgeteilte Kontinent konstituierte eine Art "frontier" der europäischen Erschließung. Kanonenboote und Dampfschiffe, medizinische Mittel, Maschinengewehre, die Telegraphie und vor allem die Eisenbahnen bildeten die Voraussetzung für ein rasches Vordringen im vermeintlichen "dunklen" Kontinent selbst unter widrigsten Umständen.

Für Deutschland, den "late comer" unter den europäischen Kolonialmächten, waren in der Periode des Hochimperialismus lediglich einige weniger lohnenswerte "Objekte" abgefallen. Die Kolonialbegeisterung in Deutschland blieb bis auf wenige Phasen stets eingeschränkt, die politischen Rückwirkungen waren überschaubar. Finanziell waren die Besitzungen immer ein Zuschußgeschäft, was kräftige Gewinne einzelner Unternehmen nicht ausschloß. Die realgeschichtliche Irrelevanz der Kolonien für das "Mutterland" vor 1914 ging jedoch, wie van Laak anschaulich darlegt, einher mit der großen Bedeutung von Afrika als Testgebiet und "Ausweichraum".

Afrika wurde für Deutschland zu einem Experimentierfeld für zahlreiche Techniken und Verfahren. Für viele Wissenschaften, etwa Geographie, Medizin und Botanik, stellte die Kolonialzeit mit ihren spezifischen Herausforderungen eine wesentliche Durchgangsstation der Fachgeschichte dar. Und besonders das fatale "menschenwissenschaftliche Denken" der Eugeniker und Anthropologen bezog seine Kenntnisse in nicht unwesentlichen Anteilen aus den Versuchs- und Testphasen in den Kolonien.

Nichts traf van Laak zufolge die Deutschen nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg so empfindlich ins Gemüt wie die Behauptung der Alliierten, daß sie sich kolonisatorisch als unfähig erwiesen hätten. In der offiziellen deutschen Antwort auf diese Vorwürfe wurde folglich vor allem der Leistungsaspekt hervorgehoben. "Die deutsche Verwaltung . . . hat dem Land Frieden und Ordnung gebracht . . . Die Erschließung des Landes durch Straßen und Eisenbahnen für den Weltverkehr und seinen Handel und die Förderungen vorhandener und die Einführung neuer Kulturen hat das wirtschaftliche Leben der Eingeborenen auf eine höhere Stufe gehoben."

Notgedrungen folgte während der Weimarer Republik zunächst der Rückzug auf informelle Methoden der Durchdringung. In diesem Zusammenhang wurden phantastische Planungen vorgelegt, mit denen Afrika fruchtbar gemacht und an Europa angeschlossen werden sollte. Der Münchener Baumeister Hermann Sörgel regte an, durch eine partielle Trockenlegung des Mittelmeers Europa und Afrika zu einem zusammenhängenden Kontinent "Atlantropa" zu verbinden. Die nationalsozialistische Regierung initiierte dann intensive Planungen für ein künftiges deutsches Kolonialreich. Und selbst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die deutsche Afrika-Sehnsucht noch einmal aufflackern und spätkoloniale Phantasien nähren. Eingebunden in die Europäische Gemeinschaft und als Partner Frankreichs beteiligte sich Bonn an Plänen, die Rohstoffe Afrikas systematischer für Europa zu erschließen. Erst in der folgenden Dekade transformierten sich diese Erschließungspläne in eine stärker defensiv konnotierte "Entwicklungspolitik".

Im Vergleich zu England, Frankreich, ja selbst zu Belgien und den Niederlanden scheint die Bedeutung der kolonialen Erfahrung für die deutsche Geschichte noch immer vergleichsweise gering, wenn sie auch, wie dieses Buch zeigt, größer war, als gemeinhin unterstellt wird. In diesem Zusammenhang ist ein Hinweis wichtig, den kürzlich David Blackbourn gegeben hat: Das eigentliche deutsche Gegenstück zu Indien und Algerien war nämlich nicht etwa Kamerun, sondern Mitteleuropa. Folglich war das deutsche Gegenstück zum Ende der Empires nicht die Auflösung des deutschen Kolonialreiches, sondern die Auflösung der deutschen Siedlungen in Ost- und Mitteleuropa nach 1945.

ANDREAS ECKERT

Dirk van Laak: "Imperiale Infrastruktur". Deutsche Planungen für eine Erschließung Afrikas. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2004. 480 S., geb., 74,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.12.2004

Eisernes trojanisches Pferd
Die Eroberung der Kolonien mit Hilfe der modernen Zivilisation
Nicht das britische Volk beherrsche Indien, sondern die moderne Zivilisation mit ihren Eisenbahnen, Telegrafen, Telefonen und all den anderen technischen Errungenschaften der westlichen Welt - so Mahatma Gandhi im Jahr 1909. Gandhi empfand die von der britischen Kolonialmacht forcierte technische Durchdringung seines Landes als eine Unterwerfung unter das Diktat technischer Sachgesetzlichkeiten. In der zeitgenössischen Imperialismusforschung spricht man, durchaus im Sinne Gandhis, von der modernen Technik als einem „trojanischen Pferd”. Denn die Technik war nie „bloßes Mittel” zur Erreichung klar definierter menschlicher Zwecke. Das war sie schon nicht in ihrem europäisch-amerikanischen Entstehungskontext, erst recht war sie es nicht, als man es unternahm, sie in vorindustrielle Regionen der Welt zu verpflanzen. Mit jedem technischen Gerät wurde immer auch eine „kulturelle Potenz” exportiert, der die Kraft innewohnte, Gefühle zu prägen, Wahrnehmungen zu verändern, Vorstellungen und Weltbilder umzuformen. In besonders drastischer Weise offenbarte sich dieser Zusammenhang, wenn die Technik eine gewisse Größenordnung erreichte, wenn sie, in den Worten Dirk van Laaks, den Charakter einer „Infrastruktur” annahm.
Glücksritter und Abenteurer
Der Autor nähert sich dem geschichtsmächtigen, von der historischen Forschung freilich eher stiefmütterlich behandelten Phänomen der „Infrastruktur” auf einem Umweg. Sein Thema ist die „imperiale Infrastruktur”, veranschaulicht am deutschen Ausgriff nach Afrika zwischen 1880 und 1960. Diese Expansion stand zunächst unter explizit imperialistischen Vorzeichen. Wie andere Kolonialmächte, so verleibte sich auch Deutschland „Schutzgebiete” ein, trieb die räumliche Expansion voran. Der Ausgriff wurde getragen vom Bewusstsein einer neuartigen „Dynamisierung der Räume”, von einer in Gang befindlichen letztgültigen Aufteilung der Welt, bei der Deutschland keinesfalls zu kurz kommen dürfe. Man dachte und handelte in großem Stil, in Kategorien der „Weltpolitik”, mindestens in denen des „Großraums”. Glücksritter und Abenteurer waren zugange, doch auch die Wissenschaft beteiligte sich auf vielfältige Weise am Geschehen. Eines der wesentlichen Kennzeichen des Afrika-Engagements sieht van Laak in der Übertragung des missionarischen Impulses von der Religion auf die Technik. Dem widerspricht nicht, dass die Erschließung neuer Räume von rassistischer Ideologie durchtränkt war, von der vermeintlichen Überlegenheit des deutschen „Leistungsvolks” über die „Eingeborenen”. Zumindest in seiner ersten Phase vollzog sich der Ausgriff durchaus unter Einschluss von rücksichtsloser Gewalt, wie der Hererokrieg und die Niederschlagung des Maji-Maji-Aufstands in Deutsch-Ostafrika zeigen. Das Ende des vergleichsweise kleinen deutschen Kolonialreichs nach dem Ersten Weltkrieg bedeutete allerdings nicht das Ende der infrastrukturellen Durchdringung und Erschließung. Allerdings nahm diese nun nolens volens eher informelle Züge an.
Von einem „Umweg” in van Laaks Analyse kann man auch insoweit sprechen, als er sich weniger mit Infrastrukturen als solchen oder ihren Folgen für die betroffenen Menschen in Afrika beschäftigt, sondern die Perspektiven derjenigen rekonstruiert, die den Erschließungsprozess über drei Generationen und wechselnde politische Konstellationen hinweg vorantrieben. Er skizziert die geistigen Horizonte der Kolonisatoren, ihre Phantasien, Projektionen, Planungen und Praxen. Mit Ferdinand von Richthofen, Paul Rohrbach, Arthur Dix, Erich Obst oder Karl Krüger lässt er Figuren wieder auferstehen, die heutzutage allenfalls Spezialisten noch geläufig sind. Ungeachtet aller Zäsuren, taktischen Wendungen und internen Differenzen im Denken und Handeln der Kolonial-Lobby macht van Laak Kontinuitätslinien sichtbar, die weit über das Ende der deutschen Kolonialgebiete hinausreichen und erst um das Jahr 1960 zu einem Ende kommen. Was er schildert, ist insoweit zwar eine versunkene Epoche, doch zugleich auch die Vorgeschichte dessen, was wir heute als „Globalisierung” bezeichnen. Die aktuelle Misere vieler afrikanischer Staaten ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass die technische Erschließung nicht die Ergebnisse hervorbrachte, die sich ihre Promotoren erwarteten, dass sie, im Gegenteil, die Keime der Unterentwicklung einpflanzte.
Dirk van Laaks Buch ist akribisch recherchiert, anschaulich geschrieben und wartet mit einer Fülle interessanter Erkenntnisse, kluger Interpretationen und origineller Perspektiven auf. Gleichwohl hat man am Ende der Lektüre kein klar gegliedertes, übersichtliches Bild vor Augen, sondern eher ein kunstvoll zusammengesetztes Mosaik, in dem eine übertriebene Aufmerksamkeit fürs historische Detail zuweilen den Blick aufs Ganze verstellt. Wer den roten Faden nicht verlieren möchten, sollte daher
die Lektüre mit der instruktiven und orientierenden Zusammenfassung am Ende des Buches beginnen und sich erst dann der eigentlichen Untersuchung zuwenden.
ULRICH TEUSCH
DIRK VAN LAAK: Imperiale Infrastruktur. Deutsche Planungen für eine Erschließung Afrikas 1880 bis 1960. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2004. 480 Seiten, 72 Euro.
„Der Reiter von Südwest” in Windhuk, der Hauptstadt von Namibia, dem früheren Deutsch-Südwestafrika. Noch heute steht in deutscher Sprache an dem 1912 enthüllten Denkmal: „Zum ehrenden Andenken an die tapferen deutschen Krieger, welche für Kaiser und Reich zur Errettung und Erhaltung des Landes während des Herero- und HottentottenAufstandes 1903 bis 1907 und während der Kalahariexpedition ihr Leben ließen.”
Foto: Santor
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Man sollte meinen, dass das Kapitel "Kolonien" nicht sehr folgenreich gewesen ist für die deutsche Geschichte. Nun, stellt Andreas Eckert in seiner Rezension von Dirk van Laaks "Imperiale Infrastruktur" fest, natürlich spielten die Kolonien in Afrika, der Südsee und in Kiautschou für die deutschen Staatsgebilde von 1880 bis 1960 eine untergeordnete Rolle, verglichen mit Kolonialmächten wie Belgien oder England. Gleichwohl zeigt Laaks Studie, die vom Rezensenten als "originell" bewertet wird, dass das Thema auch aus deutscher Perspektive facettenreicher ist, als angenommen. Denn die Bedeutung Afrikas lag für die Deutschen keineswegs im Finanziellen; die Kolonien waren im Wesentlichen ein "Zuschussgeschäft". Doch als "Testgebiet" wurden die Kolonien bedeutsam, als "Experimentierfeld für zahlreiche Techniken und Verfahren". Wissenschaften wie Geografie, Medizin oder Botanik (und, in aller Zweideutigkeit, Eugenik und Anthropologie) erfuhren einen Entwicklungsschub durch die "spezifischen Herausforderungen" der Fremde. Die Wissenschaftler zeigten sich so beflügelt, dass einer von ihnen, ein Münchner Baumeister, sogar einen Vorschlag vorlegte, wie man einen Großkontinent namens "Altantropa" schaffen könnte -indem man das Mittelmeer partiell trocken legte. So verwundert es nicht, dass die Deutschen nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg besonders von der Behauptung der Alliierten verletzt waren, sie hätten sich "kolonisatorisch als unfähig erwiesen".

© Perlentaucher Medien GmbH
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