Walter Neumanns Lyrik speist sich aus der wichtigsten Quelle des Schreibens überhaupt: der Erinnerung und ihrer identitätsstiftenden Funktion. Seine Gedichte sind sowohl Spiegel persönlicher Stadien und Erlebnisse als auch Antworten auf zeitgeschichtliche Veränderungen. Sie verstehen sich als Zeugnisse des Bewahrens, geben dabei gleichzeitig den Blick auf eine mögliche Zukunft frei und zielen stets auf Verständigung mit dem Lesenden und Reflektierenden. »Neumann«, so schrieb einmal ein Kritiker, »hat nicht nur die Wechselfälle der Geschichte, sondern auch die Ungeheuerlichkeit des Seins vor Augen«, er verfolge die Schaffensmaxime eines Poeten, »der bei allem Ästhetischen stets das Moralische mitdenkt und der über den Trivialitäten des heutigen Lebens nie die Abgründe der Existenz vergisst.« In diesem Band, der zu Walter Neumanns 80. Geburtstag erscheint, sind Gedichte versammelt, die der Autor in den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Zeitungen, Zeitschriften, Anthologien und fünf mittlerweile vergriffenen Lyrikbänden veröffentlicht hat.