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3 Kundenbewertungen

Ob an Brandteigkrapfen gewürgt wird oder es um den Fettgehalt der Frittatensuppe geht, Thomas Bernhard ließ in fast allen seinen Werken die Menschen ausgiebig speisen und offenbarte dabei zerfleischende Zustände. Er selbst war ein regelmäßiger Besucher von Wirtshäusern und den Wiener Kaffeehäusern. Wie lohnenswert und inspirierend es ist, sich Thomas Bernhards Werk und seiner Persönlichkeit über den Esstisch hinweg anzunähern, zeigt Harald Schmidt mit diesem Buch. Auf einem Roadtrip quer durch Bernhards Lieblingsgasthäuser und zusammen mit vielen hochkarätigen Autoren und Wegbegleitern hat er…mehr

Produktbeschreibung
Ob an Brandteigkrapfen gewürgt wird oder es um den Fettgehalt der Frittatensuppe geht, Thomas Bernhard ließ in fast allen seinen Werken die Menschen ausgiebig speisen und offenbarte dabei zerfleischende Zustände. Er selbst war ein regelmäßiger Besucher von Wirtshäusern und den Wiener Kaffeehäusern. Wie lohnenswert und inspirierend es ist, sich Thomas Bernhards Werk und seiner Persönlichkeit über den Esstisch hinweg anzunähern, zeigt Harald Schmidt mit diesem Buch. Auf einem Roadtrip quer durch Bernhards Lieblingsgasthäuser und zusammen mit vielen hochkarätigen Autoren und Wegbegleitern hat er sich auf die kulinarischen Spuren von Thomas Bernhard begeben - gemeinsam entfalten sie einen überraschenden und lustvollen Blick auf das Wesen und das Werk von Thomas Bernhard.
Autorenporträt
Harald Schmidt, geboren 1957 in Neu-Ulm, aufgewachsen in Nürtingen (wie Hölderlin und Härtling). Hilfsorganist und Zivildienst in dortiger St. Johannes-Gemeinde, Staatl. Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, drei Jahre als Schauspieler in Augsburg. Dann Düsseldorfer Kom(m)ödchen und alle Sender außer RTL. Diverse Late-Night-Shows. Alle Preise gewonnen, gefeuert, jetzt Herausgeber.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kann es wirklich gutgehen, drei Männer mit Hang zum Monologisieren in einem Buch zusammenzupacken, fragt Rezensent Hans Gasser zunächst skeptisch, kommt dann aber schnell zu dem Schluss: Ja! Denn wie Talkshow-Host Harald Schmidt und Theaterregisseur Claus Peymann von ihrer Beziehung zum "vielgehassten und vielgeliebten" Thomas Bernhard erzählen, sich dabei aber ihrer Rolle als "Sidekicks" durchgehend bewusst sind, funktioniert überraschend gut, findet Gasser. Sogar, wie Schmidt dabei durchs Salzkammergut tingelt und sich fotodokumentierend durch Bernhards Lieblingsgerichte in dessen Stammwirtshäusern schlemmt, findet der Kritiker unterhaltsam anzusehen. Auch über die Beiträge der "Anekdotenschleuder" Peymann und dessen Grauen vor einer "Mozartkugelifizierung" Bernhards freut er sich, der man aber immerhin dieses "lustige Buch" zu verdanken habe.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2022

Leibspeise Brandteig
Immer wieder Thomas Bernhard, jetzt als Esser

Wiederholung ist ein Stilprinzip bei Thomas Bernhard. Wiederholung ist ein Marktprinzip im Verlagswesen. Auf dem Feld der Wiederholungsbewirtschaftung hat der Wiener Brandstätter Verlag seine Meriten. Vor zwei Jahren schickte er als prominenten Herausgeber André Heller zum "Hab & Gut" von Thomas Bernhard, jetzt hat man für die gleiche Rolle den deutschen Entertainer Harald Schmidt gewonnen. Kaum auf dem Markt, war dem Band "In der Frittatensuppe feiert die Provinz ihre Triumphe" - ein Zitat aus Bernhards Stück "Der Theatermacher" - in den österreichischen Feuilletons ein sonniger Platz sicher. Bernhard geht immer, vor allem seit er sich nicht mehr selbst gegen solche Umarmungen wehren kann.

Aber: Resteverwertung ist in einer anständigen Küche nichts Anstößiges, sondern Pflicht. "Nose-to-tail" heißt das neudeutsch auch im Salzkammergut, im Hausruck und im Innviertel, wo der Wirtshausgeher Bernhard zu Hause war. Viele dieser Gasthäuser existieren noch, auch wenn die Pandemie derzeit der Wirtshauskultur das Totenglöckchen zu läuten beschlossen hat.

Die Liste der Beiträger für diese Mischung aus Bildband, Aufsatz- und Rezeptsammlung reicht von Willi Winkler bis David Schalko, von Vincent Klink bis Claus Peymann. Der Letztgenannte wurde persönlich von Bernhard in einem sehr lustigen Dramolett verewigt: "Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen" (1986). Da lag es für den Herausgeber Schmidt nahe, mit Claus Peymann essen zu gehen. Im eigens für die beiden Herren geöffneten Wiener Restaurant Eckel in Sievering plaudert der Regisseur aus dem reichen Anekdotenschatz seiner Bernhard-Jahre ("Millirahmstrudel in Tunke"). Etwas mehr Überbau steuern Margarete Affenzeller über die Rolle des Essens in den Theaterstücken Bernhards und Winkler über den "maßlosen Hunger" bei Bernhard bei.

Ganze drei Tage hat Harald Schmidt Oberösterreich beehrt, um die Einkehrplätze Bernhards zwischen Gmunden und Gaspoltshofen gastronomisch zu erkunden. Gelernt hat er, dass man als Germane so lange Schweinsbraten mit s (niemals Schweinebraten mit e) sagen könne, wie man wolle, die Wirte erkennten den Bernhard-Freak sofort.

Garniert ist das Ganze mit vielen, selbstredend selbstironisch gebrochenen Fotografien des Herausgebers, der Bernhard-Motive nachstellt und ein ums andere Mal sein weißes Brusthaar zeigt, während es Peymann bei den Nasenhaaren belässt. Dazu teilweise unbekannte Bernhard-Bilder aus dem Familienalbum. Der Halbbruder und Universalerbe Peter Fabjan bewirtet Schmidt in Bernhards Vierseithof in Obernathal und lässt ihn auf dem Dichterfahrrad fahren.

Der ehemalige Internist hat die Größe einzuräumen, dass "er nicht so recht verstehen" könne, was sein Halbbruder mit Kochkunst zu tun gehabt haben solle. Die Küche ist in Bernhards Bauernhof ein Raum wie alle anderen auch - reine Inszenierung. Gekocht hat der Schriftsteller hier nie. Das hat auch der Realitätenhändler Karl Ignaz Hennetmair festgehalten, dessen versiegelte Memoiren "Ein Jahr mit Thomas Bernhard" Schmidt vor mehr als zwanzig Jahren in seiner Sendung präsentierte und zu einem Bestseller machen half.

Bernhard hatte seine Stammlokale, in Wien und auf dem Land. Unter anderen das Gasthaus Klinger in Gaspoltshofen verewigte er im "Theatermacher". Die Wirtsleute nutzten den Umstand, Gegenstand der Literatur geworden zu sein, und veröffentlichten ihrerseits vor sieben Jahren ein Kochbuch - im Brandstätter Verlag.

Zum Nachkochen gibt es sechs Rezepte verschiedener Leibspeisen von Thomas Bernhard. Neben der titelgebenden Frittatensuppe - Pfannkuchensuppe als "Benchmark für eine gute Küche" - sind das der Hausruckviertler Schweinsbraten mit Mehlknödel und Stöcklkraut, Tafelspitz, Rahmsuppe, Essigwurst und ausgezogener Apfelstrudel. Das Glossar führt "Besoffener Kapuziner" und "Mohr im Hemd" auf. Nicht nur Bücher, auch Speisekarten haben ihr Schicksal. HANNES HINTERMEIER

Harald Schmidt (Hrsg.): "Thomas Bernhard - In der Frittatensuppe

feiert die Provinz ihre Triumphe".

Eine kulinarische

Spurensuche.

Brandstätter Verlag, Wien 2022. 174 S., Abb., geb., 36,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2022

Nazi in der Suppe
Mit Harald Schmidt durchs Salzkammergut, auf den Spuren des Essens und der Gasthäuser,
die Thomas Bernhard Inspiration für seine Stücke waren. Kann das gut gehen?
VON HANS GASSER
Der Monolog ist die – soll man sagen: genetisch verankerte? – Mitteilungsform älterer Herren. Und wer monologisiert, duldet zumeist keinen anderen Monologisierer neben sich. Insofern hätte es schiefgehen können, gleich drei von ihnen zu versammeln. Da wäre einmal Harald Schmidt, ehemaliger TV-Entertainer und „Privatier mit abgeschlossener Vermögensbildung“ (64). Claus Peymann, Theaterregisseur, der bis heute davon zehrt, als Burgtheaterdirektor wirklicher oder eingebildeter „Staatsfeind Nummer 1“ in Österreich gewesen zu sein (84). Thomas Bernhard, Schriftsteller, dessen böse, oft komische und österreichkritische Theaterstücke zumeist von Peymann uraufgeführt wurden (91, aber 1989 verstorben).
Das Ganze ging allerdings in dem Band „In der Frittatensuppe feiert die Provinz ihre Triumphe“ nicht schief, sondern ist im Gegenteil sehr unterhaltsam geworden, aus zwei Gründen: zum einen, weil die zwei noch lebenden das Primat des verstorbenen Monologisierers anerkennen. Es ist ganz klar ein Buch über Thomas Bernhard; Schmidt und Peymann kommen nur als Sidekicks vor, indem sie ihr Verhältnis zu Dichter und Werk erzählen, was aber natürlich einige lustige Anekdoten birgt. Zum Zweiten ist es ein Buch, das sich dem vielgehassten und vielgeliebten Dichter über das Essen nähert, das in seinen Werken eine katalytische Rolle spielt: Gaststätten, Salons und Speisezimmer, so schreibt Margarete Affenzeller in ihrem Beitrag, böten das „vermeintlich friedvolle Setting“, an dem sich dann „die ganz normale Weltverdrossenheit entlädt bis hin zu Ausbrüchen von Unbewältigtem, Verdrängtem“.
In fast allen Theaterstücken Bernhards und auch in der Prosa gibt es solche Tischszenen, in denen alles hervor- und aufbricht; zu den bekanntesten zählt die Brandteigkrapfen-Szene aus „Ritter, Dene, Voss“, in der der Schauspieler Gert Voss als Ludwig jede Menge solcher Krapfen in sich hineinstopfte und vor dessen zwei Schwestern einen solchen Wutanfall bekam, dass man dachte: Gleich erstickt er. Legendär ist auch die Frittatensuppe, die sich der tyrannische Staatsschauspieler Bruscon in „Der Theatermacher“ vom Dorfwirt servieren lässt. Und zu Recht wird auch hier die Tirade eines Herrn Bernhard aus „Der deutsche Mittagstisch“ zitiert: „Es ist immer das gleiche/ kaum sitzen wir bei Tisch/ an der Eiche/ findet einer einen Nazi in der Suppe/ und statt der guten alten Nudelsuppe/ bekommen wir jeden Tag die Nazisuppe auf den Tisch/ lauter Nazis statt Nudeln“.
Für Harald Schmidt, selbst Sprach- und Ironiekünstler mit Zug zur bösen, weil einzig guten Pointe, sind gerade diese Tiraden ein Faszinosum: „Diese rhythmischen Beschimpfungen bringen einen regelrecht in einen Flow, das habe ich immer wieder in die Show eingebaut.“ Genauso wie er seine Mitarbeiter ständig als „Antitalent“ bezichtigt habe, wie Bruscon es im „Theatermacher“ tut.
Schmidt fungiert als Herausgeber dieser Anthologie, aber auch als Autor, indem er ein langes Interview mit der Anekdotenschleuder Peymann im Wiener Gasthaus Eckel führt, einem von Bernhards Lieblingswirtshäusern. Zudem reist er durch das Salzkammergut und schlemmt sich durch mehrere Gasthäuser und Restaurants, in denen auch der Dichter immer wieder eingekehrt ist. Das ist dann auch das touristische Herzstück des Buches, das ja im Untertitel eine kulinarische Spurensuche verspricht. Bei Kaiserwetter fährt Schmidt durch die schöne Landschaft nördlich des Traunsees, wo Bernhard gleich drei Liegenschaften besaß. Sein Hauptwohnsitz war ein Vierkanthof bei Ohlsdorf, heute eine Pilgerstätte für Bernhardianer. Bernhards Stiefbruder führt Schmidt durchs Haus, auch in die große, bestens ausgestattete Küche. Das Kuriosum: Hier wurde nie gekocht, wie Peymann aus leidvoller Erfahrung erzählt. Wenn er zu Gast war und spät Hunger hatte, habe er bestenfalls „angegammeltes Brot und Dreieckskäse“ bekommen.
Zur Nahrungsaufnahme fuhr Bernhard mit seinem jagdgrünen Mercedes in die Gasthäuser der umliegenden Dörfer, um dort seine Leibspeisen wie Schweinsbraten, Saure Wurst, Tafelspitz und Frittatensuppe zu essen. Schmidt tut es ihm mit großer Lust gleich, wenn man den Fotos glauben darf, die ihn beim Essen zeigen. Beim Kirchenwirt in Ohlsdorf verzehrt er die aus Knackern, Zwiebeln, Essig und Öl hergestellte Essigwurst.
Der heutige Wirt erzählt ihm, dass sein Vater, der mit Bernhard gut bekannt war, bei der Premiere von „Heldenplatz“ im Burgtheater dabei gewesen sei, in dem Österreich als Hort von Altnazis dargestellt wird. „Als die Schreierei und die Pfeiferei richtig schlimm geworden ist, wollte er schon runter, um den Bernhard rauszuholen“, erzählt der Wirt über seinen Vater. Der hatte alles von Bernhard gelesen, fiel dann aber in Ungnade, weil er eines Tages ein Buch von ihm signiert haben wollte. Danach sei der Dichter nie wieder zum Kirchenwirt gekommen.
Die seinem Buch den Namen gebende Frittatensuppe löffelt Schmidt im Gasthof Klinger in Gaspoltshofen, der sich wegen der im „Theatermacher“ vorkommenden „Fridaaaahtensuppe“ einem „regelrechten Suppen-Tourismus“ ausgesetzt sah. Was wiederum die heutige Chefin Hermi Klinger nie so recht verstehen konnte. „Von überall her sind die Leut’ plötzlich angereist. Am Anfang haben wir das reichlich übertrieben gefunden.“
So verhasst Bernhard in Österreich war, so sehr drohe ihm nun die Mozartkugelifizierung, fürchtet sein Hausregisseur Peymann. Er sei in Gmunden in einem Hotel im „Bernhard-Zimmer“ untergebracht worden: „Um Gottes willen!“ Aber das ist der Gang der Dinge. Sonst wäre wohl auch dieses lustige Buch nicht entstanden, zu dem Vincent Klink noch einen Selbstversuch in Wiener Kaffeehäusern und David Schalko ein Nachwort beigesteuert haben. Man setzt sich damit am besten in ein schönes altes Kaffeehaus und erfreut sich an folgendem bernhardschen Monolog: „Ich habe das Wiener Kaffeehaus immer gehaßt und bin immer wieder in das von mir gehaßte Wiener Kaffeehaus hineingegangen, habe es täglich aufgesucht, denn ich habe, obwohl ich das Wiener Kaffeehaus immer gehaßt habe, immer an der Kaffeehausaufsuchkrankheit gelitten.“
Die eigene Großküche blieb kalt,
zum Essen fuhr Bernhard mit
dem Mercedes in die Dörfer
Die Bilder der vielfach ausgezeichneten Comic-Künstlerin Anna Haifisch erscheinen unter anderem im Guardian, El País und dem New Yorker. Ihre Ausstellung „Chez Schnabel“ im Museum der Bildenden Künste läuft noch bis zum 3. Juli.
Harald Schmidt (Hrsg.):
In der Frittatensuppe feiert
die Provinz ihre Triumphe.
Thomas Bernhard.
Eine kulinarische Spurensuche. Brandstätter-Verlag,
Wien/München 2022.
176 Seiten, 36 Euro.

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