Jede Kunst hat ihre Zeit und Joachim Durrangs Zeit ist gekommen. 2005 erregte sein Poem Perücke der Liebe Aufsehen.Ein Film wurde gedreht, mit den Texten im Off. Moritz Stoepel inszenierte das Werk auf großer Bühne mit Musikimprovisation. In den Jahren danach erschienen zwar keine Bücher von Durrang, seine Lesungen und Performances waren und sind jedoch gut besucht. Der Wahlfrankfurter hat sein Publikum. Im Jahr 2017 erschienen auf einen Schlag zwei Gedichtbände:Die Wintermeditationen Auf schwarzen Strümpfen durchs Weltall sowie Der tätowierte Himmel, ein facettenreicher, für Durrangs Poesie der letzten zehn Jahre repräsentativer Gedichtband.Wer allerdings dachte, den Autor damit zu kennen, ihn abhaken zu können, wird mit dem vorliegenden Buch eines Besseren belehrt. Von der ersten Seite an brodelt, lärmt und blitzt es in einem Labor für Bewusstseinszustände. Die kraftvolle Sprache, der vulkanische Bilderreichtum des Poeten halten seiner Lust die Waage, täglich eine Welt zu erfinden. Diese Dichtung lässt sich nicht poststrukturalistisch in einem Sprachgehege halten. Kein Zaun aus Bedeutungsverboten schützt die Welt vor diesen Vers-Ungetümen. Wird Gerhard Falkner neuerdings vorgeworfen, er wolle sowohl in der Dichtung als auch in der realen Welt bestehen (Ann Cotten), muss Joachim Durrang um den Doppelpass für zwei feste Wohnsitze ebenfalls bangen. Oder einfach weitermachen mit seiner Séance, in der Getrenntes auf einem Schreibtisch liegt und sich unter einem Spieltisch vereinigt:Die Wörter perlen von den Dingen abWie WassertropfenVon der geputzten PistoleSie klopfen und klopfenBunt, stellenweise grell ist der inhaltliche Vorrat, auf den Durrangs Kunst zurückgreift. Aus allen Zeiten und Gegenden strömen Teilnehmer zu seinem Geistergespräch. John Lennon und Paul McCartney stehen einander nicht näher als Lethe und Dieter Bohlen. Helmut Kohl und Angela Merkel entgehen dem rüden Charme des gebürtigen Saarländers so wenig wie Adolf Hitler. Alle müssen zu Durrangs Gedichten ihren Beitrag leisten und mancher Beitrag wirkt, als sei er der insgesamt wichtigste der Person. So sicher traumwandelt die poetische Stimme durch die Vergangenheit und die Gegenwart ihrer Bildergeschichten, dass man um die Zukunft dieses Autors unbesorgt sein kann.Der NachrufGleitet durch WasserIm Einbaum des Klangs
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