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Band 13 der Arbeitergeschichtsreihe schließt an Michael Schneiders "Unterm Hakenkreuz" an, Band 12 der Reihe, der sich mit der Zeit von 1933 bis 1939 beschäftigt. Arbeiter hatten für die Kriegsführung des "Dritten Reiches" zentrale Bedeutung. Sie wurden umworben und zugleich reglementiert von der nationalsozialistischen Politik, die sie teilweise mittrugen, aber auch unterliefen, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Während Millionen von Fremd- und Zwangsarbeitern unter elenden Bedingungen arbeiten mussten, sollten die deutschen Arbeiter und Arbeiterinnen zu leistungswilligen Gliedern der…mehr

Produktbeschreibung
Band 13 der Arbeitergeschichtsreihe schließt an Michael Schneiders "Unterm Hakenkreuz" an, Band 12 der Reihe, der sich mit der Zeit von 1933 bis 1939 beschäftigt. Arbeiter hatten für die Kriegsführung des "Dritten Reiches" zentrale Bedeutung. Sie wurden umworben und zugleich reglementiert von der nationalsozialistischen Politik, die sie teilweise mittrugen, aber auch unterliefen, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Während Millionen von Fremd- und Zwangsarbeitern unter elenden Bedingungen arbeiten mussten, sollten die deutschen Arbeiter und Arbeiterinnen zu leistungswilligen Gliedern der "Volksgemeinschaft" geformt werden. Gelang das den Nationalsozialisten? War die deutsche Kriegsgesellschaft überhaupt eine "Volksgemeinschaft"? Hat die nationalsozialistische Politik tatsächlich eine "Modernisierung" der deutschen Gesellschaft bewirkt? War der politische Widerstand aus der unterdrückten und ins Exil getriebenen Arbeiterbewegung ein Widerstand ohne oder gar gegen "das" Volk? Welche langfristigen Wirkungen hatten Diktatur und Krieg auf Arbeiterschaft, Arbeitermilieus und Arbeiterbewegung? Das Buch gibt Antworten auf diese Fragen und entwirft dabei ein umfassendes Panorama der deutschen Kriegsgesellschaft.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Michael Schneider, geb. 1944, Dr. phil., ehemaliger Leiter des Archivs der sozialen Demokratie und des Historischen Forschungszentrums der Friedrich-Ebert-Stiftung, Honorarprofessor am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2015

Für ein besseres Deutschland
Der Widerstand gegen Hitler bildete trotz seines Scheiterns ein moralisches Kapital für den Neuanfang nach 1945

Seit einigen Jahren veranstaltet die Stauffenberg-Gesellschaft um den 15. November herum im Neuen Schloss in Stuttgart eine Gedächtnisvorlesung für den 1907 geborenen württembergischen Hitler-Attentäter. Im vergangenen November kam Uta von Aretin der Einladung zu einem Vortrag nach, der nun in gedruckter Form vorliegt. Sie ist eine Tochter des Generalmajors Henning von Tresckow - der nach Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg wohl wichtigsten Persönlichkeit im militärischen Widerstand bei den Umsturzvorbereitungen 1943/44.

Ihr Vater sei "mit Leib und Seele Soldat" gewesen, jedoch anfällig für nationalsozialistische Parolen: "Ich besitze noch eine Postkarte, auf der mein Vater im Wahljahr 1932 schrieb: ,Wir wählen alle A.H.' Hitlers Regierungsübernahme betrachtete er, wie viele andere auch, als Erlösung aus einem unerträglichen Dilemma. Die Formel von der Vereinigung des Nationalen mit Sozialem begeisterte ihn." Das alles änderte sich durch die Morde während der "Röhm-Krise" Mitte 1934, durch die Blomberg-Fritsch-Entlassungen Anfang 1938 und durch die Pogromnacht gegen die Juden vom 9. November 1938: "Mein Vater fühlte, dass der vor Gott auf die Person Hitlers abgelegte Eid auch dazu missbraucht werden konnte, Unrecht und Verbrechen zu decken." Er habe den Dienst quittieren wollen, sei allerdings von General Erwin von Witzleben davon abgehalten worden.

Für die Schilderung der Planungen des Widerstands beruft sich Frau von Aretin auf Fabian von Schlabrendorffs Buch "Offiziere gegen Hitler". Hier findet sich die - für das Handeln der Verschwörer 1944 wichtige - Leitlinie Tresckows: "Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat." Tresckow sei es um die "moralische Rehabilitierung Deutschlands" gegangen, um christliche Werte, Recht und Menschenwürde: "Die Attentäter des 20. Juli wollten ein Sühneopfer für Deutschlands Schuld erbringen, in das sie sich mit eingeschlossen fühlten", meint die Autorin und erwähnt, dass ihr 2014 verstorbener Ehemann, der Historiker Karl Otmar von Aretin, sie dabei unterstützt habe, sich mit dem Umfeld und mit dem Freitod des Vaters (am 21. Juli 1944) auseinanderzusetzen: "Die idealisierten Erzählungen aller Freunde und das Schweigen meiner Mutter schufen eine Art unantastbares Heldenstandbild, versehen mit hohem moralischem Anspruch." Und überhaupt: "Intensives Hinterfragen und Offenlegen von verbürgten Tatsachen gegenüber allen geäußerten Widersprüchen der eifrigen Kritiker" hätten ihr geholfen, "hinter dem Heldendenkmal einen lebendigen Menschen zu sehen, der in mörderischen Zeiten und Gegebenheiten des Krieges unglaublichen Mut und sittliche Stärke aufgebracht hatte". Also sind kritische (und von Zeitzeugen oft wenig geschätzte) Zeithistoriker doch für etwas gut!

Dem kaum bekannten Hitler-Gegner Hans-Georg Schmidt von Altenstadt widmen sich jetzt dessen Neffe Ulrich Schmidt von Altenstadt sowie dessen Enkel Christoph Bauer - unterstützt von Rüdiger von Voss, dem Gründer der "Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944" sowie Ehrenvorsitzenden des Kuratoriums der "Stiftung 20. Juli 1944". Ausgangspunkt ihrer Recherchen war die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" des Hamburger Instituts für Sozialforschung; dort war Altenstadt "als Beteiligter an den Maßnahmen zur Ausrottung beziehungsweise Kolonialisierung der Bevölkerung der eroberten Ostgebiete" bezeichnet worden: "Diese Mitverantwortung wird in der hier vorliegenden Forschungsliteratur teilweise belegt, aber unterschiedlich bewertet", heißt es in den Vorbemerkungen. Die Herausgeber wollen Altenstadts Rolle im "Widerstand der Offiziere gegen Hitler" beleuchten. Weil es keine Selbstzeugnisse gibt, zitieren und paraphrasieren sie etwas umständlich aus der Memoiren- und Sekundärliteratur.

Diese Materialbasis soll deutlich machen, dass Schmidt in seinem Verantwortungsbereich - insbesondere als Leiter der Abteilung Kriegsverwaltung beim Generalquartiermeister Eduard Wagner - versucht habe, die nationalsozialistische Vernichtungspolitik zu unterlaufen, sich für eine gegen Stalin gerichtete "russische Befreiungsarmee" unter Wlassow einzusetzen und Helfer für das immer wieder aufgeschobene Attentat auf Hitler zu gewinnen. Mit den "konkreten Vorbereitungen" des 20. Juli war Oberst Altenstadt "nicht beschäftigt und entging so vermutlich seiner Verfolgung", schreiben die Herausgeber und bescheinigen ihm eine enge Verbindung zu Stauffenberg.

Der 1944 als Chef des Stabes des XIV. Panzerkorps eingesetzte Altenstadt kam kurz nach einem Autounfall Mitte Juni in Norditalien in ein Lazarett am Tegernsee, wo seine Familie in unmittelbarer Nähe wohnte. Nach dem gescheiterten Umsturzversuch vom 20. Juli trat eine plötzliche Verschlechterung des Allgemeinzustands bei Altenstadt ein, der daher nach Bad Tölz verlegt werden musste. Er "starb dort recht unerwartet am 25. Juli 1944 an Lungenembolie, einer unglücklichen Spätfolge des Unfalls", berichten die Herausgeber und halten die später aufkommenden Gerüchte für wenig wahrscheinlich, dass Altenstadts Tod "durch Gift, das ihn vor Verhaftung und Folter hätte bewahren sollen", herbeigeführt worden sei. Er habe, so das Resümee, mit "seinen Möglichkeiten" zur "Geschichte des ,Anderen Deutschland' beigetragen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger."

Im Vergleich zu solchen hohen Militärs verfügten die Arbeiterschaft und die Arbeiterbewegung über wesentlich begrenztere Aktionsformen und Ausdrucksmöglichkeiten der Regimegegnerschaft. Dies hat Michael Schneider auf 1500 Seiten äußerst detailliert untersucht. Seine luzide sozialgeschichtliche Darstellung wird immer wieder aufgelockert durch anschauliche Kurzbiographien über Gewerkschafter und Arbeiter, die der Autor als einzelne "Schicksale" vorstellt. Erschlossen wird die manchmal erdrückende Materialfülle der Studie durch exzellente Register.

"Mobilmachung: Um die Einbindung der Arbeiterschaft in die Kriegführung", lautet die Überschrift des ersten Teils; "Arbeiterleben im Krieg" heißt der zweite Teil, "Politischer Widerstand: Arbeiterbewegung in Exil und Illegalität" der dritte Teil. Dieser darf eine besondere Aufmerksamkeit beanspruchen, weil nun die "Stiftung 20. Juli" bei den Gedenkfeiern zum 71. Jahrestag des Stauffenberg-Attentats in der Gedenkstätte im Bendlerblock zu einem Vortrag über "Gewerkschafter/innen im Nationalsozialismus - Widerstand und Verfolgung" einlädt und am Nachmittag des 20. Juli 2015 bei der Feierstunde von Bundesregierung und "Stiftung 20. Juli" in Plötzensee der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann die Gedenkrede halten wird - um jene Hitler-Gegner zu ehren, die in der öffentlichen Wahrnehmung über Jahrzehnte im Schatten des militärischen Widerstandes standen.

Schneider führt Gründe dafür an, warum der Widerstand aus der Arbeiterbewegung in der frühen Bundesrepublik auf kein Interesse stieß und "die einseitige Betrachtung und Hochschätzung des kommunistischen Widerstandes in der DDR" auch die deutsch-deutsche Systemkonkurrenz widerspiegelte. Ausführlich analysiert er die sozialdemokratisch-sozialistischen Zukunftsvorstellungen der Gewerkschafter und Parteifunktionäre im Exil, vor allem in Großbritannien, und stellt fest: "An all diesen politischen Aktivitäten im Exil waren Frauen beteiligt. Mindestens 200 000 Frauen gingen ins Exil; etwa 5000 davon dürften politische Flüchtlinge gewesen sein. Viele dieser aus politischen Gründen Geflohenen wurden lange Zeit nur wahrgenommen als Unterstützerinnen der politischen Widerstandsaktivitäten ihrer Männer oder Partner und allenfalls wegen ihres Engagements im sozial-karitativen Bereich."

Innerhalb Deutschlands "brachten die Kommunisten die zahlenmäßig größten Opfer im Widerstand", "immer wieder versuchten sie, eine Massenpartei im Untergrund aufzubauen, und immer wieder bekundeten sie ihren Protest gegen die NS-Diktatur in Widerstandsaktionen, die sich an ,die' Öffentlichkeit wandten". Dabei wurden die einzelnen Gruppen durch Instrukteure, die aus dem Exil eingeschleust wurden, "angeleitet" und auf "die jeweiligen Wendungen der Moskauer Parteilinie" festgelegt. Demgegenüber verzichtete die SPD-Führung im Exil darauf, "den Parteimitgliedern im Reich konkrete Instruktionen oder auch nur Aktionshinweise vorzugeben." Dieser Verzicht entsprach zum einen der Tatsache, dass es schwierig war, von London aus den Kontakt nach Deutschland zu halten, zum anderen handelte es sich bewusst um ein anderes "Widerstandskonzept", das Informationsarbeit durch persönliche Kontakte und humanitäre Unterstützungsleistungen mit dem Ziel der "Erhaltung der Solidargemeinschaft" umfasste.

Eine Besonderheit des Widerstandes der Sozialdemokraten sei "die Beteiligung einzelner Führungspersonen" wie Theodor Haubach und Julius Leber an den Vorbereitungen des Attentats vom 20. Juli gewesen; auch Gewerkschafter wie Wilhelm Leuschner, Max Habermann, Jakob Kaiser und Hermann Maaß stellten sich zur Verfügung. Sie hätten den Militärs bei einem Staatsumsturz "eine breitere Zustimmung in der Arbeiterschaft" verschaffen können, zumal es darauf angekommen sei, "die Grenzen der soziokulturellen Milieus zu überwinden". Der These, dass der 20. Juli ein "Widerstand ohne Volk" gewesen sei, stimmt Schneider zu, hebt jedoch hervor, dass die einzelnen kleinen Widerstandsgruppen in ihrer Gesamtzahl "eine durchaus beachtliche Größe" erreichten: "Hunderttausende Menschen sind während der 12 Jahre dauernden NS-Herrschaft wegen politischer Delikte verhört und verhaftet, auch verurteilt und inhaftiert, Zehntausende ermordet worden." Dennoch bleibe es dabei, "dass die übergroße Mehrheit der deutschen Bevölkerung das nationalsozialistische Regime bis zum bitteren Ende unterstützte, jedenfalls nicht aufbegehrte", resümiert Schneider.

Der Widerstand habe - so Schneider treffend - "das Bild Deutschlands, das die Alliierten vor Augen hatten, mitgeprägt und damit die Bedeutung der Kollektivschuldthese relativiert". Daraus entstand ein "moralisches Kapital" für den Neuanfang, sowohl in der Bundesrepublik als auch - "mit anderen Vorzeichen" - in der DDR, weil deutlich geworden war, "dass nicht alle Deutschen hinter dem NS-Regime standen, sondern dass eine nicht geringe Anzahl unter hohem Risiko versucht hat, ihre Gegnerschaft zu behaupten und zu beweisen".

RAINER BLASIUS

Uta von Aretin: Freiheit und Verantwortung. Henning von Tresckow im Widerstand. Wallstein Verlag, Göttingen 2015. 34 S., 7,90 [Euro].

Ulrich Schmidt von Altenstadt/Christoph Bauer (Herausgeber): Eid und Gewissen. Zwischen Hitlers Mühlsteinen. Recherchen zur Geschichte des Generalstabsoffiziers Hans-Georg Schmidt von Altenstadt. Verlag epubli, Berlin 2015. 227 S., 14,95 [Euro].

Michael Schneider: In der Kriegsgesellschaft. Arbeiter und Arbeiterbewegung 1939 bis 1945. Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 2014. 1509 S., 98,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rainer Blasius ist neugierig auf die Rolle der Arbeiterschaft und der Arbeiterbewegung im Widerstand gegen Hitler. Michael Schneiders Buch bietet ihm in dieser Hinsicht eine detaillierte sozialgeschichtliche Untersuchung, gelockert durch Kurzbiografien über Arbeiter und Gewerkschafter, wie der Rezensent schreibt. Die erhebliche Materialfülle erschließt sich dem Rezensenten durch "exzellente" Register. Der für Blasius wichtigste Teil des Bandes widmet sich der Arbeiterbewegung im Exil und Untergrund. Der Rezensent erfährt, warum der Arbeiterwiderstand auf wenig Interesse stieß und dass Frauen Anteil am politischen Widerstand im Exil hatten.

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