Delikat! Alain Passard, Pariser Drei-Sterne-Koch und Star der Gemüseküche, hat sich über die Schulter und in die Töpfe schauen lassen - von einem weiteren Meister seines Fachs, Christophe Blain. Der Comiczeichner hat Alain Passard mehr als zwei Jahre lang begleitet und den Alltag des Maître, seine Ästhetik und Philosophie des Kochens in gewohnt ausdrucksstarken Zeichnungen eingefangen. Das Ergebnis ist ein kluges, lehrreiches und hochamüsantes Buch, mit dem Christophe Blain einmal mehr den Beweis erbringt, welch Potenzial der Comic abseits ausgetretener Pfade bietet.Darüber hinaus beinhaltet der Band 15 anschaulich illustrierte Rezepte von Alain Passard und funktioniert so auch als raffiniertes französisches Kochbuch.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
So begeistert der Rezensent Thomas von Steinaecker von der Idee eines Comics über das Kochen ist, noch dazu, wenn dieses von der "Comic-Größe" Christophe Blain kommt, so enttäuscht ist er über das Ergebnis. Obwohl sich die Kombination von Text und Bild kaum besser als in der Küche anbiete, sei über den Meisterkoch Passard und seine Kunst nur wenig zu erfahren. Blains "so liebevollen wie wohltuenden" Spott vermisst Steinbaecker ebenso wie eine erkennbare Handlung, die über bloße Informationen hinausgeht. Davon, dass ein Zeichner, der, wie er schwärmt, mit 'Quai d'Orsay" den besten Comic des letzten Jahres veröffentlicht hat, einen genialen Koch über zwei Jahre auf Schritt und Tritt begleitet, hat sich der Rezensent eindeutig mehr erwartet. So ist "In der Küche mit Alain Passard" für ihn weder ein schönes Kochbuch noch eine gute Reportage.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2013Der Überlebensgroße
In der Küche mit Alain Passard: Ein Buch für Genießer und Könner
Dieser Mann ist der Größte. Nicht einmal Autor Christophe Blain, selbst ein Star, tritt ihm einfach unter die Augen. Wir sehen zuerst den Zeichner, über den "großen Chef" grübelnd, wie er, sich Mut zusprechend, durch die Straßen von Paris spaziert, auf dem Weg in die Küche von Alain Passard, Großmeister der Gemüseküche, Küchenphilosoph, ausgezeichnet mit drei Sternen. Was für ein Auftritt: "Schickes Hemd, Jeans mit Schlag", erhabenes Lächeln und Tatendrang bis in die Haaresspitzen. Noch bevor das erste von insgesamt 15 Rezepten angekündigt wird, wirbelt Passard durch seine Küche und Blain mit ihm.
Schon beim ersten Rezept wird gezaubert. Erbsen, "frisch von heute Morgen", werden zu "grünem Kaviar", mit Minze, so wertvoll, dass sie im Rezeptnamen erwähnt wird. Dazu Zitrusfrüchte, weil sie Kontrast bedeuten und von der Farbe etwas hermachen. Passard kocht, Blain dokumentiert. Wir sehen ihn, wie er Passard über die Schulter schaut und mit ihm in die Knie geht. In Passards Küche dreht sich vieles um die richtige Perspektive. Schon die Zugabe von Salz erfordert ganzen Körpereinsatz, die Garnitur der Erbsen mit Pampelmusen ohnehin. Selbst der Dampf über den Töpfen wird nicht stehend hingenommen, sondern mit einer Verbeugung bezeugt. "Jeder Schritt wird zelebriert wie ein Ritual", schreibt Blain und malt Herzchen dazu, die um Passards Kopf schwirren.
Was kitschig klingt, hat lebendige Anmut. Wenn Passard Öl verlangt, bringen es ihm seine Helfer nicht, sie machen es ihm. Auf der einen Seite zeichnet der staunende Blain, von der anderen Seite schallt es nur "Ja, Chef". Im Dialog sehen wir Passard nicht einmal mit seinen Gästen. "Alain hat bevorzugt Gäste, die er gut kennt. Er entscheidet, was sie essen werden", notiert Blain. Gäste kommen und gehen, "um den Rest kümmern wir uns", heißt es von Passard.
Blain gestaltete einen Geschichtenband, eine philosophische Studie, Rezeptbuch und Erlebnisbericht. Ohne Frage weiß man nach der Lektüre mehr. Mut zum Selberkochen verleiht sie allerdings nicht. Für den, der schon mutig ist, steckt in ihr alles, was man für Küchenabenteuer braucht. stsch
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In der Küche mit Alain Passard: Ein Buch für Genießer und Könner
Dieser Mann ist der Größte. Nicht einmal Autor Christophe Blain, selbst ein Star, tritt ihm einfach unter die Augen. Wir sehen zuerst den Zeichner, über den "großen Chef" grübelnd, wie er, sich Mut zusprechend, durch die Straßen von Paris spaziert, auf dem Weg in die Küche von Alain Passard, Großmeister der Gemüseküche, Küchenphilosoph, ausgezeichnet mit drei Sternen. Was für ein Auftritt: "Schickes Hemd, Jeans mit Schlag", erhabenes Lächeln und Tatendrang bis in die Haaresspitzen. Noch bevor das erste von insgesamt 15 Rezepten angekündigt wird, wirbelt Passard durch seine Küche und Blain mit ihm.
Schon beim ersten Rezept wird gezaubert. Erbsen, "frisch von heute Morgen", werden zu "grünem Kaviar", mit Minze, so wertvoll, dass sie im Rezeptnamen erwähnt wird. Dazu Zitrusfrüchte, weil sie Kontrast bedeuten und von der Farbe etwas hermachen. Passard kocht, Blain dokumentiert. Wir sehen ihn, wie er Passard über die Schulter schaut und mit ihm in die Knie geht. In Passards Küche dreht sich vieles um die richtige Perspektive. Schon die Zugabe von Salz erfordert ganzen Körpereinsatz, die Garnitur der Erbsen mit Pampelmusen ohnehin. Selbst der Dampf über den Töpfen wird nicht stehend hingenommen, sondern mit einer Verbeugung bezeugt. "Jeder Schritt wird zelebriert wie ein Ritual", schreibt Blain und malt Herzchen dazu, die um Passards Kopf schwirren.
Was kitschig klingt, hat lebendige Anmut. Wenn Passard Öl verlangt, bringen es ihm seine Helfer nicht, sie machen es ihm. Auf der einen Seite zeichnet der staunende Blain, von der anderen Seite schallt es nur "Ja, Chef". Im Dialog sehen wir Passard nicht einmal mit seinen Gästen. "Alain hat bevorzugt Gäste, die er gut kennt. Er entscheidet, was sie essen werden", notiert Blain. Gäste kommen und gehen, "um den Rest kümmern wir uns", heißt es von Passard.
Blain gestaltete einen Geschichtenband, eine philosophische Studie, Rezeptbuch und Erlebnisbericht. Ohne Frage weiß man nach der Lektüre mehr. Mut zum Selberkochen verleiht sie allerdings nicht. Für den, der schon mutig ist, steckt in ihr alles, was man für Küchenabenteuer braucht. stsch
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"Ein Kochbuch, ein Comic, ein Hochgenuss, eine Sensation." - Andreas Platthaus, FAZ