Was haben die Salzburger Altstadt, der boomende englische Südosten und das ehemals kolonialisierte Indien gemeinsam? Auf den ersten Blick wenig, es sei denn, man blickt hinter die Kulissen der Entstehung dieser Räume. Eine hilfreiche Vorstellung ist, dass Räume „gemacht werden“. Bei genauerem Hinsehen wird nämlich klar, dass alle drei „Räume“ bewusst von Menschen geschaffen wurden, um ganz bestimmte Interessen zu befriedigen, Interessen zwischen Altstadterhaltung und Beherrschung „fremder“ Kulturen – mit erheblichen Konsequenzen für jede/n Einzelne/n. Die bei Lernprozessen eingesetzten Medien, die darauf abzielen, einen gelenkten Blick auf Räume durchzusetzen, gehorchen bestimmten Gesetzen. Wesentlich erscheint dabei, dass hier immer von existierenden Räumen und absoluten Raumkonzepten ausgegangen wird, von der vermeintlich exakten wissenschaftlichen Beschreibung sowie von einer sehr spezifisch gehandhabten amtlichen Statistik. Ein Blick in die aktuellen Schulbücher der Geographie bzw. des Fachs „Geographie und Wirtschaftskunde“ zeigt schnell, dass an vielen Stellen nach wie vor eben diese „Wahrheiten“ vermittelt werden. Dies geschieht insbesondere in Zusammenarbeit mit räumlichen Darstellungen, die von den genannten „existierenden Räumen“ ausgehen. Damit sind typischerweise jene administrativen oder naturräumlichen Abgrenzungen gemeint, die auch öffentlich als die Basis geographischen Wissens gehandelt werden. Bedauerlicherweise hält dieser Zugang einer Gegenüberstellung mit der Alltagswelt nicht stand – mehr noch, er verstellt eine Sichtweise auf die politischen Prozesse, in denen Raum argumentativ eingesetzt wird, auf Machtverhältnisse, die daraus resultieren, und auf Anknüpfungsmöglichkeiten für gemeinsames Lernen. Das Fach, das sich nach wie vor im schulischen Kontext gerne als „Raumwissenschaft“ bezeichnet, verschließt sich damit seinem zentralen Ausgangspunkt. Will man eine kritische Perspektive in den Geographieunterricht einbringen, so sind folglich Raumkonzepte gefordert, die menschliche Interessen in die Konstruktion einbeziehen. Der vorliegende Band argumentiert in diesem Sinn für eine Verbreiterung der Raumkonzeptionen, insbesondere für den Einsatz relationaler Raumkonzepte, die mit konstruktivistischen Konzeptionen des Lernens in Einklang zu bringen sind. Er durchstreift dabei die sozialwissenschaftliche Debatte um unterschiedliche Raumkonzepte ebenso wie jene über unterschiedliche Lernparadigmen, versucht eine Synthese dieser Ausgangspunkte für den Unterricht und stellt Unterrichtsbeispiele vor, die den Wert relationaler Raumkonzeptionen für den Geographieunterricht zeigen.