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Als schreibende Reporterin war die Erzählerin auf allen Kontinenten der Erde unterwegs. In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. Nun verabschiedet sie sich von einer Welt, die einmal die eigene war.
Aus dem Radio erfährt Gabriele Riedles Erzählerin vom gewaltsamen Tod des berühmten britischen Kriegsfotografen Tim H. in Libyen. Nicht lange zuvor war sie mit ihm als schreibende Reporterin unterwegs im Bürgerkriegsland Liberia. Anlass für sie, von ihm zu erzählen, von seinem Leben und von seinem Sterben, aber auch von ihren eigenen Erfahrungen in allen möglichen Winkeln der Erde, in Afghanistan und…mehr

Produktbeschreibung
Als schreibende Reporterin war die Erzählerin auf allen Kontinenten der Erde unterwegs. In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. Nun verabschiedet sie sich von einer Welt, die einmal die eigene war.

Aus dem Radio erfährt Gabriele Riedles Erzählerin vom gewaltsamen Tod des berühmten britischen Kriegsfotografen Tim H. in Libyen. Nicht lange zuvor war sie mit ihm als schreibende Reporterin unterwegs im Bürgerkriegsland Liberia. Anlass für sie, von ihm zu erzählen, von seinem Leben und von seinem Sterben, aber auch von ihren eigenen Erfahrungen in allen möglichen Winkeln der Erde, in Afghanistan und im Dschungel von Papua-Neuguinea, im Inneren der Mongolei und im Kaukasus, von den Höhen des Himalaya und der Reise nach Liberia.

In ihre Erzählung fließen die Bilder und Beschreibungen der Welt, die die internationalen Berichterstatter den Medienhäusern in Hamburg und in Manhattan liefern - diejenigen, die unsere globale Gegenwart deuten. Ihre Berichterstattung in Bildern und Texten unterliegt ästhetischen und ökonomischen Zwängen, die vom Zustand der Welt und der Krise der westlichen Zivilisation künden.

Gabriele Riedle hat selbst über 20 Jahre Erfahrung als Reporterin. In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. Ist jedoch originäre Prosa, eine kunstvolle Literatur, die zu ihrer eigenen Stimme kommt, weit weg vom Reportage-Realismus, voller eindrucksvoller Bilder. Das Nachdenken ihrer Ich-Erzählerin und ihr persönlichstes Erleben kombiniert sie in einem mäandernden Bewusstseinsstrom in weit ausschwingenden musikalischen Sätzen.

Und die Autorin hieße nicht Gabriele Riedle, wenn die Reisen durch Raum und Zeit nicht auch durch die Zettelkästen der Weltliteratur führten, durchweht vom »Hegelschen Weltgeist«.

Sie nennt ihr Buch »eine Art Abenteuerroman« und knüpft damit spielerisch an eine Tradition an, die sie jedoch zugleich hinter sich lässt.

In In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg. lässt Gabriele Riedle eine Frau sprechen in einem durch und durch männlichen Genre. Das weltumspannende Romanabenteuer ist hochaktuell nicht nur im Blick auf die Mechanismen, die zu den Fälschungen des Spiegel-Reporters Relotius führten, sondern auch angesichts der Verunsicherung des Westens nach dem Rückzug aus Afghanistan, mit dem der Roman endet.
Autorenporträt
Gabriele Riedle ist 1958 in Stuttgart geboren und lebt in Berlin. Sie veröffentlichte vielfach ausgezeichnete Reportagen von allen Kontinenten, vor allem aus Krisen- und Konfliktgebieten zwischen Afghanistan und Libyen, Darfur und Tschetschenien. 1986 und 2001 war sie unter anderem Kulturredakteurin bei der taz und bei der Woche, 2001 bis 2016 Redakteurin und Reporterin bei GEO. 2017 gewann sie den Bayrischen Fernsehpreis und den Juliane-Barthel-Medienpreis für die Dokumentation Die heimliche Revolution. Frauen in Saudi-Arabien. 2018 war sie Gastprofessorin an der University of Virginia in Charlottesville, USA, und lehrte zur Geschichte der Kriegsberichterstattung. 1998 erschien Fluss, ein Roman, der gemeinsam mit Viktor Jerofejew entstand. Über ihren Roman Versuch über das wüste Leben (2004, AB-Band 238) schrieb Hans Magnus Enzensberger: »Riedles Prosa ist mit allen Wassern der Reflexion gewaschen und voller übermütiger Kapriolen, ihr Tempo ist furios und ihre Ambition vermessen.« Ihr Roman Überflüssige Menschen (2012, AB-Band 327) machte »mit rhetorischer Verve und nicht ohne Selbstironie einem westdeutschen Bildungsroman den Prozess« (Der Spiegel).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Wie das ist, als Kriegsreporterin immer wieder in die gefährlichsten Gebiete der Welt ziehen zu müssen, kann Rezensent Claus-Jürgen Göpfert gebannt bei Gabriele Riedle verfolgen. Ihm gefällt, wie das Buch klug Abenteuergeschichte mit Satire und Lovestory verknüpft. Rapide wechseln die Schauplätze, das "war horse" Riedle bleibt mutig und beeindruckt den Rezensenten nicht nur durch das, was sie in Kabul oder Misrata erlebt, sondern auch durch ihre Unerschrockenheit einer kapitalistisch-journalistischen Verwertungsmaschinerie gegenüber, die durch einen namen- und skrupellosen Chefredakteur verkörpert wird. Ein "sprachlicher Parforceritt", zeigt sich Göpfert mitgerissen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2022

Die Droge Wirklichkeit
Gabriele Riedle hat als Reporterin die Welt gesehen. Jetzt erzählt sie in einem Roman vom Leben und Lieben unterwegs
Am Ende bleibt nur ein weißer Fleck auf der Landkarte, nachdem die letzte Wanderdüne unter heftigem Getöse und Geschabe über die Wüste hinweggezogen ist. Wer hier nach Orientierung sucht, dem wird kein Atlas mehr helfen, schon gar nicht der Diercke-Weltatlas von 1973. Der hatte Gabriele Riedles Ich-Erzählerin im Roman „In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg“ zur Vorbereitung ihrer abenteuerlichen Reisen stets gute Dienste getan.
In Berlin, in der Charlottenburger Goethestraße, auf ihrem bodentief durchgesessenen „west-östlichen Divan“ liegend, hatte sie nachgesehen, wo genau sich Afghanistan befinden mochte oder Papua-Neuguinea, Liberia oder die Mongolei, Tibet, New York, aber durchaus auch die 1973 noch real existierende „Selbständige politische Einheit Westberlin“. Diese Ich-Erzählerin gehörte lange Zeit zu den „Helden im Dienste von Abenteuer & Aufklärung“, wie es im Buch heißt, sie verdiente ihr Geld als Verfasserin von Reisereportagen, und dies verlangte Vorbereitung.
Weil es bei derartigen Berichten in der Regel um ferne Länder und fremde Völker, kurz, um Exotismen aller Art, geht, ist zumeist auch ein Fotograf vonnöten, der alles in leuchtenden Bildern festhält, damit das in der Fremde Gesehene und Erlebte für die Leserinnen und Leser der sogenannten zivilisierten Welt in Magazinen auf Hochglanzpapier gedruckt und verkauft werden kann.
Gabriele Riedles Roman handelt über weiteste Strecken davon, wie die Ich-Erzählerin, von einem Chefredakteur beauftragt und jeweils von einem Fotografen und oft auch noch einem Übersetzer begleitet, in den entlegensten Weltgegenden unterwegs ist – und wie sie danach wieder zurück in die Goethestraße kommt, zu „Hundehaufen, Ampeln, Apotheke“, in ihre Wohnung gegenüber einem früheren „Postgebäude, wo jetzt vor allem russische Künstler wohnten“, die „alle Bärte und Blusen wie Tolstoi“ tragen.
Was sie sieht und erlebt, ist auch wirklich zum Staunen. In Kabul etwa, wo die Reporterin mit Dutzenden anderer Berichterstatter in einem inzwischen notdürftig zum Hotel umgerüsteten Gefängnis untergekommen ist, stößt sie auf einen Fotografen, der im Land der strafbewehrten Bilderverbote Taliban abgelichtet hat, die innig blickend miteinander Händchen halten. Dann wieder wird es schrill witzig, wenn sie in Lagos mit aufgekratzten jungen Schwarzen in einem Auto auf dem Handy Schwulenpornos schaut, während sie mit ihrem Chefredakteur aus Hamburg telefoniert: „Hallo, ja, stehe im Stau auf der Third Mainland Bridge in Lagos, jemand will mir durchs Fenster ein Bügelbrett verkaufen, und vermutlich stürzen wir gleich alle samt Brücke ins Wasser, aber falls in der Brühe da unten Empfang ist, rufe ich später zurück.“
Kuriosität reiht sich so an Kuriosität: Die Ureinwohner in Papua-Neuguinea, die zum imposanten Federschmuck stolz und selbstbewusst großkarierte Jacketts aus der internationalen Altkleidersammlung tragen. Oder der Übersetzer, der in der Wüste Gobi davon träumt, dass die Mongolei sich wegen ihres just entdeckten Übermaßes an Bodenschätzen demnächst Russland untertan machen und „die einstige sowjetische Übermacht auch dazu zwingen wird, die vertikale altmongolische Schrift“ einzuführen, woraufhin dann glücklich wieder alles wäre wie im 13. Jahrhundert unter Dschingis Khan.
Neben alldem gibt es allerdings auch noch einen anderen Ton, eine gegenläufige Spur, die von der ersten Seite an hör- und sichtbar wird. „In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg“ ist in der Tat „eine Art Abenteuerroman“, wie es im Untertitel heißt. Aber zugleich ist das Buch ein Epitaph, die Totenklage um einen Geliebten.
Im New Yorker Bryant Park am Kinderkarussell hatte die Reporterin auf Anregung ihres Chefredakteurs den mit höchsten Preisen dekorierten britischen Fotografen Tim H. getroffen und ihn den Leserinnen und Lesern mit seinem offenen weißen Hemd gleich als einen romantischen Helden, eine Art Lord Byron der Kriegsfotografie, vorgestellt. Später reist sie mit ihm durch Liberia, wo sie auf ehemalige Kindersoldaten treffen, auf einen „General Nacktarsch“, auf den vollkommen durchgedrehten „General Eagle“ oder einen inzwischen zum Priester gewandelten Kriegsverbrecher. Sie sprechen mit reichlich dubiosen Frauen, die sich nach Jahren im amerikanischen Exil als Senatorin oder Polizeipräsidentin mit noch mehr politischen Ambitionen in staatlichen Machtpositionen installiert haben – und später schon mal, schwuppdiwupp, wegen Unterschlagung in den Knast wandern. Dazwischen bahnt sich die Liebesaffäre zwischen dem Fotografen und der Erzählerin an. Doch während alles Übrige immer wie nach Plan gelingt – daraus wird nichts. Einige Monate später wird Tim H. in Misrata von einer Granate zerfetzt – zu Beginn des Buches hört die Reporterin die Todesmeldung zu Hause im Radio.
Es braucht tatsächlich die ganze Kunst der „Schneiderinnenseele“, als die sie sich selbstironisch charakterisiert, um die ihrer seelischen Temperatur nach diametral auseinanderstrebenden knallbunten und düsteren Stränge dieses Buches so miteinander zu vernähen, dass sie am Ende ein elegant und passgenau sitzendes Stück Reportage- und Reflexions-Haute-Couture ergeben. Das Erzähltempo ist hoch, die Satzbögen schwingen mühelos über ganze Absätze, und so geht es denn über die Karl-May- wie die Karl-Marx-Straße in Radebeul, mit kurzen Unterbrechungen jeweils am Hegelplatz in Stuttgart oder Berlin, zusammen mit „Kara Bint Nemsi, der Tochter des Deutschen“ sowie dem Weltgeist zu Pferde kreuz und quer durch eine Welt, die, je weiter das Erzählen vorangeht, desto bedrohlicher aus den Fugen zu sein scheint.
Die großen Vorgängerinnen im Kriegsreporter-Gewerbe, Martha Gellhorn und Lee Miller, kommen natürlich auch vor. Während Lee Miller am 30. April 1945 fotogen in Hitlers Badewanne badete, hat die Ich-Erzählerin immerhin „eine Dusche bei den bin Ladens“ in Kabul vorzuweisen. Und doch, am Ende steht in einem majestätischen Wüstenbild die große Leere. Seit die journalistische Maxime für Reportagen die Erzeugung von „Wohlgefühl“ ist und der Chefredakteur entlassen wurde, seit die Gelenke von all dem Durch-die-Welt-Laufen knirschen und selbst die Wanderdüne ihre Fortbewegung eingestellt hat, scheint die Reporterin auf den heimischen Divan verwiesen zu sein. Bis die Sucht nach der „harten Droge Wirklichkeit“ erneut unwiderstehlich wird und alles wieder von vorn losgeht: „weiter, immer weiter, irgendwohin, nirgendwohin“.
FRAUKE MEYER-GOSAU
Zwischen knallbunt und düster
gehen die seelischen Stimmungen
diametral auseinander
Die Reporterin und Schriftstellerin Gabriele Riedle schrieb aus aller Welt, lange Zeit vor allem für die Zeitschrift Geo.
Foto: Claudius Pratsch
Gabriele Riedle:
In Dschungeln.
In Wüsten. Im Krieg.
Eine Art Abenteuerroman.
Die Andere Bibliothek,
Berlin 2022.
258 Seiten, 44 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"Ein Buch das mit seiner Erzählform fasziniert und voller Hintergründe überrascht und fesselt. Ein Buch voller Einblicke und Einsichten, aber auch Botschaften, die der Leser entschlüsseln kann, die bewegen und nachdenklich stimmen. Ein fesselndes Buch für anspruchsvolle Leser!" Herbert Pardatscher-Bestle Bücherrundschau 20220531