Rebecca Horn schuf über zwei Jahrzehnte einen großen Corpus an Gedichten, die oft ihre von Poesie durchdrungenen skulpturalen Werke vorbereiten. Daneben entstand aber auch eine Vielzahl autonomer Texte von großer Intensität."Es geht nicht nur um Traurigkeit, um Verlorensein und Schrägheit, es geht immer auch um Blitze der Erleuchtung, um ein Netz elektrischer Stöße aus Worten. Diese Gedichte sind verschwenderisch. Eine große Künstlerin vergewissert sich als große Dichterin." Joachim Sartorius
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.08.2009KURZKRITIK
Flammen, verletzbar
Rebecca Horn notiert sich Gedichte
Zwar heißt es im Nachwort zu „In einer Perle gespiegelt", bei den Texten Rebecca Horns handele es sich um Gedichte, aber es fällt doch schwer, diese als solche anzusehen. Eher scheint zuzutreffen, was im Untertitel geschrieben steht: dass man es mit einer Sammlung von Notizen, mit einem „Notebook” zu tun hat (dies bloß ein Beispiel für Horns Anglophilie).
Auch wenn die einzelnen Texte die äußere Gestalt von Gedichten tragen, in der Regel also zwischen zehn und zwanzig Zeilen umfassen und jede Zeile wiederum weniger Worte enthält als es satztechnisch möglich wäre, so geht ihnen doch sonst alles ab, was Lyrik gemeinhin auszeichnet: Rhythmus, stimmige Bilder, etwas, das über die reine Beschreibung von Gegenständen oder inneren Gefühlswelten hinausgeht.
„In einer Perle gespiegelt” versammelt Texte, die größtenteils Ausstellungskatalogen entstammen und sich auf Skulpturen und Installationen der als bildende Künstlerin bekannten Horn beziehen. Als eigenständige Sprachkunstwerke funktionieren sie an keiner Stelle. Gemein ist ihnen lediglich eine Art prätentiöse Lakonie: „Über der Insel”, heißt es da, „Flug der Schwalben / flüchtige Zeichen in Schwarz / in die Wolken geritzt.// Ein Brunnen gebohrt durch die Felsen Sprach- und Sichtrohr für Menschen den Mond im Brunnen zu fangen.//
Die Frau, gespiegelt ihr Bild, / trägt die Austernperle im Haar / Mond gewählter Einsamkeit.” Als hätte man, indem man Worte weglässt, schon ein Gedicht.
An anderer Stelle ist von „Flammen des Lichts” die Rede, „Blitze schießen” da „aus wunder Erde”, es vollzieht sich eine „Häutung bis ins Innere der Verletzbarkeit”, und dann auch noch geschieht, zu allem Überfluss, Gespenstisches: „Licht / ejakuliert Energie”. Würde sich all das irgendwie sinnvoll zusammenfügen, könnte man wohlwollend sagen: Kitsch.TOBIAS LEHMKUHL
REBECCA HORN: In einer Perle gespiegelt. Mit einem Nachwort von Joachim Sartorius. Matthes und Seitz Verlag, Berlin 2009. 152 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Flammen, verletzbar
Rebecca Horn notiert sich Gedichte
Zwar heißt es im Nachwort zu „In einer Perle gespiegelt", bei den Texten Rebecca Horns handele es sich um Gedichte, aber es fällt doch schwer, diese als solche anzusehen. Eher scheint zuzutreffen, was im Untertitel geschrieben steht: dass man es mit einer Sammlung von Notizen, mit einem „Notebook” zu tun hat (dies bloß ein Beispiel für Horns Anglophilie).
Auch wenn die einzelnen Texte die äußere Gestalt von Gedichten tragen, in der Regel also zwischen zehn und zwanzig Zeilen umfassen und jede Zeile wiederum weniger Worte enthält als es satztechnisch möglich wäre, so geht ihnen doch sonst alles ab, was Lyrik gemeinhin auszeichnet: Rhythmus, stimmige Bilder, etwas, das über die reine Beschreibung von Gegenständen oder inneren Gefühlswelten hinausgeht.
„In einer Perle gespiegelt” versammelt Texte, die größtenteils Ausstellungskatalogen entstammen und sich auf Skulpturen und Installationen der als bildende Künstlerin bekannten Horn beziehen. Als eigenständige Sprachkunstwerke funktionieren sie an keiner Stelle. Gemein ist ihnen lediglich eine Art prätentiöse Lakonie: „Über der Insel”, heißt es da, „Flug der Schwalben / flüchtige Zeichen in Schwarz / in die Wolken geritzt.// Ein Brunnen gebohrt durch die Felsen Sprach- und Sichtrohr für Menschen den Mond im Brunnen zu fangen.//
Die Frau, gespiegelt ihr Bild, / trägt die Austernperle im Haar / Mond gewählter Einsamkeit.” Als hätte man, indem man Worte weglässt, schon ein Gedicht.
An anderer Stelle ist von „Flammen des Lichts” die Rede, „Blitze schießen” da „aus wunder Erde”, es vollzieht sich eine „Häutung bis ins Innere der Verletzbarkeit”, und dann auch noch geschieht, zu allem Überfluss, Gespenstisches: „Licht / ejakuliert Energie”. Würde sich all das irgendwie sinnvoll zusammenfügen, könnte man wohlwollend sagen: Kitsch.TOBIAS LEHMKUHL
REBECCA HORN: In einer Perle gespiegelt. Mit einem Nachwort von Joachim Sartorius. Matthes und Seitz Verlag, Berlin 2009. 152 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de