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Bis zum Ersten Weltkrieg hat sich Düren zu einer bedeutenden rheinischen Industriestadt entwickelt. Ihre 36.000 Einwohner sind zum überwiegenden Teil katholisch, die evangelische Gemeinde rekrutiert ihre Mitglieder vor allem aus den Familien der Industriellen, die jüdische bildet eine verschwindende Minderheit. Die Milieus sind geklärt, ebenso die Machtverhältnisse im Stadtrat, der aufgrund des Dreiklassenwahlrechts vom nationalliberalen Großbürgertum dominiert wird. Der Beginn des „Großen Krieges“ bringt auch hier zunächst Ausbrüche des Patriotismus hervor, die jedoch schnell überlagert…mehr

Produktbeschreibung
Bis zum Ersten Weltkrieg hat sich Düren zu einer bedeutenden rheinischen Industriestadt entwickelt. Ihre 36.000 Einwohner sind zum überwiegenden Teil katholisch, die evangelische Gemeinde rekrutiert ihre Mitglieder vor allem aus den Familien der Industriellen, die jüdische bildet eine verschwindende Minderheit. Die Milieus sind geklärt, ebenso die Machtverhältnisse im Stadtrat, der aufgrund des Dreiklassenwahlrechts vom nationalliberalen Großbürgertum dominiert wird. Der Beginn des „Großen Krieges“ bringt auch hier zunächst Ausbrüche des Patriotismus hervor, die jedoch schnell überlagert werden von den unvermittelt auftretenden, nicht einkalkulierten Begleiterscheinungen, wie Arbeitslosigkeit, Auftragsmangel, Verkehrsproblemen, Rohstoffknappheit, Hamsterkäufen, Versorgungsengpässen und einer rasch ansteigenden Zahl von unterstützungsbedürftigen Familien. Der wachsenden Not kann für eine gewisse Zeit noch mit privaten und öffentlichen Mitteln begegnet werden, begleitet von vor allem aus dem Bildungsbürgertum heraus erzeugten propagandistischen Anstrengungen. Als die Erkenntnis reift, dass dieser Krieg wohl nicht siegreich bis Weihnachten 1914 beendet sein wird und man sich für längere Zeit auf ein Leben mit dem Mangel einstellen muss, entwickeln sich Strukturen und Mechanismen, die das Leben jedes Einzelnen grundlegend verändern. Den staatlichen Maßnahmen wie Höchstpreisen, Bewirtschaftung und Beschlagnahmen begegnet man mit Schleichhandel und Hamsterfahrten ins Umland – wenn man kann. Sonst bleibt nur stundenlanges, oft genug erfolgloses Anstehen an den – teilweise städtischen – Verkaufsstellen. Der Dürener Wirtschaft gelingt es in weiten Teilen erstaunlich gut, sich an die neuen Bedingungen und Erfordernisse anzupassen. Unternehmen wie die Dürener Metallwerke oder die Schießwollfabrik haben Hochkonjunktur, aber auch andere Firmen bis ins Handwerk hinein können ihre Produktion auf Rüstungsgüter umstellen. Dass dabei Fremd- und Zwangsarbeiter eingesetzt werden müssen, wird als unvermeidbar hingenommen. Insgesamt erfährt der Arbeitsmarkt in jenen Jahren eine grundlegende Veränderung. Nicht erst der sogenannte „Steckrübenwinter“ 1916/17 macht die gravierenden Auswirkungen des Mangels in allen Bereichen auf die Gesundheit der Bevölkerung deutlich. Besonders die Kinder tragen durch die unzureichende Kleidung und Ernährung bleibende Schäden davon, die Abwesenheit der Väter und die Überbeanspruchung der Mütter durch Berufstätigkeit und Haushalt führt in wachsendem Maße zu Verwahrlosung der Jugend. Nur einer geringen Zahl kann durch die Kinderlandverschickung eine Verbesserung ihres Allgemeinzustands ermöglicht werden. Mit dem englischen Flieger-Angriff auf die Stadt am 1. August 1918 ist auch Düren endgültig zum „Frontgebiet“ geworden. Längst schon ist der „Heldentod“ von Angehörigen traurige Alltagserscheinung, die Nachrichten von der Front über Feldpost oder Erzählungen von Urlaubern lassen kaum Hoffnung auf einen günstigen Ausgang des Krieges aufkommen. Nur ein letztes Aufbäumen symbolisiert da im Herbst 1918 das beste Dürener Ergebnis aller bisherigen Kriegsanleihen. Die „Spanische Grippe“ schließlich wirkt wie eine Strafe Gottes für das verwerfliche Tun aller Kriegsparteien.