From one of our most admired fiction writers: the searing story of breakdown and recovery in the life of one man and of a society moving from one idea of itself to another. Keith-born in England in the early 1960s to immigrant West Indian parents but primarily raised by his white stepmother-is a social worker heading a Race Equality unit in London whose life has come undone. He is separated from his wife of twenty years, kept at arm's length by his teenage son, estranged from his father, and accused of harassment by a coworker. And beneath it all, he has a desperate feeling that his work-even in fact his life-is no longer relevant. Deeply moving in its portrayal of the vagaries of family love and bold in its scrutiny of the personal politics of race, this is Caryl Phillips's most powerful novel yet.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2012Reggae statt Rassenhass
Caryl Phillips verschenkt ein großes Thema
London, Gegenwart, Affäre, Mittelschicht, Drama: So atemlos, so vielversprechend setzt Caryl Phillips' Roman "Jener Tag im Winter" ein. Keith Gordon, der Sohn eines karibischen Einwanderers und Angestellter im städtischen Gleichstellungsreferat, beendet ein amouröses Büro-Intermezzo mit einer deutlich zu jungen Kollegin mangels erkennbarer Zukunftsperspektive. Yvette, so heißt die Dame, rächt sich für die etwas zu nonchalant servierte Enttäuschung, indem sie den erotischen elektronischen Schriftverkehr mit Keith kurzerhand durch den Büro-Verteiler jagt.
Dummerweise ist Keith so etwas wie Yvettes unmittelbarer Vorgesetzter, und so ist schnell klar, wer die Zeche zu zahlen hat für die Folgen der unangemessenen Tändelei: Der Vorwurf sexueller Belästigung steht im Raum, und Keiths aufdringlich-kumpelhafter Chef Clive nötigt ihn, sich eine Auszeit zu nehmen, bis sich die Wogen geglättet haben oder aber das Problem Yvette diskret per Versetzung entsorgt werden kann. Keith, der es ohnehin satt hat, sich nebenher mit seiner getrenntlebenden Ehefrau um das Wohl des gemeinsamen Sohnes zu streiten, nimmt den Ball auf und beschließt, endlich sein Buch über karibische Musik zu schreiben. Reggae statt Rassenhass ist seine neue Devise, und so flüchtet er aus der Enge von Büro und Kolleginnenflirt, um sein Leben aufzuräumen und einen Neustart hinzulegen.
Ein rasanter Auftakt, mit dem uns der in Großbritannien bereits zu achtbarem Ruhm gelangte Autor Caryl Phillips, 1958 auf der Karibikinsel St. Kitts geboren und im Zivilstand Literaturprofessor in Yale, zu fassen versucht. Das Ganze wird sich aber leider allzu schnell als brüchig erweisen. Denn was soll man von einem Roman halten, dem schon nach einer Handvoll Seiten nichts Besseres einfällt, als seinen Leser aufs plumpeste zwischen die literarischen Laken zu locken? "Nachdem sie das Jackett abgestreift hat, überlässt sie es ihm, sich weiter auszuziehen", heißt es da über Yvettes und Keiths allwöchentlichen "Servicetermin".
Caryl Phillips verplaudert einen ganzen Strauß interessanter Themen und Ideen zugunsten nur mäßig interessanter Grübeleien über die Nöte alleinstehender Männer in den sogenannten besten Jahren. Man hat's nicht leicht mit den jungen Dingern heutzutage, so viel ist klar, und Keiths Bemühungen um Danuta, eine plötzlich aus dem narrativen Nichts aufgetauchte junge Polin, die vorgibt, in England Sprachen zu studieren, sich aber als Betrügerin herausstellt, sind denn auch absehbar zum Scheitern verurteilt: "Ihm ist klar, dass eine herablassende Behandlung der Preis ist, den ein älterer Mann gelegentlich dafür zahlen muss, von einer jungen Frau mit etwas Aufmerksamkeit beschenkt zu werden. Wenn er etwas aus seiner katastrophalen Beziehung zu Yvette mitgenommen hat, dann das."
Anrührend allerdings kann dieser Roman sein, wenn er es schafft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Am Ende muss Keiths sterbender Vater in einem inhaltlich packenden, aber erzählerisch unglaubwürdigen Monolog seine Lebensgeschichte und die Geschichte der karibischen Einwanderung im Schweinsgalopp durchhecheln, doch hier findet das Buch für einen Augenblick Thema und Stimme. Kaum hat der Vater seine Sätze gesprochen, lässt ihn der Autor sterben, und Keith Gordon wird nach London gerufen, damit er sich um seinen Tunichtgut von Sohn kümmern kann.
Das alles wirkt schließlich so angestrengt ausgedacht, so hilflos konstruiert, dass jeder Rest von Glaubwürdigkeit verlorengeht. Wie ausgestopft wirken die Figuren, und dagegen hilft weder das gehetzte Tempo noch der Hang zur treffenden Pointe. Es scheint, als könne sich der Roman einfach nicht entscheiden, was aus ihm werden soll. Während Keith noch vor sich hin ringt, biegt bereits das nächste persönliche Desaster um die Ecke, und zum großen Gesellschaftsroman vor reflektiertem Migrationshintergrund langt es auch nicht.
Als sich am Ende doch noch für Keith Hoffnung andeutet, sein zerfransendes Leben wieder in den Griff zu bekommen, ist man beinahe versöhnt mit dem Roman, doch dann sind sämtliche Gläser auf einmal leer, und das Buch hört einfach auf. Was bleibt, ist ein ärgerlich schaler Geschmack.
KLAUS BIRNSTIEL
Caryl Phillips: "Jener Tag im Winter". Roman.
Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2011. 362 S., geb., 21,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Caryl Phillips verschenkt ein großes Thema
London, Gegenwart, Affäre, Mittelschicht, Drama: So atemlos, so vielversprechend setzt Caryl Phillips' Roman "Jener Tag im Winter" ein. Keith Gordon, der Sohn eines karibischen Einwanderers und Angestellter im städtischen Gleichstellungsreferat, beendet ein amouröses Büro-Intermezzo mit einer deutlich zu jungen Kollegin mangels erkennbarer Zukunftsperspektive. Yvette, so heißt die Dame, rächt sich für die etwas zu nonchalant servierte Enttäuschung, indem sie den erotischen elektronischen Schriftverkehr mit Keith kurzerhand durch den Büro-Verteiler jagt.
Dummerweise ist Keith so etwas wie Yvettes unmittelbarer Vorgesetzter, und so ist schnell klar, wer die Zeche zu zahlen hat für die Folgen der unangemessenen Tändelei: Der Vorwurf sexueller Belästigung steht im Raum, und Keiths aufdringlich-kumpelhafter Chef Clive nötigt ihn, sich eine Auszeit zu nehmen, bis sich die Wogen geglättet haben oder aber das Problem Yvette diskret per Versetzung entsorgt werden kann. Keith, der es ohnehin satt hat, sich nebenher mit seiner getrenntlebenden Ehefrau um das Wohl des gemeinsamen Sohnes zu streiten, nimmt den Ball auf und beschließt, endlich sein Buch über karibische Musik zu schreiben. Reggae statt Rassenhass ist seine neue Devise, und so flüchtet er aus der Enge von Büro und Kolleginnenflirt, um sein Leben aufzuräumen und einen Neustart hinzulegen.
Ein rasanter Auftakt, mit dem uns der in Großbritannien bereits zu achtbarem Ruhm gelangte Autor Caryl Phillips, 1958 auf der Karibikinsel St. Kitts geboren und im Zivilstand Literaturprofessor in Yale, zu fassen versucht. Das Ganze wird sich aber leider allzu schnell als brüchig erweisen. Denn was soll man von einem Roman halten, dem schon nach einer Handvoll Seiten nichts Besseres einfällt, als seinen Leser aufs plumpeste zwischen die literarischen Laken zu locken? "Nachdem sie das Jackett abgestreift hat, überlässt sie es ihm, sich weiter auszuziehen", heißt es da über Yvettes und Keiths allwöchentlichen "Servicetermin".
Caryl Phillips verplaudert einen ganzen Strauß interessanter Themen und Ideen zugunsten nur mäßig interessanter Grübeleien über die Nöte alleinstehender Männer in den sogenannten besten Jahren. Man hat's nicht leicht mit den jungen Dingern heutzutage, so viel ist klar, und Keiths Bemühungen um Danuta, eine plötzlich aus dem narrativen Nichts aufgetauchte junge Polin, die vorgibt, in England Sprachen zu studieren, sich aber als Betrügerin herausstellt, sind denn auch absehbar zum Scheitern verurteilt: "Ihm ist klar, dass eine herablassende Behandlung der Preis ist, den ein älterer Mann gelegentlich dafür zahlen muss, von einer jungen Frau mit etwas Aufmerksamkeit beschenkt zu werden. Wenn er etwas aus seiner katastrophalen Beziehung zu Yvette mitgenommen hat, dann das."
Anrührend allerdings kann dieser Roman sein, wenn er es schafft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Am Ende muss Keiths sterbender Vater in einem inhaltlich packenden, aber erzählerisch unglaubwürdigen Monolog seine Lebensgeschichte und die Geschichte der karibischen Einwanderung im Schweinsgalopp durchhecheln, doch hier findet das Buch für einen Augenblick Thema und Stimme. Kaum hat der Vater seine Sätze gesprochen, lässt ihn der Autor sterben, und Keith Gordon wird nach London gerufen, damit er sich um seinen Tunichtgut von Sohn kümmern kann.
Das alles wirkt schließlich so angestrengt ausgedacht, so hilflos konstruiert, dass jeder Rest von Glaubwürdigkeit verlorengeht. Wie ausgestopft wirken die Figuren, und dagegen hilft weder das gehetzte Tempo noch der Hang zur treffenden Pointe. Es scheint, als könne sich der Roman einfach nicht entscheiden, was aus ihm werden soll. Während Keith noch vor sich hin ringt, biegt bereits das nächste persönliche Desaster um die Ecke, und zum großen Gesellschaftsroman vor reflektiertem Migrationshintergrund langt es auch nicht.
Als sich am Ende doch noch für Keith Hoffnung andeutet, sein zerfransendes Leben wieder in den Griff zu bekommen, ist man beinahe versöhnt mit dem Roman, doch dann sind sämtliche Gläser auf einmal leer, und das Buch hört einfach auf. Was bleibt, ist ein ärgerlich schaler Geschmack.
KLAUS BIRNSTIEL
Caryl Phillips: "Jener Tag im Winter". Roman.
Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2011. 362 S., geb., 21,99 [Euro].
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Impressive... The extended conclusion is expertly done; the sense of loss it conjures, lasting Stephanie Cross Daily Mail