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Ein Sohn besorgt auf Wunsch seiner Mutter Blumen für die Beerdigung der Geliebten seines Vaters, zwei Liebende sind gefangen in einem Leben ohne Wahlmöglichkeiten, schmerzhafte Kindheitserinnerungen werden geweckt, als ein junger Mann mit seinem Vater im Garten des zerstörten Hauses arbeitet ... Vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse im zerfallenden Ex-Jugoslawien handeln Simics Geschichten von Hoffnung und Enttäuschung, Treue und Verrat sowie der Unmöglichkeit, den anderen Menschen vollständig zu verstehen. Die CD zum Buch wurde eingelesen von Sasa Stanisic.'In was wir uns verlieben'…mehr

Produktbeschreibung
Ein Sohn besorgt auf Wunsch seiner Mutter Blumen für die Beerdigung der Geliebten seines Vaters, zwei Liebende sind gefangen in einem Leben ohne Wahlmöglichkeiten, schmerzhafte Kindheitserinnerungen werden geweckt, als ein junger Mann mit seinem Vater im Garten des zerstörten Hauses arbeitet ... Vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse im zerfallenden Ex-Jugoslawien handeln Simics Geschichten von Hoffnung und Enttäuschung, Treue und Verrat sowie der Unmöglichkeit, den anderen Menschen vollständig zu verstehen. Die CD zum Buch wurde eingelesen von Sasa Stanisic.'In was wir uns verlieben' wurde 2005 mit dem Jutarnji-List-Preis für das beste kroatische Prosawerk ausgezeichnet.
Autorenporträt
Roman Simic, Jahrgang 1972, war Redakteur der bedeutenden kroatischen Literaturzeitschrift Quorum und ist Organisator und Programmdirektor des renommierten Festival of the European Short Story. Zweimal erhielt er den Goran-Preis für junge Dichter. Seine Erzählungen wurden ins Französische, Spanische, Schwedische, Slowenische, Polnische, Bulgarische, Serbische, Litauische und Englische übersetzt. 2005 wurde ihm für 'In was wir uns verlieben' der Jutarnji-List-Preis für das beste kroatische Prosawerk verliehen. Roman Simic gilt als eine der bedeutendsten Stimmen der zeitgenössischen kroatischen Literatur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.02.2008

Karfreitag gibt's Karpfen

Liebe in Zeiten des Krieges: Der Kroate Roman Simic berichtet in seinem Erzählungsband von Frontkämpfen mit Kollateralschäden, lakonisch wie Raymond Carver.

Kroatien, du hast es besser - zumindest in Sachen Literatur. Das 4,5-Millionen-Einwohner-Land erlebt seit dem Krieg einen Literaturboom. Einige der Autoren sind sogar populärer als Popstars oder Fußballer. Unlängst wurde der bekannte Schriftsteller Zoran Feric, Jahrgang 1961 und Verfasser bizarrer und stets zynisch angehauchter Prosa, zum Mann des Jahres gewählt. Zur jüngeren Autorengeneration gehört der 1972 geborene Roman Simic. Auch er ist, vor allem als Veranstalter des European Short Story Festivals in Zagreb und früherer Redakteur der Literaturzeitschrift "Quorum", eine feste Größe im Literaturbetrieb. Nun liegt mit "In was wir uns verlieben" erstmals ein Buch von ihm auf Deutsch vor.

In den elf Erzählungen ist der Krieg immer da, obwohl er nie im Mittelpunkt steht. Eher gehört er zu den Realien des Lebens wie anderswo ein Haus, ein Baum oder ein Auto. Mit ostentativer Beiläufigkeit wird erwähnt, dass sich am Straßenrand Minenfelder befinden, die Spuren von Granateinschlägen noch sichtbar sind und Menschen Pistolen besitzen. Simic vermeidet es, eine Kausalität zwischen dem Krieg und den "Kollateralschäden", die dieser womöglich in den Seelen hinterlassen hat, herzustellen. Und doch scheint er die große Leerstelle zu sein, um den diese Texte mit ihren Desorientierten, Entwurzelten und Gescheiterten beharrlich kreisen.

Es wird ein bisschen gekifft, ziemlich viel gesoffen und noch mehr gekotzt in diesen Geschichten. Beim Paarungsverhalten junger Kroaten aus prekären Verhältnissen gehen Liebe und Zerstörung hier oft Hand in Hand. In der Titelerzählung spürt ein junger Mann in der Straßenbahn den Hintern einer Frau an seinem, hat mit ihr um die Ecke schnellen Sex und lässt sich mit der Süchtigen auf eine Beziehung ein. Zwischendurch taucht sein Bruder "aus dem Krieg" auf, versteckt sich bei den beiden und verschwindet wieder. Nach einigen Exzessen geht das Paar erst einmal auseinander, aber zum Schluss gestehen sich die beiden doch wieder ihre Liebe. Auf andere Art aus der Welt gefallen ist ein Pärchen, das von einer Abtreibung in Zagreb in den Heimatort zurückfährt. Die Verwandten hat man in dem Glauben gelassen, man sei bei Tudjmans Beerdigung gewesen. Während auch bei diesen beiden die Liebe irgendwie zu überleben scheint, schafft es ein drittes Paar wohl nicht. Die Frau ist schwanger; er ist arbeitslos und will das Kind nicht. Zu allem Überfluss haben sie auch noch ihren todkranken Großvater in der Wohnung, einen ehemaligen Partisanen und KZ-Häftling, der den Geruch des nahen Tierkrematoriums kaum erträgt. Roman Simic, der Geburt und Tod, Werden und Vergehen gern motivisch verschränkt, lässt hier ausgerechnet die Schwangere den Karpfen für das Karfreitagsmahl erschlagen.

In anderen Texten scheint plötzlich Gewalt auf. Da sind eine Techno-Party, bei der ein harmloses Geräusch die Schrecken des Krieges wachruft, ein durchgeknallter Exsoldat und Alkoholiker, der seine Frau terrorisiert, und eine Sponti-Gang aus Hundehaltern, die sich betrinken und bei einer Spritztour ein Mädchen bedrohen. Diese Story prägt sich vor allem durch ihren galligen Humor ein.

Die meisten Erzählungen funktionieren als schnelle und lakonische Skizzen à la Raymond Carver - auf den schon der Buchtitel verweist. Gemächlich, aber nicht langatmig und frei von Knalleffekten ist die anrührende Erzählung "Der Geruch der Erde". Roko und sein Vater fahren in ihr vom Krieg verwüstetes Heimatdorf, um einem Freund beim Pflanzen zu helfen. Insgeheim hadert der junge Mann mit seinem Vater, weil er meint, dass dieser die verstorbene Mutter schlecht behandelt habe. Im verwaisten Dorf schaut sich der Sohn die Ruine des Elternhauses an; Erinnerungen an das Familienleben steigen in ihm hoch. Schließlich pflanzen Vater und Sohn gemeinsam Setzlinge, "streicheln" und "beklopfen" die Erde, "als wollten sie sie anspornen". Die Geschichte endet versöhnlich: "Mit seiner schmutzigen Hand, die nach Rokos Mutter roch, streichelte er über die Wangen seines Sohnes, und Roko begann zu weinen."

JUDITH LEISTER.

Roman Simic: "In was wir uns verlieben". Erzählungen. Aus dem Kroatischen übersetzt von Alida Bremer. Enthält eine Audio-CD mit der von Sasa Stanisic eingesprochenen Titelerzählung. Verlag Voland & Quist, Dresden 2007. 221 S., geb., 18,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Hier stellt sich ein Autor auf "Weltklasse"-Niveau vor, versichert der Rezensent Franz Haas. Der Schutzheilige dieses Erzählungsbands ist kein Geringerer als Raymond Carver, findet Haas, der allerdings sicherheitshalber auch noch Danilo Kis und Bruno Schulz als Vorbilder ins Spiel bringt. Was Roman Simics Texte vor allem auszeichnet, sei ihre täuschende Leichtigkeit. Um die Liebe geht es und am Rande durchaus auch um den Krieg - der kommt aber vor allem in Details und Nebensätzen vor, als unvermittelt und ohne weitere Ausführung erwähnter ausgebrannter Häuserblock zum Beispiel. "Beklemmend groß" ist, so Haas, die Erzählung "Die Zeit der Wunder", die eine schwangere Frau, einen Mann, der noch nicht Vater werden will und einen todkranken Großvater, der Buchenwald überlebt hat, zusammenbringt. Selbst in dieser Konstellation siege aber der "Witz". Der Rezensent resümiert: "Europäische Literatur im besten Sinn."

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