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Keine Familie ohne Familienbilder. Jedes zweite Foto ist ein Familienbild schnell betrachtet, sogleich vergessen. In diesem Ozean der Verwechselbarkeit tragen die Familienfotos von Arnold Odermatt eine eigene Handschrift: Seine Bilder sind an der Aufgeräumtheit, der klaren Ordnung und der abgeklärten Haltung der Personen zu erkennen, auch wenn es sich bei den Zivilisten nicht um Polizisten nach Feierabend, sondern um die eigene Familie handelt. Mit Im Dienst stand er seinem kleinen Polizei-Korps mit Werbung im besten Sinne zur Seite. In Zivil zeigt, wie das Polizistenleben aussieht, wenn der…mehr

Produktbeschreibung
Keine Familie ohne Familienbilder. Jedes zweite Foto ist ein Familienbild schnell betrachtet, sogleich vergessen. In diesem Ozean der Verwechselbarkeit tragen die Familienfotos von Arnold Odermatt eine eigene Handschrift: Seine Bilder sind an der Aufgeräumtheit, der klaren Ordnung und der abgeklärten Haltung der Personen zu erkennen, auch wenn es sich bei den Zivilisten nicht um Polizisten nach Feierabend, sondern um die eigene Familie handelt.
Mit Im Dienst stand er seinem kleinen Polizei-Korps mit Werbung im besten Sinne zur Seite. In Zivil zeigt, wie das Polizistenleben aussieht, wenn der Streifenwagen in der Garage parkt, das Funkgerät schweigt und die Uniform am Bügel hängt: In frischem Hemd und sauberer Bluse warten Gattin, Sohn und Tochter in der Stube oder im properen Garten auf die Aufnahme geduldig bis genervt, nicht anders als die Kollegen im Dienst, weil ein ordentliches Bild eben seine Zeit braucht. So entsteht ein eindrückliches Dokument über die Inszenierung eines Lebens in einer kleinen dörflichen Welt, wo der Feierabend eines Polizisten nicht privat, sondern zivil ist.
Autorenporträt
Arnold Odermatt wurde 1925 im Kanton Nidwalden in der Schweiz geboren. Von 1948 bis 1990 war er dort Polizist. Seine Fotografien wurden 2001 auf der Biennale in Venedig und später am Art Institute in Chicago und im Museum Winterthur gezeigt. Sein Werk wird seit 1993 von seinem Sohn, dem Filmund Theaterregisseur Urs Odermatt, publiziert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.03.2014

Die Familie als
Unfall, Drama und Idyll
Arnold Odermatt in einem grandiosen Bildband
Ein VW-Käfer, der auf dem Rücken liegt, hilflos, nun, hilflos eben wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt. Ein Mercedes, der sich brachial um eine Laterne gewickelt hat und jetzt so aussieht wie eine zerknitterte, aufgespießte Olive im Martini. Das sind die Bilder, die man im Kopf hat, wenn von Arnold Odermatt die Rede ist. Odermatt: Das ist der Polizist mit der Kamera. Eine Art Weegee der Schweiz, der in der Nachkriegszeit das fotografiert hat, was Weegee in den Vierzigerjahren in den USA als Polizeifunk-Pressefotografie etabliert hatte. Während aber Weegees Bilder brutal sind, schamlos nah, hart mit dem Blitz ausgeleuchtet, sind Odermatts Bilder respektvoll auf Abstand bedacht. Weegee ist immer ein Komplize und Zeuge der Tat, Odermatt aber ist der Sachverständige: ruhig, seriös, nüchtern.
  Während Weegee immer versuchte, der Polizei zuvorzukommen, war Odermatt selbst die Polizei. 1925 in Oberdorf, Kanton Nidwalden geboren, trat Arnold Odermatt 1948 in die Nidwaldener Polizei ein. Und wurde eher aus Verlegenheit und einer Neigung zur Akribie ein großer Fotograf. Vor allem die Verkehrsunfälle, zu denen er gerufen wurde, fotografierte er (mit einer Rolleiflex) – nicht im Dienste eines boulevardesken Voyeurismus, sondern aus Gründen des Protokolls. Nicht so sehr am Drama, sondern eher am Verstehen interessiert. Und doch – oder eben deshalb: wurde daraus eine Kunst. Die Kunst, genau hinzuschauen. Im Jahr 2001 wurden seine so eigensinnigen wie präzisen Bildarbeiten von Harald Szeemann für die 49. Kunstbiennale in Venedig ausgewählt. Der Polizist, der ein Fotograf war, wurde bekannt als Fotograf, der ein Polizist war. Die Bilder gingen um die Welt.
  Der Reiz des soeben bei Steidl von Sohn Urs herausgegebenen, sorgfältig zusammengestellten Bildbandes „Arnold Odermatt – In zivil“ liegt nun darin, einen ganz anderen Odermatt zu zeigen: den Privatmann in zivil. Den Vater, Skiläufer, Vespafahrer, Urlauber – und grandios normalen Familienmenschen. In einem uniformierten Dasein – auch ohne Uniform. Über die Jahre sind Bilder der Familie entstanden, die auch Bilder einer Ära sind. Da ist die Nachkriegszeit, und da sind die Träume von den Reisen, der Stolz auf das neue Auto, der Sohn vor dem Gipfelkreuz, das Schwesterchen mit Hund, dann, 1970 (unser Bild) der Ausbruch aus dem Schweizer Dorfleben – auf nach San Diego. Mit Hawaiihemd und Ford Mustang. Auch das: eine Art Uniform-Sehnsucht der Zeit. Bis heute. Grauenhaft. Und so schön. Man könnte heulen. Wenn man Unfälle sieht. Und wenn man alte Familienbilder sieht, auch.
GERHARD MATZIG
Urs Odermatt(Hrsg.): In zivil. Fotografien von Arnold Odermatt. Steidl Verlag, Göttingen 2014. 360 Seiten, 65 Euro.
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