Sie führen ein hartes Leben, ohne Strom und fließendes Wasser, zwischen Dornen, Gestrüpp und Sand mitten in der Wüste. Und doch besitzen die Frauen, denen der Fotograf Hans Silvester auf seiner Reise in den Norden Indiens begegnete, eine Anmut und Gelassenheit, die für Westeuropäer unerreichbar scheint. In ausdrucksstarken Bildern und einem einfühlsamen Text bringen uns Hans Silvester und Catherine Clement den Zauber und die Schönheit der Wüstenfrauen nahe.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.06.2002BÜCHER FÜR DIE REISE
Die Wasserträgerinnen
Ein Bildband ist den Frauen der Wüste Thar gewidmet
Den Frauen gehört die Wüste Thar. Offiziell mag das vielleicht niemand so gerne hören in diesem kargen Landstrich zwischen Indien und Pakistan. Aber die Frauen bestimmen nun einmal den Alltag der Dorfgemeinschaft. Sie gebären die Kinder, ernähren die Familie und sorgen somit für den Fortbestand. Deshalb hat der deutsche Fotograf Hans Silvester die Frauen in den Mittelpunkt seiner Bilder gestellt – Momentaufnamen aus einer der heißesten Regionen der Erde: Frauen, die weben, Brennholz sammeln, ihr Haus bauen und bemalen. Sie sind es auch, die – oft bei mehr als 50 Grad – kilometerweit das lebenswichtige Wasser auf dem Kopf herbeischleppen und von weitem wie bunte Farbkleckse in der Wüste aussehen.
Männer spielen in diesem Alltag nur eine Nebenrolle. Sie kümmern sich lediglich um das Vieh und kochen an hohen Festtagen das Essen. Und wenn sie tanzen möchten, verkleiden sie sich mit farbenfrohen Tüchern als Frauen. Harmonisch und friedlich schien dem Fotografen das Leben zu sein, das jedenfalls strahlen seine Bilder aus.
Der Geo-Fotograf Silvester hat eine Zeit lang in einigen Dörfern dieser Wüste gelebt und dadurch vieles über den Alltag und die Bräuche erfahren. Seine Fotos sind handwerklich perfekt, gleichzeitig unmittelbar und manchmal fast liebevoll. Der Betrachter fühlt sich als Teilnehmer des Geschehens, ohne sich dabei wie ein Eindringling oder Voyeur vorzukommen. Schön ist auch, dass die Bilder für sich stehen können und nicht durch den Zwang zu beliebigen Untertitel entwertet werden.
Allerdings hätte sich der Verlag das Vorwort sparen können, auch wenn es von der französischen Bestseller-Autorin Catherine Clément stammt. Cléments einleitende Worte lenken eher ab von der Gelassenheit der Fotografien. Sie tragen wenig zur Erklärung der Bilder bei, sondern verlieren sich gelegentlich sogar im Esoterischen. Dem Buch schadet das jedoch nicht, denn die Bilder machen die Schwammigkeit des Kommentars wieder wett. Neben solchen Fotografien kann ein Text ohnehin nur eine Nebenrolle spielen.
Karin Kails
HANS SILVESTER, CATHERINE CLÉMENT: Indien. Die Frauen der Wüste Thar, C. J.Bucher, München, 2001, 230Seiten, 45Euro.
Farbe für die Wüste Thar: Mit ihren bunten Gewändern scheinen sich die Frauen gegen die monochrome Monotonie des Wüstensands behaupten zu wollen.
Foto: Hans Silvester/Bucher
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Die Wasserträgerinnen
Ein Bildband ist den Frauen der Wüste Thar gewidmet
Den Frauen gehört die Wüste Thar. Offiziell mag das vielleicht niemand so gerne hören in diesem kargen Landstrich zwischen Indien und Pakistan. Aber die Frauen bestimmen nun einmal den Alltag der Dorfgemeinschaft. Sie gebären die Kinder, ernähren die Familie und sorgen somit für den Fortbestand. Deshalb hat der deutsche Fotograf Hans Silvester die Frauen in den Mittelpunkt seiner Bilder gestellt – Momentaufnamen aus einer der heißesten Regionen der Erde: Frauen, die weben, Brennholz sammeln, ihr Haus bauen und bemalen. Sie sind es auch, die – oft bei mehr als 50 Grad – kilometerweit das lebenswichtige Wasser auf dem Kopf herbeischleppen und von weitem wie bunte Farbkleckse in der Wüste aussehen.
Männer spielen in diesem Alltag nur eine Nebenrolle. Sie kümmern sich lediglich um das Vieh und kochen an hohen Festtagen das Essen. Und wenn sie tanzen möchten, verkleiden sie sich mit farbenfrohen Tüchern als Frauen. Harmonisch und friedlich schien dem Fotografen das Leben zu sein, das jedenfalls strahlen seine Bilder aus.
Der Geo-Fotograf Silvester hat eine Zeit lang in einigen Dörfern dieser Wüste gelebt und dadurch vieles über den Alltag und die Bräuche erfahren. Seine Fotos sind handwerklich perfekt, gleichzeitig unmittelbar und manchmal fast liebevoll. Der Betrachter fühlt sich als Teilnehmer des Geschehens, ohne sich dabei wie ein Eindringling oder Voyeur vorzukommen. Schön ist auch, dass die Bilder für sich stehen können und nicht durch den Zwang zu beliebigen Untertitel entwertet werden.
Allerdings hätte sich der Verlag das Vorwort sparen können, auch wenn es von der französischen Bestseller-Autorin Catherine Clément stammt. Cléments einleitende Worte lenken eher ab von der Gelassenheit der Fotografien. Sie tragen wenig zur Erklärung der Bilder bei, sondern verlieren sich gelegentlich sogar im Esoterischen. Dem Buch schadet das jedoch nicht, denn die Bilder machen die Schwammigkeit des Kommentars wieder wett. Neben solchen Fotografien kann ein Text ohnehin nur eine Nebenrolle spielen.
Karin Kails
HANS SILVESTER, CATHERINE CLÉMENT: Indien. Die Frauen der Wüste Thar, C. J.Bucher, München, 2001, 230Seiten, 45Euro.
Farbe für die Wüste Thar: Mit ihren bunten Gewändern scheinen sich die Frauen gegen die monochrome Monotonie des Wüstensands behaupten zu wollen.
Foto: Hans Silvester/Bucher
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