Zwischen den reichhaltigen Lamm- und Geflügelspezialitäten aus der nordindischen Mogulküche und den leichten, raffiniert-scharfen Currys aus dem Süden gibt es für Genießer viele Köstlichkeiten zu entdecken. Vor allem auch für Vegetarier ist Indien mit seinen abwechslungsreichen Gemüsegerichten ein wahres Schlaraffenland. Gemeinsam ist allen indischen Küchen die Freude am Spiel mit den Gewürzen, ja in deren ausgewogenen Anwendung zeigt sich, wer sein Küchenhandwerk wirklich beherrscht! Julie Sahni hat für diesen Band die besten 140 Rezepte ausgewählt, die sie Freunden, Verwandten oder professionellen Köchen abgeschaut hat. Außerdem erfährt man in 30 Essays viel über die Kochtraditionen, lokalen Produkte und Bräuche zwischen Straßenmärkten, Maharaja-Palästen und Palmenhainen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2002Würzen mit Sachverstand
Indische Rezepte sind eine Mischung aus Askese und Hemmungslosigkeit. Für eine Hauptspeise braucht man oft nichts weiter als ein bißchen Kichererbsenmehl oder ein paar Maiskörner, vielleicht auch anderthalb mittelgroße Kochbananen und an Festtagen ein kleines Huhn. Was man allerdings sonst noch braucht - und zwar in rauhen Mengen -, liest sich wie die Inventarliste eines Gewürzgroßhändlers: Kreuzkümmel, Kardamom, Koriander, Kurkumapulver, Cayennepfeffer, Curry und Chilischoten, auch Zimt, Minze, Ajowan, Ingwer, Senfsamen und Safranfäden. Kaum eine Überraschung darunter; so kennt man die indische Küche - und hatte doch bisher keine Ahnung davon, daß die meisten dieser Gewürze ursprünglich gar nicht auf dem Subkontinent wuchsen, sondern erst im Laufe der Jahrhunderte dort heimisch wurden. Dieses und mehr lernt man aus diesem opulenten Kochbilderbuch, das mit überaus appetitlichen Fotos der Gerichte und des Lands illustriert ist. Die Autorin - Inderin, Gewürzfabrikantin, Ernährungswissenschaftlerin und Kochschuldozentin - erklärt, warum man nicht nur in Indien Brautpaare mit Reis bewirft, weshalb indische Mädchen als Mitgift Gewürzdosen bekommen, wie viele Fäden man aus Safrankrokussen zupfen muß, um ein Gramm des teuersten Gewürzes der Welt zu bekommen, und worin das Geheimnis des Tandoori-Ofens besteht - es ist das gleichzeitige Grillen, Garen und Räuchern. Am spannendsten aber sind die meist fleischlosen Rezepte, wobei der fleischfressende Abendländer nur über den Einfallsreichtum der achthundert Millionen indischen Vegetarier staunen und abermals viel lernen kann; zum Beispiel daß die orthodoxen Jains wegen des absoluten Tötungsverbots ihre Linsen in Rizinusöl aufbewahren, damit sie nicht aus Versehen ein Insekt mitessen. Und daß andere Strenggläubige keinen Knoblauch mögen, weil er sie an einen Menschenkopf erinnert. Welch schrecklicher Gedanke - auf Knoblauch verzichten zu müssen.
str.
"Indien - Rezepte und kulinarische Notizen" von Julie Sahni (Text) sowie Andre Martin und Michael Freeman (Fotografien). Erschienen in der Reihe "Genießer unterwegs". Christian Verlag, München 2002. 256 Seiten, zahlreiche Farbfotografien. Gebunden, 36 Euro. ISBN 3-88472-513-0.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Indische Rezepte sind eine Mischung aus Askese und Hemmungslosigkeit. Für eine Hauptspeise braucht man oft nichts weiter als ein bißchen Kichererbsenmehl oder ein paar Maiskörner, vielleicht auch anderthalb mittelgroße Kochbananen und an Festtagen ein kleines Huhn. Was man allerdings sonst noch braucht - und zwar in rauhen Mengen -, liest sich wie die Inventarliste eines Gewürzgroßhändlers: Kreuzkümmel, Kardamom, Koriander, Kurkumapulver, Cayennepfeffer, Curry und Chilischoten, auch Zimt, Minze, Ajowan, Ingwer, Senfsamen und Safranfäden. Kaum eine Überraschung darunter; so kennt man die indische Küche - und hatte doch bisher keine Ahnung davon, daß die meisten dieser Gewürze ursprünglich gar nicht auf dem Subkontinent wuchsen, sondern erst im Laufe der Jahrhunderte dort heimisch wurden. Dieses und mehr lernt man aus diesem opulenten Kochbilderbuch, das mit überaus appetitlichen Fotos der Gerichte und des Lands illustriert ist. Die Autorin - Inderin, Gewürzfabrikantin, Ernährungswissenschaftlerin und Kochschuldozentin - erklärt, warum man nicht nur in Indien Brautpaare mit Reis bewirft, weshalb indische Mädchen als Mitgift Gewürzdosen bekommen, wie viele Fäden man aus Safrankrokussen zupfen muß, um ein Gramm des teuersten Gewürzes der Welt zu bekommen, und worin das Geheimnis des Tandoori-Ofens besteht - es ist das gleichzeitige Grillen, Garen und Räuchern. Am spannendsten aber sind die meist fleischlosen Rezepte, wobei der fleischfressende Abendländer nur über den Einfallsreichtum der achthundert Millionen indischen Vegetarier staunen und abermals viel lernen kann; zum Beispiel daß die orthodoxen Jains wegen des absoluten Tötungsverbots ihre Linsen in Rizinusöl aufbewahren, damit sie nicht aus Versehen ein Insekt mitessen. Und daß andere Strenggläubige keinen Knoblauch mögen, weil er sie an einen Menschenkopf erinnert. Welch schrecklicher Gedanke - auf Knoblauch verzichten zu müssen.
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"Indien - Rezepte und kulinarische Notizen" von Julie Sahni (Text) sowie Andre Martin und Michael Freeman (Fotografien). Erschienen in der Reihe "Genießer unterwegs". Christian Verlag, München 2002. 256 Seiten, zahlreiche Farbfotografien. Gebunden, 36 Euro. ISBN 3-88472-513-0.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Als "opulent" beschreibt eine mit "str." kürzelnde Rezensentin dieses mit "überaus appetitlichen Fotos" bebilderte Kochbuch. Die Autorin sei Inderin, Gewürzfabrikantin, Ernährungswissenschaftlerin und Kochschuldozentin in Personalunion und erklärt, wie man lesen kann, die unterschiedlichsten Dinge, die mit Indien und seiner Küche zu tun haben. Am spannendsten fand die Rezensentin die "meist fleischlosen Rezepte", "wobei der fleischfressende Abendländer nur über den Einfallsreichtum der achthundert Millionen indischen Vegetarier staunen und abermals viel lernen kann".
© Perlentaucher Medien GmbH
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