Was passieren kann, wenn man sein Fernziel aus den Augen verliert - Dann nämlich schnappen die als Belanglosigkeiten getarnten Fallen des Alltags plötzlich zu.
Eigentlich sollte es die lang ersehnte Reise in den fernen Osten werden: mit dem Motorrad nach Indien. Doch schon unweit seiner Heimat bleibt der Held aus Magnus Mills neuem Roman hängen - auf einem Campingplatz im Nordosten Englands, malerisch an einem See gelegen, fernab jeglichen Weltgeschehens.
Die Abreise verzögert sich, der Herbst bricht herein, der namenlose Camper bleibt als letzter Gast zurück. Mr. Parker, der Platzbesitzer, bietet ihm an, gegen kleinere Aushilfsarbeiten noch ein paar Tage kostenlos zu bleiben. Warum auch nicht, zur großen Reise aufbrechen kann man ja immer noch. Da wäre erst einmal ein Tor zu streichen. Und ein paar Boote. Aber warum alles in Grün? Planken müssen zersägt, die Hausaufgaben von Mr. Parkers reizender Tochter erledigt, losgerissene Boote zurückgerudert werden. Und irgwie geht jeder davon aus, dass der Urlauber eines Tages das Milchausfahren übernimmt. Das Lieblingsbier ist zwar alle, aber immerhin klappt die Versorgung mit Baked Beans, und die Dartmannschaft im örtlichen Pub braucht Verstärkung; fast schon gehört er ein bisschen zur dörflichen Gemeinschaft. Aber was steckt hinter dem seltsamen Benehmen der Dorfbewohner?
Magnus Mills erweist sich auch in seinem zweiten Roman als ein Meister der Lakonik, des Grotesken, verquerer und gewitzter Dialoge und als Erzähler folgenreicher Ungeschicklichkeiten.
Eigentlich sollte es die lang ersehnte Reise in den fernen Osten werden: mit dem Motorrad nach Indien. Doch schon unweit seiner Heimat bleibt der Held aus Magnus Mills neuem Roman hängen - auf einem Campingplatz im Nordosten Englands, malerisch an einem See gelegen, fernab jeglichen Weltgeschehens.
Die Abreise verzögert sich, der Herbst bricht herein, der namenlose Camper bleibt als letzter Gast zurück. Mr. Parker, der Platzbesitzer, bietet ihm an, gegen kleinere Aushilfsarbeiten noch ein paar Tage kostenlos zu bleiben. Warum auch nicht, zur großen Reise aufbrechen kann man ja immer noch. Da wäre erst einmal ein Tor zu streichen. Und ein paar Boote. Aber warum alles in Grün? Planken müssen zersägt, die Hausaufgaben von Mr. Parkers reizender Tochter erledigt, losgerissene Boote zurückgerudert werden. Und irgwie geht jeder davon aus, dass der Urlauber eines Tages das Milchausfahren übernimmt. Das Lieblingsbier ist zwar alle, aber immerhin klappt die Versorgung mit Baked Beans, und die Dartmannschaft im örtlichen Pub braucht Verstärkung; fast schon gehört er ein bisschen zur dörflichen Gemeinschaft. Aber was steckt hinter dem seltsamen Benehmen der Dorfbewohner?
Magnus Mills erweist sich auch in seinem zweiten Roman als ein Meister der Lakonik, des Grotesken, verquerer und gewitzter Dialoge und als Erzähler folgenreicher Ungeschicklichkeiten.
Indien muss warten
Der namenlose Erzähler wollte eigentlich mit dem Motorrad auf dem Landweg nach Indien fahren. Ja - "Das war der Plan". Nur eine Woche noch möchte der Protagonist in Magnus Mills neuem Roman auf dem Campingplatz an einem See im Nordwesten Englands bleiben, bevor er am Ende des Sommers zum großen Abenteuer seines Lebens aufbricht.
Natürlich will er nicht "nein" sagen, als ihn der Campingplatzbesitzer Tommy Parker kurz vor seinem Aufbruch nach Indien bittet, das Tor zu streichen. Als Gegenleistung soll ihm der Rest der Platzmiete erlassen werden.
Jedoch bleibt es nicht bei dieser einen Gefälligkeit. Ehe sich unser gutmütiger, ja bisweilen naiver Erzähler umschaut, werden ihm von Parker eine Reihe von Gelegenheitsjobs übertragen, so dass er beschließt, vorläufig zu bleiben und erst an Weihnachten - nach Erledigung der Jobs - nach Osten aufzubrechen. Aber nach und nach scheint seine Präsenz immer unabdingbarer, aber auch selbstverständlicher zu werden. Nicht nur Parker hat immer wieder neue Aushilfsjobs für ihn, nein - bald muss er auch für dessen Tochter die Hausaufgaben erledigen, und die Dartmannschaft im örtlichen Pub braucht auch Verstärkung. Immer mehr und mehr wird er in die Abhängigkeiten dieser seltsamen Dorfgemeinschaft gezogen. Bis er schließlich auch noch das Milchausfahren übernimmt, nachdem Deakin - der Milchmann - auf geradezu groteske Art und Weise im See ertrinkt. Nun scheint die Falle zugeschnappt zu sein. Indien muss warten...
Mills - ein Meister des Grotesken
Mills konfrontiert in seinem Roman nicht nur den namenlosen Ich-Erzähler, sondern auch den Leser mit den absurden, grotesken Angewohnheiten der sehr seltsamen, komisch, aber auch unberechenbar wirkenden Dorfbewohner. Gerade in den Dialogen, die vordergründig eher belanglos wirken, an hintergründigem Humor aber kaum zu übertreffen sind, zeigt sich das Können von Mills.
Kein Wunder also, dass es auch den Leser in dieser Atmosphäre zwischen Komik und Schauder nicht nach Indien zieht. (Wibke Garbarukow)
Der namenlose Erzähler wollte eigentlich mit dem Motorrad auf dem Landweg nach Indien fahren. Ja - "Das war der Plan". Nur eine Woche noch möchte der Protagonist in Magnus Mills neuem Roman auf dem Campingplatz an einem See im Nordwesten Englands bleiben, bevor er am Ende des Sommers zum großen Abenteuer seines Lebens aufbricht.
Natürlich will er nicht "nein" sagen, als ihn der Campingplatzbesitzer Tommy Parker kurz vor seinem Aufbruch nach Indien bittet, das Tor zu streichen. Als Gegenleistung soll ihm der Rest der Platzmiete erlassen werden.
Jedoch bleibt es nicht bei dieser einen Gefälligkeit. Ehe sich unser gutmütiger, ja bisweilen naiver Erzähler umschaut, werden ihm von Parker eine Reihe von Gelegenheitsjobs übertragen, so dass er beschließt, vorläufig zu bleiben und erst an Weihnachten - nach Erledigung der Jobs - nach Osten aufzubrechen. Aber nach und nach scheint seine Präsenz immer unabdingbarer, aber auch selbstverständlicher zu werden. Nicht nur Parker hat immer wieder neue Aushilfsjobs für ihn, nein - bald muss er auch für dessen Tochter die Hausaufgaben erledigen, und die Dartmannschaft im örtlichen Pub braucht auch Verstärkung. Immer mehr und mehr wird er in die Abhängigkeiten dieser seltsamen Dorfgemeinschaft gezogen. Bis er schließlich auch noch das Milchausfahren übernimmt, nachdem Deakin - der Milchmann - auf geradezu groteske Art und Weise im See ertrinkt. Nun scheint die Falle zugeschnappt zu sein. Indien muss warten...
Mills - ein Meister des Grotesken
Mills konfrontiert in seinem Roman nicht nur den namenlosen Ich-Erzähler, sondern auch den Leser mit den absurden, grotesken Angewohnheiten der sehr seltsamen, komisch, aber auch unberechenbar wirkenden Dorfbewohner. Gerade in den Dialogen, die vordergründig eher belanglos wirken, an hintergründigem Humor aber kaum zu übertreffen sind, zeigt sich das Können von Mills.
Kein Wunder also, dass es auch den Leser in dieser Atmosphäre zwischen Komik und Schauder nicht nach Indien zieht. (Wibke Garbarukow)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.2002Ein Jahr mit Pappkrone
Easy Rider als Packesel: Der neue Roman von Magnus Mills
Ein junger Mann hat einen Sommer lang in der Fabrik geschuftet, um sich eine Indienreise zu finanzieren. Doch als der Job erledigt ist, fährt er mit seinem Motorrad erst einmal zum Campen ins Seengebiet an der englisch-schottischen Grenze. Der Umweg offenbart den Charakter: Wir haben es in Magnus Mills' zweitem Roman "Indien kann warten" mit einem Verzögerungskünstler zu tun. Kam Laurence Sternes Held in "A Sentimental Journey" auf seiner großen Kavalierstour immerhin noch bis Calais, so bewegt sich Mills' abenteuerscheuer Protagonist von vornherein in die entgegengesetzte Richtung. Beim Zelten verpaßt er das Ende der Saison und findet sich eines Morgens als letzter Urlauber auf einer leergefegten Wiese wieder.
Seine Saumseligkeit empfiehlt ihn als Opfer: Diesem Abenteurer fehlt nicht nur eine unverzichtbare Portion Willenskraft, sondern auch der Instinkt, der alle anderen vor dem ersten Regen flüchten läßt. Das bleibt Mister Parker, dem Campingplatzbetreiber, nicht lange verborgen. Er ist, was man im Englischen einen "Jack of all trades" nennt, ein Mann, der nichts wegwirft und mit allem Geld macht. Nach wenigen Worten hat Mills' entschlußarmer Held schon den ersten Job von Parker übernommen. Und sobald er zum Pinsel greift, mit dem ein abblätterndes Gatter grün gestrichen werden soll, begibt er sich in eine Abhängigkeitsspirale, aus der er nicht mehr entkommt. Nach der Toreinfahrt streicht er die Kähne in Parkers Bootsverleih, baut einen neuen Anlegesteg, gießt einen Anker aus Beton, läßt sich als Kreissägenspezialist samt Säge vermieten, übernimmt die Schulaufgaben für die Tochter seines zahlungsunlustigen Chefs und macht sich als Spieler in der lokalen Darts-Mannschaft nützlich. Es gibt praktisch keine noch so ausgefallene Bitte, die der lammfromme, seine Geschicke selbst erzählende Protagonist dieses Slapstickromans ablehnen würde, und so wundert es nicht, daß aus Parkers Bitten bald Befehle werden. Mills entdeckt die britische Version des autoritären Charakters, ein Wesen, das nicht nein zu sagen versteht und jedweder Zumutung aus purer Konfliktscheu einen Reiz abzugewinnen trachtet, einen Leibeigenen des dritten Jahrtausends, der nicht nach Indien zu fahren braucht, um die Paria-Existenz aus größter Nähe zu studieren.
Was dem Roman seine wahnwitzige Komik verleiht, ist der lakonische Ton, in dem die schleichende Verwandlung eines coolen Typs in einen hoffnungslosen Trottel erzählt wird. Die Dialoge, durch die sich Mills' Indienfahrer immer tiefer in die Provinzexistenz verstrickt, sind nach dem Muster amerikanischer Short-Stories, Krimis oder Western gebildet. Es handelt sich um klassische Männergespräche, einsilbig, schnörkellos, sachbezogen und - zumindest seitens des Helden - von der fraglosen Großzügigkeit getragen, die zum Ethos einer Welt ohne Frauen gehört. Verletzungen des dörflichen Ehrenkodexes, die dem Protagonisten unterlaufen, werden nicht diskutiert, sondern - dämonischer - durch kollektiven Liebesentzug geahndet. Überhaupt spielt Mills mit den literarischen Tricks der Novelle, läßt die Spannung im Maße der Begriffsstutzigkeit seines Helden steigen, erzeugt eine schwüle, an Hofmannsthals Psychosymbolik erinnernde Atmosphäre und trumpft sogar mit einer unerhörten Begebenheit auf, die unter diesem von Hemmungen und sturen Egoismen bestimmten Hinterwäldlertum auf groteske Weise verpufft.
Mit bravourös gezügelter Rhetorik liefert Magnus Mills eine Farce auf die Easy-Rider-Romantik und alles, was an Freiheitsphantasien mit ihr einhergehen mag. Sein Motorbike-Jünger ist ein unbeschriebenes Blatt ohne Namen und Geschichte, der beim geringsten Druck einknickt, ein Packesel, der im örtlichen Pub namens "Packhorse" von einer skurrilen Landbevölkerung diszipliniert wird, die nie auch nur einen Wimpernschlag auf den Traum vom fernen Indien verschwendet hat. Daß der eine ein ganzes Jahr lang mit einer Pappkrone herumläuft, der andere seine Weihnachtstannenschonung zum Schutz vor Vögeln mit giftigen Chemikalien besprüht und alle durch die Bank dem Geldverkehr einen archaischen Naturalienhandel vorziehen, ändert nichts daran: Mills' Dorfwelt repräsentiert eine erstaunlich komplexe, durch ein Labyrinth der Verbote und Pflichten geprägte Zivilisation, die jedes Ethnologenherz höher schlagen ließe. Unter ihren schlitzäugigen Wortführern und berechnenden Machern erscheint der vorurteilslose Besucher, dem mit seinem Motorrad die Insignie moderner Grenzenlosigkeit beigegeben ist, als der einzige Naive. Es geschieht ihm ganz recht, daß Parker ihn gegen Schluß in einem zirkusreifen Kuhhandel sauber von seinem fahrbaren Untersatz trennt.
Magnus Mills: "Indien kann warten". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Katharina Böhmer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 229 S., geb., 18,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Easy Rider als Packesel: Der neue Roman von Magnus Mills
Ein junger Mann hat einen Sommer lang in der Fabrik geschuftet, um sich eine Indienreise zu finanzieren. Doch als der Job erledigt ist, fährt er mit seinem Motorrad erst einmal zum Campen ins Seengebiet an der englisch-schottischen Grenze. Der Umweg offenbart den Charakter: Wir haben es in Magnus Mills' zweitem Roman "Indien kann warten" mit einem Verzögerungskünstler zu tun. Kam Laurence Sternes Held in "A Sentimental Journey" auf seiner großen Kavalierstour immerhin noch bis Calais, so bewegt sich Mills' abenteuerscheuer Protagonist von vornherein in die entgegengesetzte Richtung. Beim Zelten verpaßt er das Ende der Saison und findet sich eines Morgens als letzter Urlauber auf einer leergefegten Wiese wieder.
Seine Saumseligkeit empfiehlt ihn als Opfer: Diesem Abenteurer fehlt nicht nur eine unverzichtbare Portion Willenskraft, sondern auch der Instinkt, der alle anderen vor dem ersten Regen flüchten läßt. Das bleibt Mister Parker, dem Campingplatzbetreiber, nicht lange verborgen. Er ist, was man im Englischen einen "Jack of all trades" nennt, ein Mann, der nichts wegwirft und mit allem Geld macht. Nach wenigen Worten hat Mills' entschlußarmer Held schon den ersten Job von Parker übernommen. Und sobald er zum Pinsel greift, mit dem ein abblätterndes Gatter grün gestrichen werden soll, begibt er sich in eine Abhängigkeitsspirale, aus der er nicht mehr entkommt. Nach der Toreinfahrt streicht er die Kähne in Parkers Bootsverleih, baut einen neuen Anlegesteg, gießt einen Anker aus Beton, läßt sich als Kreissägenspezialist samt Säge vermieten, übernimmt die Schulaufgaben für die Tochter seines zahlungsunlustigen Chefs und macht sich als Spieler in der lokalen Darts-Mannschaft nützlich. Es gibt praktisch keine noch so ausgefallene Bitte, die der lammfromme, seine Geschicke selbst erzählende Protagonist dieses Slapstickromans ablehnen würde, und so wundert es nicht, daß aus Parkers Bitten bald Befehle werden. Mills entdeckt die britische Version des autoritären Charakters, ein Wesen, das nicht nein zu sagen versteht und jedweder Zumutung aus purer Konfliktscheu einen Reiz abzugewinnen trachtet, einen Leibeigenen des dritten Jahrtausends, der nicht nach Indien zu fahren braucht, um die Paria-Existenz aus größter Nähe zu studieren.
Was dem Roman seine wahnwitzige Komik verleiht, ist der lakonische Ton, in dem die schleichende Verwandlung eines coolen Typs in einen hoffnungslosen Trottel erzählt wird. Die Dialoge, durch die sich Mills' Indienfahrer immer tiefer in die Provinzexistenz verstrickt, sind nach dem Muster amerikanischer Short-Stories, Krimis oder Western gebildet. Es handelt sich um klassische Männergespräche, einsilbig, schnörkellos, sachbezogen und - zumindest seitens des Helden - von der fraglosen Großzügigkeit getragen, die zum Ethos einer Welt ohne Frauen gehört. Verletzungen des dörflichen Ehrenkodexes, die dem Protagonisten unterlaufen, werden nicht diskutiert, sondern - dämonischer - durch kollektiven Liebesentzug geahndet. Überhaupt spielt Mills mit den literarischen Tricks der Novelle, läßt die Spannung im Maße der Begriffsstutzigkeit seines Helden steigen, erzeugt eine schwüle, an Hofmannsthals Psychosymbolik erinnernde Atmosphäre und trumpft sogar mit einer unerhörten Begebenheit auf, die unter diesem von Hemmungen und sturen Egoismen bestimmten Hinterwäldlertum auf groteske Weise verpufft.
Mit bravourös gezügelter Rhetorik liefert Magnus Mills eine Farce auf die Easy-Rider-Romantik und alles, was an Freiheitsphantasien mit ihr einhergehen mag. Sein Motorbike-Jünger ist ein unbeschriebenes Blatt ohne Namen und Geschichte, der beim geringsten Druck einknickt, ein Packesel, der im örtlichen Pub namens "Packhorse" von einer skurrilen Landbevölkerung diszipliniert wird, die nie auch nur einen Wimpernschlag auf den Traum vom fernen Indien verschwendet hat. Daß der eine ein ganzes Jahr lang mit einer Pappkrone herumläuft, der andere seine Weihnachtstannenschonung zum Schutz vor Vögeln mit giftigen Chemikalien besprüht und alle durch die Bank dem Geldverkehr einen archaischen Naturalienhandel vorziehen, ändert nichts daran: Mills' Dorfwelt repräsentiert eine erstaunlich komplexe, durch ein Labyrinth der Verbote und Pflichten geprägte Zivilisation, die jedes Ethnologenherz höher schlagen ließe. Unter ihren schlitzäugigen Wortführern und berechnenden Machern erscheint der vorurteilslose Besucher, dem mit seinem Motorrad die Insignie moderner Grenzenlosigkeit beigegeben ist, als der einzige Naive. Es geschieht ihm ganz recht, daß Parker ihn gegen Schluß in einem zirkusreifen Kuhhandel sauber von seinem fahrbaren Untersatz trennt.
Magnus Mills: "Indien kann warten". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Katharina Böhmer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 229 S., geb., 18,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Michael Schmitt ist ziemlich angetan von diesem Roman, der ihm "ebenso rätselhaft wie komisch" erscheint. Er findet, dass das Buch, in dem ein Urlauber auf einem Campingplatz hängenbleibt und dort plötzlich in ein seltsames Knechtschafts-Verhältnis gerät, hervorragend vorführt, was passiert, wenn sich ein Mensch einer "fremden Logik" unterwirft und sein Eigenleben aufgibt. Die Pointe, auf die der Roman zusteuert, will er natürlich nicht verraten, aber er verspricht, dass sie "schlicht" und damit "besonders infam" ausfällt. Damit werden auch die "Längen" aufgewogen, die das Buch dort aufweise, an denen der englische Autor seine "Romanmaschine" allzu leicht vorhersehbar laufen lässt, so der Rezensent insgesamt recht zufrieden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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