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Im Norden der Steiermark liegt die Helianau, eine Internatsschule für Kinder, die an einer rätselhaften Störung leiden, dem Indigo-Syndrom. Jeden, der ihnen zu nahe kommt, befallen Übelkeit, Schwindel und heftige Kopfschmerzen. Der junge Mathematiklehrer Clemens Setz unterrichtet an dieser Schule und wird auf seltsame Vorgänge aufmerksam: Immer wieder werden Kinder in eigenartigen Maskierungen in einem Auto mit unbekanntem Ziel davongefahren. Setz beginnt, Nachforschungen anzustellen, doch er kommt nicht weit; er wird aus dem Schuldienst entlassen. Fünfzehn Jahre später berichten die Zeitungen…mehr

Produktbeschreibung
Im Norden der Steiermark liegt die Helianau, eine Internatsschule für Kinder, die an einer rätselhaften Störung leiden, dem Indigo-Syndrom. Jeden, der ihnen zu nahe kommt, befallen Übelkeit, Schwindel und heftige Kopfschmerzen. Der junge Mathematiklehrer Clemens Setz unterrichtet an dieser Schule und wird auf seltsame Vorgänge aufmerksam: Immer wieder werden Kinder in eigenartigen Maskierungen in einem Auto mit unbekanntem Ziel davongefahren. Setz beginnt, Nachforschungen anzustellen, doch er kommt nicht weit; er wird aus dem Schuldienst entlassen. Fünfzehn Jahre später berichten die Zeitungen von einem aufsehenerregenden Strafprozess: Ein ehemaliger Mathematiklehrer wird vom Vorwurf freigesprochen, einen Tierquäler brutal ermordet zu haben.
Und jetzt noch einmal von vorne. Vergessen Sie die Zusammenfassung einer Romanhandlung, die sich jeder Zusammenfassung entzieht, und lesen Sie das Buch. "Indigo" von Clemens J. Setz. Sein viertes insgesamt. Sie werden feststellen: Das "radikale Gegenprogramm zur hübsch verkasteten Literaturwerkstättenliteratur" ("Die Welt") geht weiter. Rasend spannend und so erholsam wie eine gute Massage. Hinterher spüren Sie jeden Muskel.
Autorenporträt
Setz, Clemens J.
Clemens J. Setz wurde 1982 in Graz geboren, wo er Mathematik sowie Germanistik studierte und heute als Übersetzer und freier Schriftsteller lebt. 2011 wurde er für seinen Erzählband Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Sein Roman Indigo stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2012 und wurde mit dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft 2013 ausgezeichnet. 2014 erschien sein erster Gedichtband Die Vogelstraußtrompete. Für seinen Roman Die Stunde zwischen Frau und Gitarre erhielt Setz den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2015.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2012

Unerträgliche Vertrautheit

In den Büchern von Clemens J. Setz führen alle Wege in das unheimliche Tal, wo die Dinge aussehen wie ihr Gegenteil. Auch in "Indigo" ist klar, dass mit der Welt etwas nicht stimmt

Im Jahr 1970 beschrieb der japanische Robotiker Masahiro Mori einen seltsamen Effekt, an dem sich Ingenieure auch mehr als dreißig Jahre später noch die Zähne ausbeißen. Je ähnlicher ein Roboter einem Menschen sei, stellte Mori fest, desto sympathischer wirke er auf uns. Ab einem bestimmten Punkt aber, wenn die Maschine dem Menschen zu ähnlich werde, schlage die Akzeptanz in Aversion um. Stellt man diese Relation als mathematische Funktion dar, ergibt sich ein Graph, der nicht linear ansteigt, sondern steil abfällt, bevor er am Ende, bei völliger Menschenähnlichkeit, wieder ansteigt. Miro nannte das Phänomen "uncanny valley", das "unheimliche Tal". Es ist der Ort, wo die Dämonen wohnen: Zombies, Avatare, Frankensteins Monster, der Gollum. Wesen, denen nur ein winziges Stück zur Menschlichkeit fehlt.

Die Theorie des "uncanny valley" ist einer jener irrwitzigen Bausteine, die Clemens J. Setz, 29, zu Büchern zusammenschraubt. In seinem neuen Roman "Indigo" wird sie kurz diskutiert, in losen Bezug gebracht zu dem Syndrom, das dem Buch seinen Titel gibt, eine rätselhafte Kinderkrankheit. Weniger ihre Träger leiden unter ihr als vielmehr alle, die sich in deren Nähe aufhalten. Man weiß nicht viel über diese Indigo-Kinder, rein äußerlich weisen sie keine Symptome auf, doch wer ihnen zu nahe kommt, der reagiert mit Kopfschmerzen, Ausschlag, Übelkeit. Es geht ihm wie all jenen, die den Anblick der unheimlichen Beinahemenschen nicht ertragen können: Sie spüren, dass da etwas nicht stimmt. "Dieses Haarscharf-Daneben", erklärt eine Figur namens Willi in "Indigo", "das hält niemand aus." Und wenn man diesen Satz wieder herausschraubt aus dem Gefüge von "Indigo", beschreibt er nicht nur den Effekt der unerträglichen Vertrautheit, den humanoide Schreckfiguren erzeugen; sondern auch das literarische Prinzip von Setz.

Dass etwas nicht ganz stimmt mit seinen Geschichten oder vielleicht zu viel, das jedenfalls ist eine Erfahrung, die man als Leser seiner Bücher immer wieder macht. Viele von ihnen kommen auch aus dem unheimlichen Tal, aus jenem Abgrund, wo die Dinge wie ihr Gegenteil aussehen, weil sie sich selbst so nahe sind: Liebe wie Hass, Vernunft wie Wahnsinn oder, vor allem, Fiktion wie Wirklichkeit. Vermutlich ist diese ontologische Twilight-Zone, in der Setz' Geschichten spielen, für die hilflose Diagnose verantwortlich, die sie dem Genre der phantastischen Literatur zuordnet (oder noch schlimmer: der Fantasy). Dabei ist Unheimlichkeit als Konstruktionsprinzip von Texten ja kein Mangel. Im Gegensatz zu einem Roboteringenieur darf ein Schriftsteller durchaus daran interessiert sein, dass seine Kreaturen für Irritationen sorgen oder einfach für Angst; dass sie voller Dysfunktionalitäten und Unzuverlässigkeiten stecken.

Kaputt sind sie fast alle, die Figuren in Setz' Büchern: Robert Tätzel zum Beispiel, der junge Mann aus "Indigo", der die Krankheit, die er als Kind hatte, nicht mehr ausstrahlt, dessen Verhältnis zur Umwelt aber dauerhaft gestört bleibt. Gabi, die Tinnitus-Patientin aus "Die Frequenzen" (2009), die das Gefühl hat, sie müsse die "Dinge geradebiegen, die aus irgendeinem Grund unvollständig durch mein Gehirn geistern". Die verhaltensgestörten Männer aus den Erzählungen "Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes". Und natürlich auch der Mathematiklehrer Clemens Johann Setz, die zweite Hauptfigur aus "Indigo", über die ihr Autor sagt, es wäre ihm schäbig vorgekommen, ihr all seine eigenen Unzulänglichkeiten aufzuladen, ohne sie auch nach sich selbst zu benennen.

Was er mit seinem Alter Ego gemeinsam habe, sagt Setz, sei etwa eine chronische Überforderung, und zwar eine, die grundlegender sei als die modischen Multitaskingzipperlein der Zeit: "Ich meine das nicht im Sinne von ,Hilfe, ich weiß nicht, welche Apps ich auf meinem iPhone habe'. Ich weiß wirklich manchmal nicht, was los ist. Ich glaube alles, was man mir erzählt. Ich bin sehr leicht zu verwirren."

Wenn er einem also gegenübersitzt, der freundliche und zappelige Clemens J. Setz, wenn er von sich erzählt, von seinen Büchern und von all jenen anderer Autoren, die sie in sich aufgesaugt haben, dann wirkt er offen, zugänglich, sympathisch und auf nervöse Weise souverän. Und auch wenn man natürlich keine Kopfschmerzen davon bekommt, wird man nie das Gefühl los, dass auch mit ihm etwas nicht stimmt. Wovon natürlich niemand so überzeugt ist wie Clemens Setz, gewissermaßen der Patient Null des Indigo-Syndroms.

Er habe lange selbst geglaubt, an der Krankheit zu leiden, sagt er, als Kind zum Beispiel, beim Versteckspielen, sei er immer derjenige gewesen, den niemand gesucht habe, weshalb er sich oft absichtlich schlecht versteckt habe, mit gut sichtbarem Oberkörper, was seine Unbeliebtheit aber eher noch gesteigert habe; wer will schon etwas mit jemandem zu tun haben, der sich nicht einmal verstecken kann? Wer an derart exklusiven Pathologien leidet, dem bleibt womöglich gar nichts anderes übrig, als sich seine Diagnose auf den eigenen Leib zu schreiben, und seine Wirklichkeit gleich mit dazu.

Er habe früher immer mit einem Fernrohr gegenüberliegende Hauswände abgesucht, erzählt der Clemens Setz aus "Indigo", oft nächtelang, vor allem, wenn ein Schulfreund bei ihm übernachtete. "Und da wir selten irgendetwas dergleichen entdecken konnten, glitten wir nach und nach ins Erfinden hinüber, aber ohne uns bewusst zu sein, dass wir Dinge erfanden, was vielleicht der glücklichste und gelösteste Zustand war, in dem ich mich je befunden hatte."

Es muss auch für den anderen Clemens J. Setz gelten, dieses Glück des tranceartigen Erfindens, welches eben immer auch ein Finden ist, ein Sammeln und Erzählen jener irren Geschichten, bei denen es gar nicht darauf ankommt, ob sie wahr sind; oder ob sie nur stimmen. Wir alle sind die Helden unserer eigenen Fiktionen. Und Clemens Setz ist der Erfinder von Clemens Setz.

HARALD STAUN

Clemens J. Setz: "Indigo". Roman. Suhrkamp 2012, 479 Seiten, 22,95 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Clemens J. Setz' neuer Roman "Indigo" ist mit Sicherheit der Grausamste dieser Literatursaison, glaubt Rezensent Jens Jessen, der dieses "Meisterwerk" gerade deshalb empfehlen kann. Dennoch warnt der Kritiker vor den Kopfschmerzen, die die Lektüre bereiten könne. Gründe dafür sieht er zum einen in dem "provokativen" Thema des Romans: Die von zahlreichen Erziehungsratgebern aufgegriffene Behauptung einer Amerikanerin, sie habe bei einigen verhaltensauffälligen Kindern eine indigofarbene Aura wahrgenommen, veranlasste den Autor, so der Rezensent, zu seiner mit Science-Fiction-Motiven angereicherten Geschichte um eine Gruppe von empfindungslosen Kindern, die bei ihrer Umwelt Übelkeit, Erbrechen und Migräne auslösen und deshalb in finsteren Laboren von der Außenwelt abgeschnitten werden. Zum anderen gelingt es Setz, den der Kritiker für einen "Meister der Rezeptionspsychologie" hält, derart mit Fiktionen und Fragmenten zu spielen und eine solche nie ganz aufgelöste Spannung aufzubauen, dass Jessen die Wirkung geradezu unangenehm körperlich zu spüren glaubt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.09.2012

Batman, du hast recht
Clemens J. Setz ist der Außerirdische der deutschsprachigen Literatur, um nicht zu sagen: ein Nerd.
Sein neuer Fantasy-Roman „Indigo“ ist irrwitzig, ambitioniert und selbstironisch
VON HELMUT BÖTTIGER
Clemens J. Setz ist der Außerirdische der deutschsprachigen Literatur. Er spielt mit diversen Fantasy-Elementen, am liebsten mit Science-Fiction, und wenn es darum geht, unbedingt in der Gegenwart und also bereits in der Zukunft zu sein und alle möglichen Tastaturen zu bedienen, dann hat er schon längst mindestens einen Finger gestreckt. Sein neuer Roman „Indigo“ funktioniert wie ein Computerspiel. Er entwickelt alle Suggestionen und Reize, die dabei möglich sind, und der geheimnisvolle, vielschillernde Titel befeuert das noch.
  Der Grundeinfall entspricht dem Genre der angewandten Phantastik und liebäugelt mit Thomas Pynchon auf der einen, mit Harry Potter auf der anderen Seite. Kurz vor dem Jahr 2000 beginnen Kinder geboren zu werden, die ein spezifisches Syndrom an den Tag legen: sie selbst merken nichts, aber jeder, der ihnen näherkommt, auch und gerade die Eltern, bekommt stechenden Kopfschmerz, Übelkeit und Durchfall; bevorzugt übergeben sich Mütter direkt über der Wiege.
  Natürlich greift man bald zu einschlägigen Erklärungen: Vielleicht handle es sich um neue spirituelle Wesen, die dazu angetreten seien, den Planeten zu retten. Aber über derlei Andeutungen geht es nicht hinaus, und das ist ja auch Sinn der Sache. Das Rätsel rattert.
  Diese Kinderkrankheit geriert sich vor allem als eine Erwachsenenkrankheit, und die Art, wie sie ihren Namen erhalten hat, ist typisch für den Setz’schen Satzkosmos: in einer Fernseh-Talkshow tritt eine esoterisch angehauchte Seherin auf, die die Aura der Menschen wahrzunehmen vorgibt und nach den Farben der Ampel unterscheidet: Rot, Gelb und Grün. Seit Kurzem seien ihr aber auch kleine indigoblaue Wesen aufgefallen, denen sie keine spezifischen Eigenarten zuordnen könne. Sie könne nur sagen, das habe etwas mit dem Kommen eines neuen Zeitalters zu tun. Als dann die ersten Fälle der neuen Krankheit auftauchen, nennt man sie zwar anfangs nach dem Ort der ersten Diagnose Rochester-Krankheit, aber in Erinnerung an die Seherin in der Talkshow setzt sich bald die Bezeichnung „Indigo“ durch.
  Setz zeugt also Kunst aus Kunst, er erklärt Fantasy mit Fantasy, und sein ganzer Roman besteht aus einem solchen selbstreferenziellen System. Eine gewisse Handlung entspinnt sich dadurch, dass die Figur Clemens Setz – mit demselben Namen wie der Autor – eine Zeit lang als Mathematiklehrer an der Internatsschule Helianau arbeitet. In dieser Schule werden die Indigo-Kinder unterrichtet und vor allem darauf trainiert, immer den richtigen Abstand zueinander und zu den „normalen“ Menschen einzuhalten.
  Auf der letzten Zeitachse des Romans, die bereits mit kecken Attributen einer vermutlich nahen Zukunft ausgestattet ist, wirkt dieser Setz dann um einiges älter und mit bestimmten Anzeichen von Verwirrung und Verrücktheit versehen. Er blickt da zurück auf seine Zeit in der Helianau und seine Versuche, hinter die Fassaden zu gelangen; jahrelang recherchierte er die Lebensgeschichten und die Familienverhältnisse der Indigo-Kinder.
  Parallel dazu – Zeit und Raum sind gleichermaßen in der Avantgarde des zwanzigsten Jahrhunderts wie in der Hyper-Avantgarde des digitalen Zeitalters außer Kraft gesetzt – gibt es Einblicke in den Alltag des Indigo-Kindes Robert, das mittlerweile fast dreißig ist und reichlich cyberspacemäßig agiert. Gerne liefert sich Robert mit Freunden einen Schlagabtausch über Insider-Kenntnisse der Star-Trek-Folgen, oder er sieht sich als Batman und imaginiert Dialoge mit Robin: „Batman, du hast recht.“
  Die Rechercheversuche der Figur Clemens Setz und die künstlichen Welten des Indigo-Kindes Robert laufen scheinbar zwingend aufeinander zu. Doch man sollte nicht zu voreilig auf die große allgemeine Auflösung aller heftig verknäuelten Erzählstränge hoffen. Das gesamte Setting bietet vor allem den Anlass, kleine irrwitzige Szenarien zu entwerfen, lauter Comics, die sich verselbständigen. Da gibt es etwa die Phantasie, unter dem tradierten Vorwand, Zigaretten holen zu gehen, seine Frau zu verlassen und einfach zu verschwinden: All diese Verschwinder finden sich dann in einem weitverzweigten Tunnelsystem unter der Erde wieder, wo sie mit einem ausgeklügelten Verkehrssystem in die entlegensten Städte verfrachtet werden oder auch im Tunnel bleiben und die Anlagen warten.
  Ähnliche Assoziationsbündel hängen an Ratten oder an Glühbirnen, verrückte kleine Erzählungen mit Lust an Klamauk und Erfindung, die zum Teil ganz apart sind und in diesem Indigo-Roman seltsam irrlichtern. Einmal findet Robert, dass das „bizarre innere Licht“ der meist eher krude daherkommenden Batman-Weisheiten die gemeine Wirklichkeit allemal überstrahle – etwas in dieser Art mag auch seinem Autor vorgeschwebt haben.
  Spätestens wenn man die ersten zweihundert Seiten hinter sich hat, wird das Konstruktionsproblem des Romans augenfällig. Es gibt zwar ein paar grelle Effekte, aber sie verbrauchen sich rasch. In emsigen Maulwurfsbewegungen werden immer neue Anspielungsbrocken an die Oberfläche des Textes befördert, von Science-Fiction-Texten bis zur Spieltheorie, von Jonathan Swift über Benoît Mandelbrot bis zu Hamlet und dem „Übermenschen“ Superman; kokett gekokste Intertext-Interferenzen.
  Schnell tauchen dann noch einige Elemente aus dem Agenten- und Politthriller auf. Die Indigo-Kinder werden gelegentlich aus der Anstalt Helianau „reloziert“, das heißt, wieder unter die Leute gebracht, und das will besagen: man schleust sie „in eine bestimmte Gesellschaft ein, die destabilisiert werden soll“.
  Die Figur Clemens Setz, ehemaliger Mathematiklehrer an der Helianau und dem Geheimnis der Indigo-Kinder auf den Fersen, findet immer mal solche Anhaltspunkte, kommt aber nicht recht weiter und hat seinen Schlussauftritt als wunderlicher Alter. Doch wie der Autor des Romans hier sich selbst als Figur narzisstisch-selbstironisch imaginiert, ist weniger einer romantisch-vertrackten Erzähltradition geschuldet. Es hat eher etwas Nerdhaftes, wie wenn man zu lange vor einem Computerspiel gesessen und nicht rechtzeitig den Absprung geschafft hat.
Der Grazer Autor Clemens J. Setz – sein neuer Roman „Indigo“ steht auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.
FOTO: PAUL SCHIRNHOFER/AGENTUR FOCUS
  
  
  
  
  
  
Clemens J. Setz: Indigo. Roman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 475 Seiten,
22,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Man kommt nicht heil davon weg. Es herrscht Suchtgefahr.« Andreas Platthaus Frankfurter Allgemeine Zeitung 20120807
»Indigo ist der rare Fall eines literarischen Werkes, das sich seine eigenen Gesetze schafft, von keiner Absicht außerhalb des eigenen Kosmos bestimmt. Und dabei ist der Roman in einer ungekünstelten Sprache geschrieben, dialog- und abwechslungsreich, amüsant und anekdotisch, aber auch brutal und abgründig.«
Rezensent Alexander Kosenina lauscht der Lesung von Ole Lagerpusch mit gespitzten Ohren. Trotzdem und trotz der gekonnten Intonationen des Vorlesers vermag er dem Text von Clemens J. Setz, laut Kosenina Essay, Erzählung, Sachbuch, Reportage und Sci-Fi in einem, kaum zu folgen. Rote Fäden gibt es in der allseits flunkernden "Textmontage" um spezialbegabte Kinder und einen Lehrer namens Clemens J. Setz nicht, warnt Kosenina. Und was sich in der Textfassung noch durch wechselnde Typografie erschließt, muss der Hörer hier wie ein Luchs erhorchen, erklärt der Rezensent. Kosenina macht das allerdings ausnehmend gern und auch über satte vierzehn Stunden gespannt.

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