In den Jahrzehnten um 1100 fand ein Mentalitätswandel statt, der mitunter als "Entdeckung des Individuums" bezeichnet wird: Das Verständnis für die Motive, Bedürfnisse und Ansprüche einer Person wuchs ebenso wie die Bereitschaft, ihnen mehr Raum zu geben. Dieser bemerkenswerte Vorgang ist in der Mittelalterforschung unter ganz verschiedenen Aspekten untersucht worden. Das vorliegende Buch versammelt die wichtigsten Argumente und überprüft ihre Tragfähigkeit. Darüber hinaus wird nach der Struktur dieses hochmittelalterlichen Individualisierungsschubes gefragt. Wie Beobachtungen aus der Entwicklungspsychologie und der Ethnologie vermuten lassen, wurde er von einem tiefgreifenden Wandel verursacht, der die Gesellschaft damals erfasst hatte: Dem Einzelnen wurden komplexe Anpassungsleistungen abverlangt, die eine tiefere Einsicht in seine und seiner Mitmenschen Innenwelten begünstigten.
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