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"Keine einzige Freude konnte dich jemals glücklich machen"
Ritas Mutter, eine einfache Frau aus Katalonien, hat in ihrem Leben nur eine einzige freie Entscheidung gefällt: Sie heiratete einen Mann, der nicht aus ihrem Dorf stammte, und verzichtete damit auf ihr Erbe. Doch warum ist ihr Leben geprägt von Trauer und unterdrückter Wut? Rita versucht, dem Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur zu kommen, und muss sich zugleich von ihr lossagen, um selbst ein glücklicheres Leben führen zu können ...
Ein ergreifender Roman über auseinanderbrechende Traditionen und eine intensive Suche nach
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Produktbeschreibung
"Keine einzige Freude konnte dich jemals glücklich machen"

Ritas Mutter, eine einfache Frau aus Katalonien, hat in ihrem Leben nur eine einzige freie Entscheidung gefällt: Sie heiratete einen Mann, der nicht aus ihrem Dorf stammte, und verzichtete damit auf ihr Erbe. Doch warum ist ihr Leben geprägt von Trauer und unterdrückter Wut? Rita versucht, dem Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur zu kommen, und muss sich zugleich von ihr lossagen, um selbst ein glücklicheres Leben führen zu können ...

Ein ergreifender Roman über auseinanderbrechende Traditionen und eine intensive Suche nach verborgener Liebe.

In Katalonien mit dem angesehenen "Prudenci-Bertrana-Preis" ausgezeichnet.
Autorenporträt
Maria Barbal, 1949 in Tremp (Pyrenäen) geboren, lebt heute in Barcelona. Sie gilt als eine der wichtigsten katalanischen Autorinnen der Gegenwart und wurde mit zahlreichen bedeutenden Literaturpreisen ausgezeichnet. Ihr Debütroman "Wie ein Stein im Geröll" erlebte seit der Erstveröffentlichung 1985 bereits fünfzig Auflagen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.2009

Mutter versteht das nicht
Familienkrieg: Maria Barbal über die Franco-Zeit

Für dieses Buch braucht man Zeit und Geduld. Nicht wegen seines Umfangs, vierhundert Seiten sind kein Übermaß. Aber seine Fabel stützt sich durchweg auf historische Vorgänge, von denen wir zwar allerlei wissen, doch keineswegs genug für diese Lektüre, und konfrontiert uns mit internen Vorgängen in einem Land, das wir in der Regel nur von Urlaubsreisen her kennen. In Spanien trägt sich die Handlung zu, genauer gesagt, in der spanischen Provinz Katalonien, und es geht zum großen Teil um die Jahrzehnte der Diktatur Francos. Ins politische Geschehen verflochten ist eine Fülle menschlicher Schicksale, deren Details so präzis geschildert werden, dass es intensiver Lesedisziplin bedarf, um nicht die Übersicht zu verlieren. Das Buch ist mit einem Glossar versehen, das uns die spanischen oder katalanischen Ausdrücke, die beim Übersetzen übrig blieben, erklärt. Vielleicht wäre es gut gewesen, auch eine Liste der umfangreichen Personnage und ihrer Verbindungen und Beziehungen anzuhängen.

Die Autorin Maria Barbal, 1949 in den Pyrenäen geboren, in Barcelona wohnend, hat die Erzählung in den Mund einer Frau gelegt, die, wie sie selbst, katalanischen Ursprungs ist und der gleichen Generation angehört. Rita, so ihr Name, entstammt einer eher ärmlichen Bauernsippe in den nordöstlichen Bergen und bekommt schon als Kind zu spüren, dass auf der Familie ein Verhängnis lastet. Keiner spricht offen darüber, aber jeder leidet. Im Laufe der Jahre begreift das Mädchen, dass ihr Großvater mütterlicherseits eines der zahllosen Opfer franquistischer Willkür wurde. Man hat ihn, wie Tausende andere, abgeschleppt und hingerichtet, ohne Gerichtsverfahren, ohne Urteil, nur auf Grund von Denunziationen seitens bessergestellter Nachbarn, die mit den Franco-Kräften das Misstrauen gegenüber dem einfachen Volk teilten.

Das alles ist, als Rita es erfährt, schon lange her. Weder sie noch ihre Verwandten müssen gegenwärtig um ihr Leben bangen. Aber die blutigen Vorfälle haben das Dasein in den katalanischen Dörfern vergiftet, zwischen den Bewohnern Feindschaften gesät, die sich, so scheint es, nicht ausräumen lassen. Dies allerdings gilt, wie der Fortgang der Geschichte zeigt, nur für die ältere Generation. Die Jüngeren, die den Schrecken lediglich vom Hörensagen kennen und deren Lebenszeit über das Ende der Franco-Herrschaft hinausreicht, sind fähig, das Gewesene zu verarbeiten und zerrissene Bande neu zu knüpfen. Rita zum Beispiel verbindet sich mit dem Sohn einer der Familien, die ihren Großvater denunziert hatten. Ihr gemeinsames Kind ist sozusagen der Hoffnungsträger für eine bessere katalanische, ja, sogar allgemein spanische Zukunft. Wie genau damit Barbal ins iberische Herz getroffen hat, beweisen der Erfolg ihres Romans in Spanien und mehrere Literaturpreise, die sie dort bekam.

Für die deutschen Leser ist es von Vorteil, dass dem Buch ein Nachwort angefügt wurde, in dem ein Kenner Beistand leistet. Er heißt Pere Joan Tous und wirkt als Literaturwissenschaftler an der Universität Konstanz. Seinen Beitrag über die historischen Zusammenhänge sollte man lesen, bevor man sich an die Romanlektüre macht. In einem Punkt jedoch kann uns der Spezialist Tous nicht helfen, und er hat auch nicht die Absicht, es zu tun. Tous stellt fest, und zwar beifällig, dass wir nicht nur einen Roman, sondern mehrere in einem vor uns haben, nämlich außer der politischen Geschichte noch eine Familiensaga sowie die Darstellung von Ritas Entwicklung. Und schließlich, doch nicht zuletzt, wie Tous lobend hervorhebt, einen interessanten Mutter-Tochter-Roman. Aber gerade dieser Sonderteil macht uns Lesern den Zugang zum Gesamtwerk schwierig.

Ritas Mutter soll als Hinterbliebene mit Opferstatus verstanden werden, sie hat den Mord an ihrem Vater nie verwunden und wird von dieser Verletzung in allen Lebensbereichen behindert. Doch so, wie das Buch uns dies vermittelt, erleben wir sie in erster Linie als engstirnige Spießerin, die die kleinkarierten Regeln ihrer eigenen Jugend mit aller Macht auch bei ihren Kindern durchsetzen will, vor allem bei der Tochter. Rita berichtet von Anfang bis Ende von den pädagogischen Maßnahmen, die, mit strengen, ja unfreundlichen Sprüchen garniert, aus dem kleinen Mädchen eine gehorsame Frau machen sollen. Man kann sich eine solche Erzieherin gut vorstellen, es gab dergleichen mehr als genug, nicht nur in Spanien. Schwerer vorstellbar ist, dass die Tochter das wegsteckt, ohne sich in ihrer Kindesliebe beirren zu lassen. Aber Rita ringt unentwegt darum, die Mutter zu verstehen und von ihr verstanden zu werden. Sie möchte in ihr "inneres Land" eindringen. Sie, die Romanerzählerin, spricht fortwährend nur zu dieser Frau, die sich ihr verschließt, das Wort "du" gehört zu den häufigsten im Buch.

Im Grunde also ein Mutter-Tochter-Drama, wie es überall vorkommen könnte. Die von Franco ausgelösten Schrecken wären dazu nicht nötig gewesen, und von Seite zu Seite stärker drängt sich die Frage auf, ob das eine wirklich so viel mit dem anderen zu tun hat. Vielleicht hätte Maria Barbal besser daran getan, die Überfülle ihres Stoffes nicht in einem Roman zu bündeln, sondern in wenigstens zwei Romane aufzuteilen: einen über die Leiden unter der politischen Diktatur, den anderen über die banalen Schwierigkeiten in einer alltäglichen Familie.

SABINE BRANDT

Maria Barbal: "Inneres Land". Roman. Aus dem Katalanischen von Heike Nottebaum. Nachwort von Pere Joan Tous. TRANSIT Buchverlag, Berlin 2009. 400 S. , geb., 22,80 [Euro].

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