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  • Verlag: FAZ-Institut
  • ISBN-13: 9783927282964
  • Artikelnr.: 10933608
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.01.2001

Der Einsatz von Multimedia garantiert noch keine Aufmerksamkeit
Typische Fehler bei Unternehmens-Präsentationen / Computertechnik verführt zu unüberlegtem Einsatz

nr. FRANKFURT, 28. Januar. Kongreßbesucher können ein Lied davon singen: Graphisch überladene, aber weitgehend inhaltsfreie "Powerpoint"-Folien, unnützer Computeranimations-Schnickschnack, fehlender "roter Faden" des Vortrags - Präsentationen mit diesen Ingredienzien sind leider eher die Regel als die Ausnahme. Daran hat auch der Einsatz moderner Technik in Form von Notebook und Videobeamer nichts geändert. Im Gegenteil: "Die faszinierenden Möglichkeiten von Multimedia und Powerpoint verführen dazu, den Computer unüberlegt einzusetzen und die Perspektive der Zuhörer auszublenden", hat der auf Präsentationstechniken spezialisierte Unternehmensberater Albert Thiele beobachtet.

Kardinalfehler Nummer eins ist aus der Sicht von Thiele der Einsatz der immergleichen Layout-Vorlagen, graphischen Elemente und Animationen. Die dominierende Position des Präsentationsprogramms Powerpoint bringe es mit sich, daß die Präsentationen einander weltweit sehr ähnelten - das Besondere und damit häufig auch das Interesse der Zuhörer bleiben so auf der Strecke. Fehler Nummer zwei: Die Aufnahmefähigkeit des Zuhörers wird über Gebühr beansprucht. Um möglichst kompetent zu erscheinen, erläutert der Vortragende auch unwichtige Details und illustriert dies auch noch auf einer Folie. "Der Betrachter reagiert in solchen Fällen häufig mit innerer Kündigung", sagt Berater Thiele. Den gleichen Effekt erziele, wer zu viele Folien zeige. Häufige Ursache dieses Mißgeschicks sei, daß der Vortragende die vorgegebene Zeit unterschätzt habe. "Den Zeitbedarf einer Präsentation kann man zuverlässig einschätzen, wenn man diese vorab simuliert", so Thiele. Grobe Faustregel für den Zeitbedarf bei Präsentationen: Man benötigt etwa 90 Sekunden je Folie. Will der Vortragende über diesen Zeitrahmen hinaus weitere Details übermitteln, sollte er eine Tischvorlage nutzen.

Auch schlecht lesbare Zahlen und Textpassagen, fehlende Kernbotschaften oder eine wortwörtliche Übereinstimmung von abgebildetem Text und gesprochenem Wort sind keine geeigneten Stilmittel, um den Zuhörer und -schauer zu fesseln. Man kann den Einsatz vorgeblich aufmerksamkeitssteigernder Instrumente aber auch übertreiben - die Computertechnik verführt dazu, unsinnige Animationen und fehlplazierte Überblendeffekte einzusetzen oder schreiende Farben und verschiedene Buchstabentypen und -größen zu verwenden.

Berater Thiele empfiehlt, Präsentationen ein möglichst hohes Maß an Individualität zu verleihen und mit den technischen Möglichkeiten zurückhaltend umzugehen. "Animationseffekte sollten sparsam oder am besten gar nicht eingesetzt werden", empfiehlt Thiele. Solche Effekte würden häufig nur von der eigentlichen Botschaft ablenken. Auch ansonsten gilt bei Präsentationen: Weniger ist in der Regel mehr. Eine Kernaussage pro Folie (möglichst in deren Mitte) sei genug, Tabellen sollten nie mehr als sieben Zeilen haben, etwa 30 Prozent einer Folie sollte leer bleiben. Thiele faßt seine Empfehlungen wie folgt zusammen: so einfach wie möglich, so wenig wie möglich, so lesbar und so übersichtlich wie möglich. Um die Konzentration der Zuhörer aufrechtzuhalten, empfehle sich ab und zu eine Unterbrechung der Bilderflut. Zur schwarzen Leinwand könne dann eine Anekdote oder persönliche Erfahrung referiert werden. Auch Abbildungen, die eine ganze Seite einnehmen und vom Vortragenden kommentiert werden, sollten gezielt zwischen Textcharts eingestreut werden.

Aber nicht nur auf die richtige Handhabung der unterstützenden Technik kommt es an, auch in der Person des Vortragenden und dessen Gebaren liegt eine wesentliche Ursache für Gelingen oder Scheitern einer Präsentation. "Wichtig ist zunächst, sich über die Zusammensetzung und die Erwartungen des Zuhörerkreises klarzuwerden", sagt Thiele. Diese Informationen würden etwa auch Aufschluß darüber geben, mit welchen möglichen Einwänden, Fragen und Kritikpunkten zu rechnen sei. Wichtig sei auch, sich im Vorfeld der Präsentation über die Rahmenbedingungen zu informieren - also Raumausstattung, Tagesordnung, Vorredner sowie die Kontaktmöglichkeiten zu Kunden vor und nach der Präsentation.

Da auch bei Präsentationen häufig der erste Eindruck entscheide, sollte der Vortragende gleich zu Beginn für eine positive Stimmung sorgen - beispielsweise durch Schilderung einer Anekdote. Der Einsatz rhetorischer und dramaturgischer Mittel (stimmliche Modulation, Variation des Sprechtempos, Standortwechsel) sorgen im folgenden für Aufmerksamkeit. Wichtig sei weiterhin, daß der Vortragende flexibel ist, also auf unverhoffte Zwischenfragen, Verkürzungen der Vortragszeit oder - besonders unangenehm - Versagen der Multimedia-Technik vorbereitet ist. "Der Vortragende sollte stets einen Foliensatz bereithalten, mit dem er den Vortrag zur Not auch am Overhead-Projektor halten kann", empfiehlt Thiele.

Im Verlag des F.A.Z.-Instituts ist von Albert Thiele das Buch "Innovativ Präsentieren" erschienen.

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