Zum InhaltChristensens wegweisendes Werk "The Innovator's Dilemma" erschien 1997 und zählt heute zu den wichtigsten Managementbüchern überhaupt. Der New York Times Bestseller wurde in über zehn Sprachen übersetzt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Unternehmen scheitern aus vielen Gründen. Dass führende Unternehmen aber scheitern, weil sie im Grunde alles richtig machen, klingt paradox. Und doch erweisen sich die klassischen Erfolgsfaktoren wie Kunden-, Ertrags- und Wachstumsorientierung bei disruptiven Innovationen als geradezu gefährlich und existenzbedrohend.Anhand von Erfolgen und Fehlschlägen führender Unternehmen präsentiert "The Innovator's Dilemma" Regeln für einen gelungenen Umgang mit dem Phänomen bahnbrechender Innovationen. Diese Regeln werden Managern helfen zu entscheiden, wann es sinnvoll ist, sich nicht nach den Kundenwünschen zu richten, in weniger leistungsfähige Produkte mit geringeren Margen zu investieren oder in noch kleine, aber wachstumsstarke Marktsegmente zu stoßen. Das Buch zeigt die "Unlogik" von disruptiven Innovationen auf und will zugleich Orientierung stiften, um Unternehmen - den etablierten wie den jungen - den Weg zum wirklich Neuen zu ebnen."Die Beschäftigung mit Christensens Ideen ist für Praktiker wie Wissenschaftler gleichermaßen gewinnbringend." FAZ vom 27.12.2011
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.2011Disruptive Innovationen
Die deutsche Ausgabe eines amerikanischen Standardwerks
Clayton Christensen gilt heute als weltweit einflussreichster Vordenker, wenn es um das Management technologischer Innovationen geht. Den Grundstein für seinen Aufstieg legte der Harvard-Professor in den neunziger Jahren mit dem Buch "The Innovator's Dilemma". Jetzt ist eine deutsche Fassung erschienen, an der Kurt Matzler, Professor für Unternehmensführung in Innsbruck, und der Unternehmensberater Stephan Friedrich von den Eichen als Koautoren und Übersetzer mitgewirkt haben.
Zu großes Selbstbewusstsein ("not invented here") und andere Kurzsichtigkeiten können marktführende Unternehmen beim Auftauchen neuer Technologien vor existentielle Probleme stellen. In der wissenschaftlichen Diskussion solcher Herausforderungen galt das Augenmerk lange dem Typus radikaler technologischer Innovationen. Christensen brachte sogenannte disruptive Technologien ins Spiel. Diese passen anfangs nicht in das Muster evolutionärer Entwicklungsprozesse auf vorhandenen umsatzstarken Märkten, haben aber das Potential, sich auf entstehenden kleineren Märkten durchzusetzen.
Eindrucksvolle Fallbeispiele liefern unter anderem die Geschehnisse auf den Märkten für Computerfestplatten. Mitte der achtziger Jahre konnten sich kleinere 3,5-Zoll-Speicher in Desktop-PCs zunächst nicht gegen 5,25-Zoll-Festplatten durchsetzen. Diese boten die größeren Kapazitäten. Sehr gefragt waren die 3,5-Zöller aber für die Vorläufer heutiger Notebooks. Die kleineren Abmessungen und das niedrigere Gewicht der 3,5-Dauerspeicher waren bei den damals neuen portablen Computern aus Kundensicht entscheidende Vorteile.
Dreh- und Angelpunkt dieses Konzepts sind die spezifischen Kundenanforderungen, auf die neue Technologien in unterschiedlichen Anwendungsfeldern treffen. Christensen führt seinen Lesern vor Augen, dass etablierte Unternehmen vor allem dann auf den Holzweg geraten, wenn sie Neues zu sehr durch die Brille ihrer derzeitigen Kunden betrachten. Einsatzmöglichkeiten neuer Technologien müssen häufig abseits der aktuellen Märkte gesucht werden, auch wenn dort nur kleine Gewinnmargen erwirtschaftet werden können.
Mit seinem Originalwerk von 1997 hat Christensen einen nicht nur konzeptionell überzeugenden Meilenstein in der Managementliteratur gesetzt. Durch anschauliche Beispiele aus verschiedensten Branchen wird der Kern seiner Argumentation schnell verständlich. Schaufelarmhydraulik (statt Seilzug) für Bagger und die Minimill-Technologie für Stahlwerke sind nur zwei weitere Beispiele neben den umfassend analysierten Technologieübergängen bei Computerlaufwerken.
Die nun veröffentlichte deutsche Fassung liefert eine fast vollständige, getreue Übertragung des amerikanischen Originals sowie eine Reihe zusätzlicher Beispiele disruptiver Innovationen.
Die Neuerscheinung ist lesenswert, aber dennoch nicht so rundum gelungen wie die englische Version. In der Einführung wäre eine präzise Erläuterung der Unterschiede zum Originalwerk hilfreich gewesen. Was wurde gekürzt, was ergänzt? Vereinzelt wünscht man sich beim Blick auf Grafiken eine Lupe, um die nur sandkorngroßen Buchstaben besser lesen zu können.
Besonders für Speichertechnologien im Computer wäre eine Fortschreibung der Branchendaten aus den achtziger und neunziger Jahren spannend gewesen. Und weshalb fehlen gerade die Passagen, in denen Christensen 1997 die damals zukunftsgerichtete Frage aufgeworfen hatte, welche frühen Märkte für Elektrofahrzeuge denkbar wären? Mit seiner Vermutung, dass sich Batterieantriebe relativ bald bei Taxis und Lieferfahrzeugen in südostasiatischen Großstädten durchsetzen könnten, erweist sich der Innovationsexperte aus heutiger Sicht als wahrscheinlich recht treffsicher. Die Beschäftigung mit Christensens Ideen ist für Praktiker wie Wissenschaftler gleichermaßen gewinnbringend. Für potentielle Leser mit guten Englischkenntnissen lautet die Empfehlung, zum Originalbuch zu greifen.
STEFFEN WETTENGL.
Der Verfasser ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ulm.
Clayton M. Christensen et al.: The Innovator's Dilemma.
Verlag Franz Vahlen, München 2011, 264 Seiten, 29,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die deutsche Ausgabe eines amerikanischen Standardwerks
Clayton Christensen gilt heute als weltweit einflussreichster Vordenker, wenn es um das Management technologischer Innovationen geht. Den Grundstein für seinen Aufstieg legte der Harvard-Professor in den neunziger Jahren mit dem Buch "The Innovator's Dilemma". Jetzt ist eine deutsche Fassung erschienen, an der Kurt Matzler, Professor für Unternehmensführung in Innsbruck, und der Unternehmensberater Stephan Friedrich von den Eichen als Koautoren und Übersetzer mitgewirkt haben.
Zu großes Selbstbewusstsein ("not invented here") und andere Kurzsichtigkeiten können marktführende Unternehmen beim Auftauchen neuer Technologien vor existentielle Probleme stellen. In der wissenschaftlichen Diskussion solcher Herausforderungen galt das Augenmerk lange dem Typus radikaler technologischer Innovationen. Christensen brachte sogenannte disruptive Technologien ins Spiel. Diese passen anfangs nicht in das Muster evolutionärer Entwicklungsprozesse auf vorhandenen umsatzstarken Märkten, haben aber das Potential, sich auf entstehenden kleineren Märkten durchzusetzen.
Eindrucksvolle Fallbeispiele liefern unter anderem die Geschehnisse auf den Märkten für Computerfestplatten. Mitte der achtziger Jahre konnten sich kleinere 3,5-Zoll-Speicher in Desktop-PCs zunächst nicht gegen 5,25-Zoll-Festplatten durchsetzen. Diese boten die größeren Kapazitäten. Sehr gefragt waren die 3,5-Zöller aber für die Vorläufer heutiger Notebooks. Die kleineren Abmessungen und das niedrigere Gewicht der 3,5-Dauerspeicher waren bei den damals neuen portablen Computern aus Kundensicht entscheidende Vorteile.
Dreh- und Angelpunkt dieses Konzepts sind die spezifischen Kundenanforderungen, auf die neue Technologien in unterschiedlichen Anwendungsfeldern treffen. Christensen führt seinen Lesern vor Augen, dass etablierte Unternehmen vor allem dann auf den Holzweg geraten, wenn sie Neues zu sehr durch die Brille ihrer derzeitigen Kunden betrachten. Einsatzmöglichkeiten neuer Technologien müssen häufig abseits der aktuellen Märkte gesucht werden, auch wenn dort nur kleine Gewinnmargen erwirtschaftet werden können.
Mit seinem Originalwerk von 1997 hat Christensen einen nicht nur konzeptionell überzeugenden Meilenstein in der Managementliteratur gesetzt. Durch anschauliche Beispiele aus verschiedensten Branchen wird der Kern seiner Argumentation schnell verständlich. Schaufelarmhydraulik (statt Seilzug) für Bagger und die Minimill-Technologie für Stahlwerke sind nur zwei weitere Beispiele neben den umfassend analysierten Technologieübergängen bei Computerlaufwerken.
Die nun veröffentlichte deutsche Fassung liefert eine fast vollständige, getreue Übertragung des amerikanischen Originals sowie eine Reihe zusätzlicher Beispiele disruptiver Innovationen.
Die Neuerscheinung ist lesenswert, aber dennoch nicht so rundum gelungen wie die englische Version. In der Einführung wäre eine präzise Erläuterung der Unterschiede zum Originalwerk hilfreich gewesen. Was wurde gekürzt, was ergänzt? Vereinzelt wünscht man sich beim Blick auf Grafiken eine Lupe, um die nur sandkorngroßen Buchstaben besser lesen zu können.
Besonders für Speichertechnologien im Computer wäre eine Fortschreibung der Branchendaten aus den achtziger und neunziger Jahren spannend gewesen. Und weshalb fehlen gerade die Passagen, in denen Christensen 1997 die damals zukunftsgerichtete Frage aufgeworfen hatte, welche frühen Märkte für Elektrofahrzeuge denkbar wären? Mit seiner Vermutung, dass sich Batterieantriebe relativ bald bei Taxis und Lieferfahrzeugen in südostasiatischen Großstädten durchsetzen könnten, erweist sich der Innovationsexperte aus heutiger Sicht als wahrscheinlich recht treffsicher. Die Beschäftigung mit Christensens Ideen ist für Praktiker wie Wissenschaftler gleichermaßen gewinnbringend. Für potentielle Leser mit guten Englischkenntnissen lautet die Empfehlung, zum Originalbuch zu greifen.
STEFFEN WETTENGL.
Der Verfasser ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ulm.
Clayton M. Christensen et al.: The Innovator's Dilemma.
Verlag Franz Vahlen, München 2011, 264 Seiten, 29,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main