Fremdheitsforschung und Literatur im Gespräch - das Wiederaufleben des Zeitalters großer Entdeckungsreisen in der Gegenwartsliteratur.
Maghellans Weltumseglung und Humboldts lateinamerikanische Flussfahrten, der mühevolle Weg nach Timbuktu und die Gefahren des jemenitischen Hinterlands, das Vordringen zu den Nilquellen oder dem Gipfel des Kilimandscharo - in der deutschsprachigen Literatur ist 'Welthaltigkeit' eingezogen. In den vergangenen Jahren haben Autorinnen und Autoren aus Deutschland, aus der Schweiz und aus Österreich in bemerkenswerter Formenvielfalt das Zeitalter der großen Entdeckungsreisen literarisch nachgestellt. Ilija Trojanow, Felicitas Hoppe, Michael Roes, Thomas Stangl, Hans Christoph Buch, Alex Capus und Christof Hamann geben Auskunft über ihre Recherchen, ihre persönlichen Reiseerfahrungen und Schreibweisen. In doppeltem Dialog setzen sich die Schriftsteller mit historischen Protagonisten aus der Frühgeschichte der Globalisierung auseinander, aber auch mit Fragen und Thesen der Literaturwissenschaft und zeigen damit: die Frühgeschichte der Globalisierung ist von unverminderter kultureller Aktualität.
Maghellans Weltumseglung und Humboldts lateinamerikanische Flussfahrten, der mühevolle Weg nach Timbuktu und die Gefahren des jemenitischen Hinterlands, das Vordringen zu den Nilquellen oder dem Gipfel des Kilimandscharo - in der deutschsprachigen Literatur ist 'Welthaltigkeit' eingezogen. In den vergangenen Jahren haben Autorinnen und Autoren aus Deutschland, aus der Schweiz und aus Österreich in bemerkenswerter Formenvielfalt das Zeitalter der großen Entdeckungsreisen literarisch nachgestellt. Ilija Trojanow, Felicitas Hoppe, Michael Roes, Thomas Stangl, Hans Christoph Buch, Alex Capus und Christof Hamann geben Auskunft über ihre Recherchen, ihre persönlichen Reiseerfahrungen und Schreibweisen. In doppeltem Dialog setzen sich die Schriftsteller mit historischen Protagonisten aus der Frühgeschichte der Globalisierung auseinander, aber auch mit Fragen und Thesen der Literaturwissenschaft und zeigen damit: die Frühgeschichte der Globalisierung ist von unverminderter kultureller Aktualität.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2010Die Fremde prägt
Im finsteren Herzen Afrikas lauerten nie bloß wilde Tiere, gefräßige Pflanzen und kriegerische Eingeborene. Viel mehr als um Leib und Leben mussten Kolonialherren und Forschungsreisende dort um ihre gute abendländische Disziplin fürchten: Die nämlich scheint sich in der schwülen Hitze der Tropen verflüchtigt zu haben: "Verkafferung" lautete das Angstwort in den Kontorstuben von Deutsch-Südwestafrika - die Assimilation. Ein solch freiwilliger Lagerwechsel bedrohte die Grundfesten eines Kolonialsystems, das sich nur durch strengste Abgrenzung von den "Anderen" legitimieren ließ. Der Sammelband "Ins Fremde schreiben" zeigt, dass gerade diese Gefahr die exotikverliebte Gegenwartsliteratur lockt. Für jene Entdecker und Reisenden, auf deren Spuren sich Autoren wie Felicitas Hoppe, Alex Capus oder Ilja Trojanow begeben, ist die Fremde nicht nur Objekt, sondern sie wirkt auf den Entdeckenden zurück: auch, wenn er sich mit exakten Messinstrumenten gegen die wild wuchernde Exotik zu wehren versucht, wie Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns "Vermessung der Welt". Nicht nur literaturwissenschaftliche Essays beleuchten, wie jüngste Texte mit der Fremde umgehen - in dem lesenswerten Band kommen auch die fremden Objekte der Wissenschaft zu Wort: Schriftsteller berichten über Recherche, Reiseerfahrungen und Schreibweisen. ("Ins Fremde schreiben". Gegenwartsliteratur auf den Spuren historischer und fantastischer Entdeckungsreisen. Hrsg. v. Christof Hamann u. Alexander Honold. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 336 S., br., 34,90 [Euro].) khil
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im finsteren Herzen Afrikas lauerten nie bloß wilde Tiere, gefräßige Pflanzen und kriegerische Eingeborene. Viel mehr als um Leib und Leben mussten Kolonialherren und Forschungsreisende dort um ihre gute abendländische Disziplin fürchten: Die nämlich scheint sich in der schwülen Hitze der Tropen verflüchtigt zu haben: "Verkafferung" lautete das Angstwort in den Kontorstuben von Deutsch-Südwestafrika - die Assimilation. Ein solch freiwilliger Lagerwechsel bedrohte die Grundfesten eines Kolonialsystems, das sich nur durch strengste Abgrenzung von den "Anderen" legitimieren ließ. Der Sammelband "Ins Fremde schreiben" zeigt, dass gerade diese Gefahr die exotikverliebte Gegenwartsliteratur lockt. Für jene Entdecker und Reisenden, auf deren Spuren sich Autoren wie Felicitas Hoppe, Alex Capus oder Ilja Trojanow begeben, ist die Fremde nicht nur Objekt, sondern sie wirkt auf den Entdeckenden zurück: auch, wenn er sich mit exakten Messinstrumenten gegen die wild wuchernde Exotik zu wehren versucht, wie Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns "Vermessung der Welt". Nicht nur literaturwissenschaftliche Essays beleuchten, wie jüngste Texte mit der Fremde umgehen - in dem lesenswerten Band kommen auch die fremden Objekte der Wissenschaft zu Wort: Schriftsteller berichten über Recherche, Reiseerfahrungen und Schreibweisen. ("Ins Fremde schreiben". Gegenwartsliteratur auf den Spuren historischer und fantastischer Entdeckungsreisen. Hrsg. v. Christof Hamann u. Alexander Honold. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 336 S., br., 34,90 [Euro].) khil
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'Nicht nur literaturwissenschaftliche Essays beleuchten, wie jüngste Texte mit der Fremde umgehen - in dem lesenswerten Band kommen auch die fremden Objekte der Wissenschaft zu Wort: Schriftsteller berichten über Recherche, Reiseerfahrungen und Schreibwe