Das Büchlein, das wie ich annehme in der Brusttasche des englischen Soldaten steckte, als er in Deutschland einrückte, soll ihm sagen, wie er sich im verwüsteten Feindesland zu verhalten habe: hart aber fair. Der größere Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Deutschland aus englischer Sicht – es
charakterisiert in knapper, verständlicher und wie ich finde, vereinfachender und trotzdem…mehrDas Büchlein, das wie ich annehme in der Brusttasche des englischen Soldaten steckte, als er in Deutschland einrückte, soll ihm sagen, wie er sich im verwüsteten Feindesland zu verhalten habe: hart aber fair. Der größere Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Deutschland aus englischer Sicht – es charakterisiert in knapper, verständlicher und wie ich finde, vereinfachender und trotzdem weitgehend zutreffender Weise die Geschichte, Situation und Besonderheit Deutschlands gegen Ende des Krieges.
Sehr wohl wissen die Verfasser des Büchleins zu unterscheiden zwischen Nazideutschland und dem "besseren" Deutschland, das die Welt mit Werken aus Kunst, Wissenschaft und Technik bereichert hat. Das ist nicht selbstverständlich, angesichts der unfaßbaren Gräuel, die dieses Land den anderen Ländern angetan hat, und aus dem Text läßt sich erschließen, daß den Verfassern eine solch objektivierende Haltung auch nicht leicht gefallen ist.
Wie wäre ein ähnliche Brevier der Sowjetunion ausgefallen? Sie hatte die meisten Opfer zu beklagen, das Bild von Deutschland und den Deutschen wäre, irgendwie verständlich, vermutlich fürchterlich ausgefallen.
Aber man hält sich an die harte Linie. Deutschland soll die Strafe fühlen, die sie aus Sicht Englands verdient hat. Zurecht wird festgestellt, daß die Herrschaft von Hitler und seiner Gefolgsleuten keine unglückliche Wendung des Schicksals war, sondern sich auf die Zustimmung des Volkes berufen konnte. Es gab eine innere Verbundenheit zwischen Hitler und dem durchschnittlichen Deutschen, die auf Aggression, Militarismus und Rassismus, Gehorsam, Opportunismus und dem Drang zu herrschen und zu beherrschen, basierte. England hätte all das nicht passieren können, füge ich ein, weil, so das Büchlein, Deutsche und Engländer sich im Äußeren ähneln mögen, aber im Innern doch ganz und gar verschieden sind.
Was unsere Väter, die den Krieg überlebt oder in ihm umgekommen sind, wohl zu diesem Büchlein gesagt hätten, sagen würden? Wie auch immer: Ich bin der Ansicht, daß der Leitfaden zu Recht wieder aufgelegt worden ist.