ie Stiftung der Zelterschen Liedertafel im Jahre 1809 fiel in eine Krisenzeit der preußischen Geschichte, und die Verwerfungen einer solchen Schwellenphase regten die Suche nach völlig neuen Formen kultivierter Gesellschaft jenseits der untergegangenen Salonkultur und spätaufklärerischer Lesezirkel an. Die Liedertafel kann geradezu als Muster einer solchen Neubildung gesehen werden. Vorliegendes Buch trägt dazu bei, ein ebenso fesselndes wie komplexes Gewebe aus bildungsbürgerlichem Vergemeinschaftungsritual, dichterisch-kompositorischem Wettstreit und wirkungsmächtigem Vorbild des Männergesangswesens zu entflechten. Die Rezeption der titelgebenden horazischen Ode Integer vitae, in der die Tafelrunde ihr ästhetisches Programm fand, mag die höchst differenzierten Denkformen und den exklusiven Kunstanspruch dieser Institution erahnen lassen, die sich im Herzen der Sing-Akademie entfaltete.