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Parteien, Verbände, Medien, Einheimische und Einwanderer: Alle sind für Integration. Jedoch beschränkt sich der integrationspolitische Konsens in Deutschland darauf, dass alle den Integrationsbegriff verwenden, obwohl sie häufig ganz Unterschiedliches meinen. Diese Einführung in die Integrationssoziologie stellt die wichtigsten Begriffe, Positionen und Konzepte vor und beantwortet erstmals systematisch die Frage, was Integration ist, sein kann oder sein soll. Die Grundfragen lauten: Müssen sich Einwanderer überhaupt an die Aufnahmegesellschaft anpassen? Wenn ja, wie und wie weit? Ausgangspunkt…mehr

Produktbeschreibung
Parteien, Verbände, Medien, Einheimische und Einwanderer: Alle sind für Integration. Jedoch beschränkt sich der integrationspolitische Konsens in Deutschland darauf, dass alle den Integrationsbegriff verwenden, obwohl sie häufig ganz Unterschiedliches meinen. Diese Einführung in die Integrationssoziologie stellt die wichtigsten Begriffe, Positionen und Konzepte vor und beantwortet erstmals systematisch die Frage, was Integration ist, sein kann oder sein soll. Die Grundfragen lauten: Müssen sich Einwanderer überhaupt an die Aufnahmegesellschaft anpassen? Wenn ja, wie und wie weit? Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass Gesellschaften auf die Integration ihrer Mitglieder angewiesen sind. Die Integration von Einwanderern ist somit lediglich ein Spezialfall der allgemeinen Integration. Daraus ergibt sich ein Zwei-Ebenen-Modell. Bei der strukturell-funktionalen Integration unterscheiden sich Einheimische und Einwanderer nicht. Während aber die Einheimischen ganz selbstverständlichin die bestehende Kultur integriert werden, stellt sich bei Einwanderern die Frage, welches Modell der kulturell-identifikatorischen Integration gelten soll: Zur Auswahl stehen Assimilation, Akkulturation und verschiedene Spielarten des Multikulturalismus. Das künftige Gesicht unserer Gesellschaft hängt davon ab, für welche Form der kulturellen Integration wir uns entscheiden.
Autorenporträt
Prof. Dr. Berthold Löffler ist Professor an der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten für Politikwissenschaft, Staats- und Verwaltungsrecht sowie Methoden der Empirischen Sozialforschung. Sein Hauptarbeitsgebiet liegt (neben Polen und Balkankonflikt) vor allem im Bereich: Probleme von Zuwanderung und Ausländerintegration, Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.04.2011

Faktischer Multikulturalismus
Rhetorik und Praxis der Integrationspolitik in der Bundesrepublik

Alle reden von Integration, aber jeder versteht etwas anderes darunter. Tatsächlich könnte man meinen, der integrationspolitische Konsens in der Bundesrepublik erschöpfe sich weitgehend in der Verwendung eben jenes Begriffes, wie der an der Hochschule Ravensburg-Weingarten lehrende Politikwissenschaftler Berthold Löffler zu Beginn seines Buches ironisch feststellt. Diese These wird aber anschließend von ihm selbst überzeugend in Frage gestellt. Während die integrationspolitischen Vorstellungen und Leitbilder in der Öffentlichkeit und zwischen den Parteien weit auseinanderfielen, gelte dies nämlich nicht für die praktische Politik, die aus der Uneinigkeit über die Ziele die einvernehmliche Konsequenz gezogen habe, auf eine bewusste politische Steuerung zu verzichten und das Integrationsgeschehen gleichsam treiben zu lassen. Der Autor bezeichnet diese stillschweigende Übereinkunft als "Politik des faktischen Multikulturalismus".

Löffler unterscheidet zwischen einem strukturellen und kulturellen Begriff der Integration. Strukturelle Integration sei gegeben, wenn die Einwanderer in das wirtschaftliche, soziale und politische Leben der Aufnahmegesellschaft äußerlich eingegliedert sind, kulturelle Integration, wenn sie auch deren Lebensweise und Werte internalisiert haben. Die Unterscheidung dient als Basis, um das Spektrum der normativen Positionen in der Integrationsdebatte darzustellen. Assimilation und Multikulturalismus bilden die beiden Pole. Während das assimilatorische Integrationsverständnis davon ausgeht, dass sich die Einwanderer auch in kultureller Hinsicht der Mehrheitsgesellschaft anzupassen haben, sieht die multikulturalistische Position das Heil in der Anerkennung kultureller Vielfalt. Im faktischen Multikulturalismus der bundesdeutschen Einwanderungspolitik drückt sich Löffler zufolge dabei die liberale Variante der zuletzt genannten Position aus, die auf den kanadischen Sozialphilosophen Charles Taylor zurückgeht und eine möglichst ausgewogene Balance von farbenblinden Individualrechten und kulturellen Gruppenrechten anstrebt.

Der faktische Multikulturalismus der offiziellen Einwanderungspolitik wird einerseits durch die politische Rhetorik verdeckt, die sich im Mitte-rechts-Lager von "Multikulti" scharf abgrenzt und diesen Begriff auch im linken Lager zunehmend verschmäht. Ein Beispiel dafür ist die im Jahre 2000 vom damaligen CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz angestoßene Leitkulturdebatte. Andererseits weist der Autor zu Recht darauf hin, dass mit Blick auf die Relation von Zuwanderungs- und eingesessener Mehrheitsbevölkerung hierzulande von einer flächendeckenden multikulturellen Gesellschaft noch keine Rede sein könne. Dies werde sich - wie in den Großstädten schon heute sichtbar - im Zuge der erwartbaren demographischen Entwicklung jedoch ändern.

Der Autor macht aus seiner normativen Präferenz für die assimilatorische Position keinen Hehl. Dass er sich dabei vom apokalyptischen Tonfall eines Thilo Sarrazin abhebt (dessen Streitschrift und die sich daran anschließende Debatte in dem Buch nicht mehr berücksichtigt werden konnten), verleiht den Argumenten umso mehr Gewicht. Indem es die Unterschiede zwischen Eingesessenen und Einwanderern einebnet, reduziert das Assimilationsmodell die gesellschaftlichen Konflikte und fördert es die soziale und demokratische Gleichheit. Dilemmatisch ist die Assimilation, wenn sie mit Zwangsmitteln arbeitet und Menschen- und Grundrechte der Einwanderer verletzt. Mit Blick auf die Religionsfreiheit der heute zahlenmäßig überwiegenden Zuwanderer aus dem islamischen Kulturkreis folgert Löffler daraus zu Recht, dass die an sich wünschenswerte Assimilation als Leitbild der Integration illusorisch sei. Dies hält ihn allerdings nicht davon ab, das Zurückweichen der Mehrheitsgesellschaft vor ihren eigenen kulturellen Traditionen und die Kluft zwischen der Rhetorik der "wechselseitigen" Bereicherung und tatsächlichen Tendenzen einer gesellschaftlichen Segregation vehement zu kritisieren.

Wie sehr es unter der Konsensdecke des faktischen Multikulturalismus der Integrationspolitik brodelt, hat die Sarrazin-Debatte im vergangenen Sommer gezeigt. Politiker oder Kommentatoren tun sich deshalb keinen Gefallen, wenn sie alle Einlassungen, die diesen Konsens aufbrechen oder in Frage stellen könnten, reflexhaft mit dem Rechtspopulismusverdacht belegen. Das Unbehagen gegenüber der in dem Buch vertretenen assimilatorischen Grundposition rührt ja daher, dass eine Politik, die den Anpassungsdruck auf die Einwandererbevölkerung erhöht, womöglich Unfrieden stiftet und damit zumindest kurzfristig konfliktverschärfend wirkt. Mittel- und langfristig betrachtet - so der Autor - sei es jedoch gerade der liberale Multikulturalismus, der die Konflikte schüre und einen Kampf um die kulturelle Hegemonie in der Gesellschaft heraufbeschwöre.

Die Pointe könnte sein, dass am Ende beide Seiten recht behalten. Sowenig Erfolg eine Politik verspricht, die die Entwicklung durch den Verzicht auf Integrationsmaßnahmen mehr oder weniger sich selbst überlässt, so unplausibel erscheint die Erwartung, dass die in der multikulturellen Gesellschaft angelegten Konflikte zwangsläufig ausarten müssen und nicht friedlich-schiedlich ausgetragen werden können. Die These, wonach das Land in der Integrationspolitik am "Scheideweg" steht, erscheint insofern überdramatisiert. Sie steht am Ende eines klar argumentierenden und zudem gut lesbaren Buches, das auch denjenigen zu einem besseren Verständnis des Integrationsthemas verhelfen dürfte, die die darin formulierte Kritik am "faktischen Multikulturalismus" nicht teilen.

FRANK DECKER

Berthold Löffler: Integration in Deutschland. Zwischen Assimilation und Multikulturalismus. Verlag R. Oldenbourg, München 2011. 396 S., 29,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Frank Decker hat Berthold Löfflers Buch über "Integration in Deutschland" mit Gewinn gelesen. Erhellend findet er die Darstellung der unterschiedlichen normativen Positionen in der Integrationsdebatte zwischen Assimilation und Multikulturalismus. Er hebt hervor, dass der Autor seine assimilatorische Position nicht verhehlt. Der Politikwissenschaftler unterscheidet sich allerdings im Tonfall nach Ansicht Deckers deutlich von Autoren wie Thilo Sarrazin. Er lobt die Klarheit der Argumentation und die gute Lesbarkeit des Buchs. Auch wer die Kritik des Autors am faktischen Multikulturalismus nicht teilt, wird nach Einschätzung Deckers von der Lektüre des Buchs profitieren, ermöglicht es doch ein "besseres Verständnis des Integrationsthemas".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Die klaren Positionen, die der Autor selbst bezieht, sollten Beachtung finden."Norman Weiß in: MenschenRechtsMagazin 2/2012 "Die These, wonach das Land in der Integrationsdebatte am "Scheideweg" steht, erscheint insofern überdramatisiert. Sie steht am Ende eines klar argumentierenden und zudem gut lesbaren Buches, das auch denjenigen zu einem besseren Verständnis des Integrationsthemas verhelfen dürfte, die die darin formulierte Kritik am "faktischen Multikulturalismus" nicht teilen."In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.4.2011 "Löffler hat eine für die Integrationsdebatte grundlegende wissenschaftliche Arbeit vorgelegt. Man kann sich an seinen Thesen reiben einfach abtun kann man sie nicht, dafür sind sie zu sorgfältig hergeleitet und begründet." In: Schwäbische Zeitung, 7.4.2011 "Lesenswert für alle, die mit Einwanderern und Problemen der Einwanderung zu tun haben." Bergische Wirtschaft 6/2011 "Löffler stellt die Debatte um kulturelle Integration ausführlich und umfassend dar. [...] das Buch ist ein Einstieg in die Integrationsdebatte hinsichtlich kultureller Vielfalt."In: socialnet.de