Seventeenth-century Europe witnessed an extraordinary flowering of discoveries and innovations. This study, beginning with the Dutch-invented telescope of 1608, casts Galileo's discoveries into a global framework. Although the telescope was soon transmitted to China, Mughal India, and the Ottoman Empire, those civilizations did not respond as Europeans did to the new instrument. In Europe, there was an extraordinary burst of innovations in microscopy, human anatomy, optics, pneumatics, electrical studies, and the science of mechanics. Nearly all of those aided the emergence of Newton's revolutionary grand synthesis, which unified terrestrial and celestial physics under the law of universal gravitation. That achievement had immense implications for all aspects of modern science, technology, and economic development. The economic implications are set out in the concluding epilogue. All these unique developments suggest why the West experienced a singular scientific and economic ascendancy of at least four centuries.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.02.2011Warum haben die Chinesen, die heute ihre Kinder drillen, sich damals so hängen lassen?
Ein Lackmustest für wissenschaftliche Neugier: Thomas Huff fragt, wie es sich anfühlt, wenn im Teleskop völlig unerwartete Himmelskörper vor die Linse kommen
Während Eltern, Lehrer und Erziehungswissenschaftler sich wieder ihre Köpfe darüber zerbrechen, warum in standardisierten Tests chinesische Schüler viel besser abschneiden als amerikanische oder europäische und ob nun abermals mehr Drill in der Schule angesagt sein sollte, stehen Wissenschaftshistoriker vor dem genau umgekehrten Problem: Warum verlor China den technologischen Vorsprung, den es bis ungefähr 1500 innehatte und warum antwortete es im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert nicht auf die gleiche Weise wie Europa auf bahnbrechende, und sich schnell global ausbreitende Innovationen wie das Teleskop, das Mikroskop, Elektrizität, Entdeckungen in der menschlichen Anatomie und Physiologie oder Mechanik?
Europa wurde zum Schauplatz der wissenschaftlichen Revolution, während China, aber auch Indien und das Ottomanische Reich wissenschaftlich-technologisch bis ins späte zwanzigste Jahrhundert nie Anschluss fanden. Der Kolonialismus trägt natürlich bis in die Gegenwart viel Verantwortung für die unterschiedliche Entwicklungsdynamik, aber schon vor dem Einsetzen der kolonialen Eroberungen zeigten sich deutliche Unterschiede in der Reaktion auf technische Innovationen zwischen China, Indien, der islamischen Welt und Europa. Joseph Needham (1900 bis 1995), der große Kenner und Erforscher der chinesischen Technologie- und Wissenschaftsgeschichte, erkannte in Konfuzianismus und Taoismus die Hauptschuldigen für den technologischen Rückstand Chinas, während Robert Merton die Mentalität des Protestantismus für die erfolgreiche Entwicklung der experimentellen Wissenschaft in Europa verantwortlich machte. Toby Huffs Buch steht in dieser Tradition, Mentalitäten, soziale und kulturelle Strukturen und Institutionen mit dem Aufstieg der modernen Wissenschaft zu verknüpfen.
Vorrangig am Beispiel des Teleskops zeigt der Autor, wie diese Erfindung in Europa eine wahre Flut von weiteren Entdeckungen und Theorien auslöste. Das um 1608 entwickelte Teleskop ist laut Huff eine wahrhafte "Entdeckungsmaschine" gewesen, die als Lackmus-Test für wissenschaftliche Neugier gelten kann. Wie habe ein Beobachter nicht neugierig und wissbegierig werden können, wenn völlig unerwartete Himmelsobjekte beim Blick durch ein Teleskop sichtbar wurden?
Teleskope wurden im frühen siebzehnten Jahrhundert von Entdeckungsreisenden und vor allem von jesuitischen Missionaren in Asien weit verbreitet. Diese Neugier, die das Gerät in Europa auslöste, ließen indische oder chinesische Nutzer allem Anschein nach aber fast vollständig vermissen. Vergleichbare Muster dokumentiert der Autor für die Mikroskopie und Anatomie sowie für die Erforschung der Elektrizität und des Magnetismus. Wie kam es dazu, dass Neugier derart "ansteckend" war in Europa und zum Fundament einer außerordentlich dynamischen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung werden konnte?
Huff macht vor allem soziale und institutionelle Ursachen, wie das Entstehen eines öffentlichen Raumes und neuer Printmedien sowie die weit verbreitete Lese- und Schreibfähigkeit für die technologische, soziale und wirtschaftliche Divergenz zwischen Europa und Asien verantwortlich. Wissen wurde nie zu einem Privileg einer kleinen abgeschotteten Elite, wie es in etwa in dem streng hierarchisch geprägten China oder Indien der Fall war.
Es ist sicherlich korrekt, dass eine Kombination metaphysischer Grundannahmen über das Funktionieren des Mikro- und Makrokosmos sowie rechtliche, soziale und institutionelle Bedingungen die wissenschaftliche Revolution ermöglichten und beförderten. An der Identifikation dieser Bedingungen arbeiten die Wissenschaftsgeschichte und -soziologie schon seit langem. Toby Huffs Beitrag besteht darin, diese Arbeiten in einen globalen, vergleichenden Kontext zu setzen und durch den Kontrast das Bild zu schärfen. Diese Kontrastierung fällt aber zum Teil so stark aus, dass ein leicht schaler Beigeschmack nach der Lektüre bleibt.
Der Autor befragt zu wenig die Voraussetzungen, unter denen seine Analyse stattfindet. So wird von ihm die moderne Wissenschaft westlicher Prägung als der Maßstab definiert, der den Erfolg einer Zivilisation bestimmt, ohne die zunehmend janusgesichtigen Folgen wissenschaftlichen Fortschritts zu problematisieren. Im Angesicht möglicher globaler, von Menschen verursachter Umweltkatastrophen ist die Genugtuung über die Erfolge einer in ein individualistisch-kapitalistisches System eingebetteten Wissenschaft nicht mehr so einfach zu rechtfertigen. Überdies wird in Huffs Darstellung nicht ausreichend deutlich, dass - wie etwa der Historiker Kapil Raj eindrucksvoll gezeigt hat - der andauernde und nachhaltige Kontakt zwischen Süd-, Südost- und Ostasien und Europa seit Beginn des siebzehnten Jahrhunderts zu einer Zirkulation von Wissen und von Praktiken führte, die häufig ihren Ursprung in den Kolonien hatten, deren Herkunft dann aber europäischen Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit verborgen blieb.
Huff betrachtet vor allem Optik und Mechanik, die wesentlichen Bausteine der Newton'schen Physik, die unbestritten eine rein europäische Errungenschaft war. Eine stärkere Betonung von Geologie, Naturgeschichte, Agrarwissenschaften oder der Medizin dürfte allerdings ein komplexeres Bild des Verhältnisses von Europa und dem Rest der Welt ergeben.
Dennoch ist Toby Huffs Buch voller Anregungen für eine Zeit, in der vor allem Indien und China danach streben, Europa und die Vereinigten Staaten wissenschaftlich und technologisch einzuholen oder gar vom Spitzenplatz zu verdrängen. Huffs Buch zeigt, dass die Nachhaltigkeit dieser Anstrengungen möglicherweise geschichtlich stärker bedingt ist als Politikern und Wissenschaftsmanagern dieser aufstrebenden Länder lieb sein kann.
THOMAS WEBER
Toby E. Huff: "Intellectual Curiosity and the Scientific Revolution". A Global Perspective.
Cambridge University Press, Cambridge 2010. 352 S., br., 17,99 £.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Lackmustest für wissenschaftliche Neugier: Thomas Huff fragt, wie es sich anfühlt, wenn im Teleskop völlig unerwartete Himmelskörper vor die Linse kommen
Während Eltern, Lehrer und Erziehungswissenschaftler sich wieder ihre Köpfe darüber zerbrechen, warum in standardisierten Tests chinesische Schüler viel besser abschneiden als amerikanische oder europäische und ob nun abermals mehr Drill in der Schule angesagt sein sollte, stehen Wissenschaftshistoriker vor dem genau umgekehrten Problem: Warum verlor China den technologischen Vorsprung, den es bis ungefähr 1500 innehatte und warum antwortete es im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert nicht auf die gleiche Weise wie Europa auf bahnbrechende, und sich schnell global ausbreitende Innovationen wie das Teleskop, das Mikroskop, Elektrizität, Entdeckungen in der menschlichen Anatomie und Physiologie oder Mechanik?
Europa wurde zum Schauplatz der wissenschaftlichen Revolution, während China, aber auch Indien und das Ottomanische Reich wissenschaftlich-technologisch bis ins späte zwanzigste Jahrhundert nie Anschluss fanden. Der Kolonialismus trägt natürlich bis in die Gegenwart viel Verantwortung für die unterschiedliche Entwicklungsdynamik, aber schon vor dem Einsetzen der kolonialen Eroberungen zeigten sich deutliche Unterschiede in der Reaktion auf technische Innovationen zwischen China, Indien, der islamischen Welt und Europa. Joseph Needham (1900 bis 1995), der große Kenner und Erforscher der chinesischen Technologie- und Wissenschaftsgeschichte, erkannte in Konfuzianismus und Taoismus die Hauptschuldigen für den technologischen Rückstand Chinas, während Robert Merton die Mentalität des Protestantismus für die erfolgreiche Entwicklung der experimentellen Wissenschaft in Europa verantwortlich machte. Toby Huffs Buch steht in dieser Tradition, Mentalitäten, soziale und kulturelle Strukturen und Institutionen mit dem Aufstieg der modernen Wissenschaft zu verknüpfen.
Vorrangig am Beispiel des Teleskops zeigt der Autor, wie diese Erfindung in Europa eine wahre Flut von weiteren Entdeckungen und Theorien auslöste. Das um 1608 entwickelte Teleskop ist laut Huff eine wahrhafte "Entdeckungsmaschine" gewesen, die als Lackmus-Test für wissenschaftliche Neugier gelten kann. Wie habe ein Beobachter nicht neugierig und wissbegierig werden können, wenn völlig unerwartete Himmelsobjekte beim Blick durch ein Teleskop sichtbar wurden?
Teleskope wurden im frühen siebzehnten Jahrhundert von Entdeckungsreisenden und vor allem von jesuitischen Missionaren in Asien weit verbreitet. Diese Neugier, die das Gerät in Europa auslöste, ließen indische oder chinesische Nutzer allem Anschein nach aber fast vollständig vermissen. Vergleichbare Muster dokumentiert der Autor für die Mikroskopie und Anatomie sowie für die Erforschung der Elektrizität und des Magnetismus. Wie kam es dazu, dass Neugier derart "ansteckend" war in Europa und zum Fundament einer außerordentlich dynamischen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung werden konnte?
Huff macht vor allem soziale und institutionelle Ursachen, wie das Entstehen eines öffentlichen Raumes und neuer Printmedien sowie die weit verbreitete Lese- und Schreibfähigkeit für die technologische, soziale und wirtschaftliche Divergenz zwischen Europa und Asien verantwortlich. Wissen wurde nie zu einem Privileg einer kleinen abgeschotteten Elite, wie es in etwa in dem streng hierarchisch geprägten China oder Indien der Fall war.
Es ist sicherlich korrekt, dass eine Kombination metaphysischer Grundannahmen über das Funktionieren des Mikro- und Makrokosmos sowie rechtliche, soziale und institutionelle Bedingungen die wissenschaftliche Revolution ermöglichten und beförderten. An der Identifikation dieser Bedingungen arbeiten die Wissenschaftsgeschichte und -soziologie schon seit langem. Toby Huffs Beitrag besteht darin, diese Arbeiten in einen globalen, vergleichenden Kontext zu setzen und durch den Kontrast das Bild zu schärfen. Diese Kontrastierung fällt aber zum Teil so stark aus, dass ein leicht schaler Beigeschmack nach der Lektüre bleibt.
Der Autor befragt zu wenig die Voraussetzungen, unter denen seine Analyse stattfindet. So wird von ihm die moderne Wissenschaft westlicher Prägung als der Maßstab definiert, der den Erfolg einer Zivilisation bestimmt, ohne die zunehmend janusgesichtigen Folgen wissenschaftlichen Fortschritts zu problematisieren. Im Angesicht möglicher globaler, von Menschen verursachter Umweltkatastrophen ist die Genugtuung über die Erfolge einer in ein individualistisch-kapitalistisches System eingebetteten Wissenschaft nicht mehr so einfach zu rechtfertigen. Überdies wird in Huffs Darstellung nicht ausreichend deutlich, dass - wie etwa der Historiker Kapil Raj eindrucksvoll gezeigt hat - der andauernde und nachhaltige Kontakt zwischen Süd-, Südost- und Ostasien und Europa seit Beginn des siebzehnten Jahrhunderts zu einer Zirkulation von Wissen und von Praktiken führte, die häufig ihren Ursprung in den Kolonien hatten, deren Herkunft dann aber europäischen Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit verborgen blieb.
Huff betrachtet vor allem Optik und Mechanik, die wesentlichen Bausteine der Newton'schen Physik, die unbestritten eine rein europäische Errungenschaft war. Eine stärkere Betonung von Geologie, Naturgeschichte, Agrarwissenschaften oder der Medizin dürfte allerdings ein komplexeres Bild des Verhältnisses von Europa und dem Rest der Welt ergeben.
Dennoch ist Toby Huffs Buch voller Anregungen für eine Zeit, in der vor allem Indien und China danach streben, Europa und die Vereinigten Staaten wissenschaftlich und technologisch einzuholen oder gar vom Spitzenplatz zu verdrängen. Huffs Buch zeigt, dass die Nachhaltigkeit dieser Anstrengungen möglicherweise geschichtlich stärker bedingt ist als Politikern und Wissenschaftsmanagern dieser aufstrebenden Länder lieb sein kann.
THOMAS WEBER
Toby E. Huff: "Intellectual Curiosity and the Scientific Revolution". A Global Perspective.
Cambridge University Press, Cambridge 2010. 352 S., br., 17,99 £.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
'This is a well-researched, objectively written, eminently readable book. Anyone interested in any dimension of modern science and technology will find it useful.' Rajesh Kochhar, Indian Institute of Science Education and Research, Mohali