Ein sicherer Angestelltenjob, ein Eigenheim auf Pump, ein Leasingauto und ein bisschen an der Börse spekulieren: Wer in diesem Hamsterrad strampelt, wird immer nur abgezockt. Investmentbanker Gerald Hörhan zeigt den Weg in die wirtschaftliche Unabhängigkeit: Wahre Aufsteiger müssen bereit sein, die ökonomischen Konventionen der Mehrheit hinter sich zu lassen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2010Gedanken - tief wie eine Pfütze
Ein Investmentbanker stellt die Schuldfrage
Die Kernaussage von Gerald Hörhans "Investment Punk" liest sich wie die pure Provokation. "Die Wirtschaftskrise haben nicht wir, die Investmentbanker, ausgelöst. Das wart ihr, die Mittelschicht", behauptet der Eigentümer eines offenbar erfolgreichen Unternehmensfinanzierers. Jung, forsch, schnöselig tritt er auf. Doch mag die Publikumsbeschimpfung in manchen Fällen noch kathartische Wirkung haben, lässt sie einen in diesem Fall nur ratlos zurück.
Die auf 190 Seiten aufgeblasenen Börsen- und Investitionsweisheiten sind, anders als der Titel nahelegt, bemerkenswert solide und bieder. Eigentlich positiv. Aber sie sind auch so interessant und neu, dass man sie gut in einer zehnseitigen Broschüre hätte unterbringen können. Bahnbrechendster Gedanke: nie mehr ausgeben, als man einnimmt. Und das ist noch das Bessere an dem OEuvre. Der Rest besteht daraus, Ärzte dafür zu beschimpfen, dass sie ihm sein luxuriöses Leben neiden und abends vor der Glotze vergammeln, und eigene Heldentaten nachzuerzählen. Eine davon: Er hat mit hartem Einsatz ein Busunternehmen saniert, dessen Eigentümer sich Porsche gönnten, obwohl sie sich die gar nicht leisten konnten.
Die Thesen zur Finanzkrise haben zum Teil den gedanklichen Tiefgang einer Pfütze und zeigen, dass auch ein Studium in Harvard und die Arbeit bei McKinsey nicht automatisch einen Menschen klug machen. "Ihr erkennt Unsinn nicht als Unsinn, wenn ihn alle machen. Das war das fundamentale Problem, das zur Finanzkrise geführt hat." Herdentrieb als Erklärungsansatz, wenn man sich mit einem Gebräu von Politik-, Markt-, Verbraucher-, Aufsichts- und Produktgestalterversagen nicht auseinandersetzen zu müssen glaubt.
Wer sich eine Antwort auf die Frage erhofft, was es mit dem Titel auf sich hat, wird enttäuscht. Das Prinzip des Punk - drei Akkorde gegen das Establishment - scheint er nicht zu verstehen. Zumal sich seine Selbstcharakterisierung als "Punk" auf Erfahrungen von Heavy-Metal-Konzerten beschränkt. Alles in allem ist Hörhans Werk ein Buch für Masochisten. Aber immerhin hat es einen Nutzen: Es liefert Wissenschaftlern eine interessante Originalquelle, die eines Tages die Mentalität eines (hoffentlich sehr kleinen) Teils der Finanzakteure zu Beginn des 21. Jahrhunderts erforschen wollen.
PHILIPP KROHN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Investmentbanker stellt die Schuldfrage
Die Kernaussage von Gerald Hörhans "Investment Punk" liest sich wie die pure Provokation. "Die Wirtschaftskrise haben nicht wir, die Investmentbanker, ausgelöst. Das wart ihr, die Mittelschicht", behauptet der Eigentümer eines offenbar erfolgreichen Unternehmensfinanzierers. Jung, forsch, schnöselig tritt er auf. Doch mag die Publikumsbeschimpfung in manchen Fällen noch kathartische Wirkung haben, lässt sie einen in diesem Fall nur ratlos zurück.
Die auf 190 Seiten aufgeblasenen Börsen- und Investitionsweisheiten sind, anders als der Titel nahelegt, bemerkenswert solide und bieder. Eigentlich positiv. Aber sie sind auch so interessant und neu, dass man sie gut in einer zehnseitigen Broschüre hätte unterbringen können. Bahnbrechendster Gedanke: nie mehr ausgeben, als man einnimmt. Und das ist noch das Bessere an dem OEuvre. Der Rest besteht daraus, Ärzte dafür zu beschimpfen, dass sie ihm sein luxuriöses Leben neiden und abends vor der Glotze vergammeln, und eigene Heldentaten nachzuerzählen. Eine davon: Er hat mit hartem Einsatz ein Busunternehmen saniert, dessen Eigentümer sich Porsche gönnten, obwohl sie sich die gar nicht leisten konnten.
Die Thesen zur Finanzkrise haben zum Teil den gedanklichen Tiefgang einer Pfütze und zeigen, dass auch ein Studium in Harvard und die Arbeit bei McKinsey nicht automatisch einen Menschen klug machen. "Ihr erkennt Unsinn nicht als Unsinn, wenn ihn alle machen. Das war das fundamentale Problem, das zur Finanzkrise geführt hat." Herdentrieb als Erklärungsansatz, wenn man sich mit einem Gebräu von Politik-, Markt-, Verbraucher-, Aufsichts- und Produktgestalterversagen nicht auseinandersetzen zu müssen glaubt.
Wer sich eine Antwort auf die Frage erhofft, was es mit dem Titel auf sich hat, wird enttäuscht. Das Prinzip des Punk - drei Akkorde gegen das Establishment - scheint er nicht zu verstehen. Zumal sich seine Selbstcharakterisierung als "Punk" auf Erfahrungen von Heavy-Metal-Konzerten beschränkt. Alles in allem ist Hörhans Werk ein Buch für Masochisten. Aber immerhin hat es einen Nutzen: Es liefert Wissenschaftlern eine interessante Originalquelle, die eines Tages die Mentalität eines (hoffentlich sehr kleinen) Teils der Finanzakteure zu Beginn des 21. Jahrhunderts erforschen wollen.
PHILIPP KROHN
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