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Über den Wahnsinn namens Leben.
Das Leben ist ein wilder Kampf und die Sprache die wichtigste Waffe. Mit Rasanz, Witz und Leidenschaft erzählt Markus Orths von Menschen, die sich gegen uralte Ängste wehren und gegen konkrete existenzielle Bedrohungen; Menschen, die um Liebe und Erkenntnis ringen, um Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung: Ein Wutbürger verklagt die Bundesrepublik Deutschland. Ein Konzernchef wird in die Falle gelockt und mit seinen Opfern konfrontiert. Überall geht es ums Ganze: beim Therapeuten, auf einer einsamen Insel, beim Ghostwriting von Dissertationen oder bei der abenteuerlichen Suche nach dem lang Ersehnten.…mehr

Produktbeschreibung
Über den Wahnsinn namens Leben.

Das Leben ist ein wilder Kampf und die Sprache die wichtigste Waffe. Mit Rasanz, Witz und Leidenschaft erzählt Markus Orths von Menschen, die sich gegen uralte Ängste wehren und gegen konkrete existenzielle Bedrohungen; Menschen, die um Liebe und Erkenntnis ringen, um Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung: Ein Wutbürger verklagt die Bundesrepublik Deutschland. Ein Konzernchef wird in die Falle gelockt und mit seinen Opfern konfrontiert. Überall geht es ums Ganze: beim Therapeuten, auf einer einsamen Insel, beim Ghostwriting von Dissertationen oder bei der abenteuerlichen Suche nach dem lang Ersehnten.

Autorenporträt
Orths, Markus§Markus Orths, 1969 in Viersen geboren, studierte Philosophie, Romanistik und Anglistik in Freiburg. Seine Bücher wurden in insgesamt neunzehn Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet u.a. mit dem Telekom-Austria-Preis (2008) beim Bachmann-Wettbewerb, dem Niederrheinischen Literaturpreis (2009) und dem Phantastikpreis der Stadt Wetzlar (2011). 2012 gewann er den Stückwettbewerb des Theaters Baden-Baden und für die Adaption von "Das Zimmermädchen" den Pariser Prix Théâtre 13 sowie den Publikumspreis. 2015 wurde er für "Alpha & Omega" mit dem Deutschen Science Fiction Preis ausgezeichnet. Die Verfilmung seines Romans "Das Zimmermädchen" kam 2014 in die Kinos. Markus Orths lebt in Karlsruhe.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2013

Ein Snooker-Sieg für die deutsche Literatur

"Irgendwann ist Schluss" heißt der neue Erzählband von Markus Orths. Er bietet Allotria mit tieferer Bedeutung und adelt dabei die Edelform des Billards.

Von Jochen Hieber

Kurz bevor dann wirklich Schluss ist im neuen Erzählband des 1969 geborenen Markus Orths, gibt es noch eine hochkomische Kostbarkeit - den gerade neun Seiten umfassenden Text "Vier Stunden im Garten gelegen", den der Autor "Bonus-Track" nennt, auf gut altmodisch mithin: eine Zugabe. Sie hat es in sich. In dieser Rollenprosa, die den Ich-Erzähler nur als stichwortgebenden Sohn am anderen Ende der Leitung benötigt, belauschen wir den famosen Telefonmonolog einer betagten Kleinbürgerin. Im Nu warmgeplaudert, kommt sie vom Unkrautjäten übers Kreuzworträtsel flugs zum jüngsten Todesfall in der Nachbarschaft und von dort ganz zwangsläufig zum neuen Bestattungsunternehmen am Ort, das - "was für ein Name!" - tatsächlich "Erb" heißt.

O nein, hier wird mit Kalauern keineswegs geknausert: "Die flatrat" fürs Telefon etwa geht als "flache Ratte" durch, Mutters offenbar niederrheinisch grundierter Wortwitz macht aber auch vor "Brigittchen" nicht halt, die nach Scheidung und Wiederheirat nun "Brigitte Nagel-Nägele, geborene Hammer" heißt. Allein die Sprach-Allotria des aus Viersen nahe der holländischen Grenze stammenden Markus Orths steht dabei stets im tieferen Bedeutungsdienst, denn in der Tat: "Irgendwann ist Schluss". Und was dann? "Da hat der Papa schon recht, wenn der sagt, die sollen uns senkrecht begraben, dann können wir die Grabpflege selber machen."Auf eine groteskere Pointe lässt sich der Familienzerfall zu Lebzeiten kaum bringen. Bei der nächsten Lesereise hat der in Karlsruhe lebende Markus Orths jedenfalls einen Publikumshit im Gepäck.

Es empfiehlt sich ohnehin, diesen Erzählband von hinten nach vorne zu lesen, denn im Schlussteil finden sich die wirklich starken Stücke. "Die Stimme", Rollenprosa auch sie, errichtet für den zunächst ungezügelt vorüberrauschenden Redefluss eines Psychoanalyse-Patienten aufs Neue einen Bedeutungsdamm - dies aber auf so unangestrengte, beiläufige Weise, dass wir den Lebensstau des äußerlich erfolgreichen Innenarchitekten schließlich am eigenen Leib zu verspüren meinen.

In "Pygmalion Soap" liefert Orths eine literarische Variante zu Alfred Hitchcocks Meisterfilm "Vertigo - Aus dem Reich der Toten". Gut zwei Jahrzehnte liegt inzwischen die Pennälerliebe des namenlosen Ich-Erzählers zu einer damals rasch und spurlos wieder entschwundenen Mitschülerin zurück. Nun ist er sich völlig sicher, in der etwa Vierzigjährigen, deren Blick ihn an einer Autobahnraststätte streift, das einstige Idol wiedererkannt zu haben. Natürlich folgt er der Frau und spioniert sie aus. Der Rest ist dann eben ein neues James-Stewart-und-Kim-Novak-Drama - wobei Orths, ein gewitzter Konstrukteur, noch eine die dramatische Zuspitzung ironisierende Ebene einzieht: Sein liebestragischer Held verdient seine Brötchen ausgerechnet als Drehbuchknecht für den endlosen Liebeskitsch in den Nachmittags- und Vorabendserien des Fernsehens.

Konstruieren muss der Autor für die beste Geschichte des Bandes lediglich einen leicht mystifizierenden Rahmen, um das Gleichnishafte der Handlung einigermaßen zu beglaubigen. Das gelingt sehr ordentlich. Also befinden wir uns schon nach wenigen Abschnitten in einer luxuriösen Villa mitten in der Karibik, in der ein ominöser "Mittelsmann" mit dem sprechenden Namen Mike Divine ein lakonisches Regiment führt. Es geht, so will es der parabolische Mehrwert, fortan um Spiel und Ernst, Zufall und Notwendigkeit, Verbrechen und Gnade, letztlich um nichts Geringeres als um Leben oder Tod. An der Oberfläche des Geschehens - und sie ist hier das Wesentliche, genauer: das wesenhaft Schöne - aber handelt die Erzählung "Shot to Nothing" so detailpräzise wie hochsinnlich von einer Sportart, die zugleich, ja die vor allem eine Seinsweise ist: Orths also schildert uns Snooker, die Königsdisziplin des Billards.

In Großbritannien erzielt die BBC mit ihren Übertragungen von Snooker-Turnieren seit Jahrzehnten Quotenerfolge, die nur vom Fußball übertroffen werden. In China ist mittlerweile ein Snooker-Markt entstanden, dessen Zuwachsraten jene der Gesamtwirtschaft übertreffen. Und dank der Übertragungen von "Eurosport" hat Snooker inzwischen auch hierzulande ein stetig wachsendes Publikum, wenn auch noch keinen Spitzenspieler. Vor wenigen Jahren erschien "Liebespaarungen", der großartige Snooker-Roman der Amerikanerin Lionel Shriver, auch auf Deutsch (F.A.Z. vom 14. April 2011).

Für die deutsche Literatur jedoch ist die Erzählung von Markus Orths eine veritable Premiere - eine bestens gelungene obendrein. Wer sie gelesen hat, weiß alles Wichtige über dieses Spiel und dessen Transzendenz als "Rechteck des Lebens". Auch der Titel "Shot to Nothing" hat naturgemäß doppelten Boden. So heißt eine taktische Snooker-Variante: Sie meint einen Stoß über nahezu die ganze Länge des mehr als drei Meter langen Tisches, der im Erfolgsfall großen Vorteil verspricht, bei Misserfolg jedoch nur ein sehr geringes Verlustrisiko birgt. "Shot to Nothing" aber ist ganz banal (und brutal) eben auch der Schuss, der einen ins Nichts, also in den Tod befördern kann.

Es gibt in diesem Band zudem zwei Geschichten, in denen sich der Autor als durchaus origineller Epigone erweist: Die Gelehrten-Satire "Löwes Welt", in deren Hinter- und Abgründen man das Rauschen von Thomas Bernhards Prosa vernimmt, und die entfernt mit Friedrich Dürrenmatts "Die Panne" verwandte Restaurant-Groteske "Im Séparée". Von respektabler Skurrilität ist ferner die Wutbürger-Etüde "Bischoff gegen BRD", in der Orths einen Arbeiter auf Rente ins Gerichtsgefecht gegen die staatliche "Steuerveruntreuung" schickt.

Ausgerechnet bei der hochambitionierten, mit fast siebzig Seiten weitaus längsten und gleich am Anfang stehenden Geschichte "Erich, Erich" aber hat der Autor wenig Glück. Kafka-Anspielung plus Krimi und Thriller, Hochsicherheitssatire plus Familiendrama und Identitätssuche, Kolportage als Parabel und vice versa: es ist einfach zu viel, was sich Orths an Erzählehrgeiz aufbürdet. Sechs Romane und zwei Erzählbände hat er seit 2002 bereits publiziert, "Irgendwann ist Schluss" ist nun das neunte Buch. Fraglos ein Talent auf dem Weg zum Werk, unterhält uns Markus Orths nie unter Niveau - und gleichwohl noch mit Luft nach oben.

Markus Orths: "Irgendwann ist Schluss". Erzählungen.

Verlag Schoeffling & Co., Frankfurt am Main 2013. 248 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zumindest einige der hier versammelten Geschichten hat Rezensentin Kristina Maidt-Zinke ganz gern gelesen. Die Hauptfiguren in Markus Orths Erzählungen sind meistens einem Wahn verfallen, der durch äußere Ereignisse oft noch verstärkt wird, so die Kritikern. Im Gegensatz dazu sei Orths Erzählstil von "geradezu buchhalterischer Nüchternheit". Das kann, wie in der Eingangserzählung, arg öde werden, meint die Rezensentin. Aber wenn es gut geht, entsteht aus dem Gegensatz unterschwelliger Horror oder eine Groteske, über die sich die Kritikerin durchaus amüsieren kann.

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