Trauer und Verlustbewältigung sind höchst sensible und individuelle Bereiche, die stark von eigenen Erfahrungen geprägt sind. Für einen Autor handelt es sich daher auch um ein höchst undankbares Motiv: Geht er allzu sehr in die Tiefe, dann wird es ihm nie gelingen, die Erwartungen aller Leser zu
treffen, gleichzeitig droht ihm im umgekehrten Fall schnell der Vorwurf der Oberflächlichkeit.
Ein…mehrTrauer und Verlustbewältigung sind höchst sensible und individuelle Bereiche, die stark von eigenen Erfahrungen geprägt sind. Für einen Autor handelt es sich daher auch um ein höchst undankbares Motiv: Geht er allzu sehr in die Tiefe, dann wird es ihm nie gelingen, die Erwartungen aller Leser zu treffen, gleichzeitig droht ihm im umgekehrten Fall schnell der Vorwurf der Oberflächlichkeit.
Ein unwiderstehliches Duo
Bobby Palmer entscheidet sich - ob bewusst oder unbewusst - für einen recht eleganten Weg und stellt den Bewältigungsprozess von Isaac stellvertretend anhand Isaacs Beziehung zum Ei dar.
So wie eine Freundschaft ihre Höhen und Tiefen hat, so verläuft auch der Heilungsprozess nicht immer geradlinig (Ich weiß, der Vergleich hinkt ganz schön …). Und auch wenn wir nicht jeden Schritt von Isaac mitverfolgen (kleiner Zeitsprünge sind ein gern genutztes Mittel), so kann man doch an dem Verhältnis der außergewöhnlichen Wohngemeinschaft ablesen, wie es um Isaacs Zustand bestellt ist.
Wir bekommen hautnah mit, wie sich die beiden unterschiedlichen Charaktere einander nähern, nach einigen Missverständnissen Freunde werden, miteinander hadern und sich dann wieder vertragen. Wie es sich für eine gute Buddy Geschichte gehört, erleben wir mit den beiden brenzlige Abenteuer, lachen über kleinere und größere Missgeschicke und verdrücken das eine oder andere Mal durchaus eine Träne. Spielerisch gelingt es uns Lesern dabei, eine starke Bindung zu beiden Figuren aufzubauen.
Glücklicherweise verzichtet der Autor dabei auf oberlehrerhafte oder sachbuchartige Darstellungen, wie man mit diesem Thema umgehen müsse. Natürlich erhalten wir exemplarisch – gerne auch detaillierte und intensive – Einblicke in Isaacs Innenleben, doch diese halten sich zum Glück in Grenzen. In den meisten Fällen hält der Autor den gebotenen Abstand zum Thema ein und beschränkt sich wie schon erwähnt auf eine Art passive Darstellung.
Ich habe mich übrigens dazu entschlossen, zum Ei selbst möglichst wenig Worte zu verlieren. Nicht nur weil ich kaum Worte dafür finde, auch würde jede tiefergehende Beschreibung unweigerlich wesentliche Teile der Handlung vorwegnehmen.
Die Beziehung zwischen Isaac und dem Ei gehört ohne Frage zum Herzstück dieses Romans – jedoch stellen sie nicht die einzigen Figuren dar, die den Roman bevölkern.
Ebenfalls eine große Rolle spielt Isaacs tote Frau Mary, der wir in zahlreichen Rückblenden begegnen. Palmer nimmt uns dabei mit von der ersten Begegnung zwischen ihr und Isaac bis hin zu ihrem tragischen Tod. Auch wenn der Verlauf dieses Handlungsstrangs wenig originell und ein Stück weit vorhersehbar erscheint, so fügt er immerhin eine weitere emotionale Komponente hinzu.
Kaum der Rede wert erscheinen hingegen Charaktere wie Marys Mutter oder Isaacs Schwester – der Roman hätte nichts verloren, wenn sie fehlen würden.
Alles in allem geht Palmer sehr souverän mit diesem Thema um – gerade für einen Debütroman eine beachtliche Leistung.
Leider merkt man seinem Stil den Erstling an. Palmer neigt nämlich zu ellenlangen Sätzen und ist fest dazu entschlossen, bis zum bitteren Ende daran festzuhalten. Egal ob es sich um actionreiche, humorvolle oder nachdenkliche Szenen handelt – regelmäßig begegnen uns zeilenlange Bandwurmsätze, die es zu überwinden gilt.
Auch fehlt es den Dialogen ein Stück weit an Esprit – weite Teile des Humors zehren von der absurden Situationskomik. Das ist besonders schade, da ein Ei natürlich einiges an Potential geboten hätte.
Was bleibt?
Isaac und das Ei von Bobby Palmer stellt ein insgesamt überraschend gelungenes Debüt dar. Der Autor geht mit der sensiblen Thematik angemessen und souverän um – angesichts eines Eis als Hauptfigur sicherlich kein leichtes Unterfangen.
Überzeugen konnte mich dabei vor allem die herzerwärmende Beziehung zwischen Isaac und dem Ei und die Herangehensweise des Autors.
Stilistisch besitzt der Autor noch so einige Schwächen. So neigt er an den unpassendsten Stellen zu einem viel zu langen Satzbau. Darüber hinaus wirkt die Geschichte an einigen Stellen nicht wirklich durchdacht. Gerade das Ende scheint im letzten Moment noch einige kurzfristige Änderungen erfahren zu haben, die der Aufbau so nicht hergibt.
Aber letztlich fallen diese Punkte nicht so sehr ins Gewicht, als dass sie die Geschichte verderben würden. Wer dieser Thematik etwas abgewinnen kann und ein kurzweiliges Buch zum Lachen und Weinen sucht, wird hier sicherlich fündig! Ein Meisterwerk darf man allerdings nicht erwarten.