Die größte Migrantengruppe in Deutschland sind die etwa zwei Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger türkischer Herkunft. Der Islam spielt aus der Perspektive der Einwanderer eine wichtige Rolle für ihre Identität und Orientierung. In der Mehrheitsgesellschaft löst der Islam dagegen Furcht aus vor Kulturkonflikten und führt zum Teil zur ausgrenzenden Proklamierung einer deutschen Leitkultur. Ist die Annahme berechtigt, wonach die islamische Herkunftskultur der Migranten und die christlich-westliche Moderne des Einwanderungslandes kaum vereinbar sind? Ist die muslimische Religiosität ein Integrationshindernis?Die Ergebnisse dieser Untersuchung über die Praxis und Bedeutung der muslimischen Orientierung von türkischen Migrantenjugendlichen erweisen Gegenteiliges: Sie bekennen sich einerseits sehr eindeutig zu ihrer muslimischen Religion, passen aber andererseits ihre religiöse Praxis überwiegend differenziert, individuell und pragmatisch an eigene Bedürfnisse und Lebensumstände an. Deshalb entwickeln die Jugendlichen erkennbar eigene Kulturmuster auch im Bezug auf ihre Religiosität.Ihr Muslim-Sein ist nicht als traditionale Orientierung sondern als Traditionsbewußtsein zu verstehen. Es ist Ausdruck eines Wertekanons, wie ihn der Einzelne für sich in der Konfrontation mit der Moderne im Rahmen des türkisch-muslimischen common sense interpretiert. Es zeigt sich, dass ihr Muslim-Sein die Integrationsfähigkeit der Jugendlichen nicht hemmt, sondern als gelebtes Beispiel kulturellen Wandels fördern kann.
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Die Arbeit Necla Keleks bietet eine tiefgehende Analyse ausgewählter Migrations- und Sozialisationstheorien, die sich mit der Identitätsbildung und Orientierung bei Migrantenjugendlichen beschäftigen. Gleichzeitig ermöglicht der empirische Teil ihrer Studie einen authentischen Einblick in das Selbstverständnis und in die gelebte Religiosität der befragten Jugendlichen. Indem die Autorin bei den Jugendlichen anSetzt und sie als "Experten für ihre Lebenswelt" (S. 94) selbst zu Wort kommen lässt, ist es ihr gelungen, ein unvoreingenommenes Bild ihrer Lebenswirklichkeit zu zeichnen. - Aus: Top-Berlin International.