Als Alfred Ehrhardt (1901-1984) im Jahr 1938 auf seiner zweimonatigen Film- und Fotoexpedition durch Island alle heute bekannten Landschaftsmonumente wie Dettifoss, Thingvellir, Geysir oder Langsjökull aufsuchte, stellte eine solche Rundreise - mit dem per Schiff importierten hochrädrigen Ford und auf Pferderücken - noch ein zuweilen lebensgefährliches Abenteuer dar. Nach seinen ersten Fotoserien Das Watt und Die Kurische Nehrung führte ihn seine Suche nach den »Elementaren Gestaltungen der Urkräfte« folgerichtig in diese vom Menschen unberührte, von Gletschern und Vulkanen geprägte »Urlandschaft«, wo er sich Einblick in den Prozess der Weltentstehung versprach. Christiane Stahl und Inga Lára Baldvinsdóttir erschließen in dieser Publikation mit reichem Bildmaterial die Hintergründe der Island-Expeditionen deutscher Forscher und Fotografen in den 1920er und 1930er Jahren. Dabei wird Ehrhardts typologische Landschaftsauffassung und sein abstrakt-avantgardistisches Bildvokabular beleuchtet, das ihn von den Fotografen seiner Zeit unterscheidet und der isländischen Landschaftsfotografie neue Impulse vermittelte.
Ausstellungen: Alfred-Ehrhardt-Stiftung, Köln 19.11.2005-14.1.2006 · National Museum of Iceland, Reykjavik Frühjahr 2006
In 1938, Alfred Ehrhardt (1901-1984) embarked upon a two-month film and photo expedition through Iceland, visiting such now well-known landscape monuments as Dettifoss, Thingvellir, Geysir, and Langsjökull. His tour of the island in a high-wheeled Ford and on horseback was a truly ambitious and, at times, quite dangerous venture. Following his first photo series, Das Watt (Mudflats) and Die Kurische Nehrung (Curonian Spit), it was only logical that his quest for "elementary manifestations of fundamental forces" would lead him to this untouched "primal landscape" shaped by glaciers and volcanoes, where he hoped to gain insights into Earth's origin. In this richly illustrated publication, Christiane Stahl and Inga Lára Baldvinsdóttir illuminate the background of the Iceland expeditions of German photographers and researchers during the twenties and thirties. In the process, they explore the typological approach to the landscape and the abstract, avant-garde visual vocabulary that set Ehrhardt apart from the other photographers of his time and provided new impulses to landscape photography in Iceland.
Exhibition schedule: Alfred-Ehrhardt-Stiftung, Cologne, November 19, 2005-January 14, 2006 · National Museum of Iceland, Reykjavik, spring 2006
Ausstellungen: Alfred-Ehrhardt-Stiftung, Köln 19.11.2005-14.1.2006 · National Museum of Iceland, Reykjavik Frühjahr 2006
In 1938, Alfred Ehrhardt (1901-1984) embarked upon a two-month film and photo expedition through Iceland, visiting such now well-known landscape monuments as Dettifoss, Thingvellir, Geysir, and Langsjökull. His tour of the island in a high-wheeled Ford and on horseback was a truly ambitious and, at times, quite dangerous venture. Following his first photo series, Das Watt (Mudflats) and Die Kurische Nehrung (Curonian Spit), it was only logical that his quest for "elementary manifestations of fundamental forces" would lead him to this untouched "primal landscape" shaped by glaciers and volcanoes, where he hoped to gain insights into Earth's origin. In this richly illustrated publication, Christiane Stahl and Inga Lára Baldvinsdóttir illuminate the background of the Iceland expeditions of German photographers and researchers during the twenties and thirties. In the process, they explore the typological approach to the landscape and the abstract, avant-garde visual vocabulary that set Ehrhardt apart from the other photographers of his time and provided new impulses to landscape photography in Iceland.
Exhibition schedule: Alfred-Ehrhardt-Stiftung, Cologne, November 19, 2005-January 14, 2006 · National Museum of Iceland, Reykjavik, spring 2006
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.2006Urkräfte im Schotterfeld
In der Geschichte der deutschen Fotografie ist Alfred Ehrhardt zwischen Albert Renger-Patzsch und Karl Blossfeldt kaum mehr als eine Fußnote. Bekannt sind einige seiner Muschelstilleben und die abstrakten Landschaften des Wattenmeers, für die Ehrhardt in den dreißiger Jahren die Bildsprache der Neuen Sachlichkeit voll ausgeschöpft hat, ohne sie jedoch entscheidend weiterzuentwickeln. Daß sich hinter seiner Dokumentation der Meeresströmungen und ihren Abbildungen im Strand und Schlick fern des l'art pour l'art eine Untersuchung der Naturkräfte versteckte, war bekannt, auch wenn man es den Bildern und ihrer ornamentalen Schönheit nicht unbedingt ansehen konnte. Jetzt aber, da die Kölner Alfred-Ehrhardt-Stiftung dessen Island-Fotos eine neue Ausgabe gewidmet hat (1939 war schon eimal ein Island-Buch erschienen), begreift man augenblicklich, wie sehr ihm an der Kraft hinter der schöpferischen Natur lag. Zwei Monate lang war Ehrhardt im Jahr 1938 mit dem Auto, auf dem Pferd und zu Fuß durch ein damals kaum erschlossenes Island gereist, um nach Spuren der "elementaren Gestaltung der Urkräfte" zu suchen. Er fand sie in aufgeworfenen Basaltsäulen und tosenden Wasserfällen, in der Struktur erkalteter Lava und in der Mondlandschaft endloser Schotterfelder. Dabei gerieten ihm die Bilder nie düster, sondern griffen das Sublime des neunzehnten Jahrhunderts auf und nahmen das Informel der fünfziger Jahre vorweg. Es ist ein stilles und zugleich grandioses Buch entstanden.
F.L.
"Island" von Alfred Ehrhardt. Herausgegeben von Christiane Stahl für die Alfred-Ehrhardt-Stiftung. Hatje-Cantz Verlag, Ostfildern 2006. 136 Seiten, zahlreiche Abbldungen. Gebunden, 35 Euro. ISBN 3-7757-1645-9.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In der Geschichte der deutschen Fotografie ist Alfred Ehrhardt zwischen Albert Renger-Patzsch und Karl Blossfeldt kaum mehr als eine Fußnote. Bekannt sind einige seiner Muschelstilleben und die abstrakten Landschaften des Wattenmeers, für die Ehrhardt in den dreißiger Jahren die Bildsprache der Neuen Sachlichkeit voll ausgeschöpft hat, ohne sie jedoch entscheidend weiterzuentwickeln. Daß sich hinter seiner Dokumentation der Meeresströmungen und ihren Abbildungen im Strand und Schlick fern des l'art pour l'art eine Untersuchung der Naturkräfte versteckte, war bekannt, auch wenn man es den Bildern und ihrer ornamentalen Schönheit nicht unbedingt ansehen konnte. Jetzt aber, da die Kölner Alfred-Ehrhardt-Stiftung dessen Island-Fotos eine neue Ausgabe gewidmet hat (1939 war schon eimal ein Island-Buch erschienen), begreift man augenblicklich, wie sehr ihm an der Kraft hinter der schöpferischen Natur lag. Zwei Monate lang war Ehrhardt im Jahr 1938 mit dem Auto, auf dem Pferd und zu Fuß durch ein damals kaum erschlossenes Island gereist, um nach Spuren der "elementaren Gestaltung der Urkräfte" zu suchen. Er fand sie in aufgeworfenen Basaltsäulen und tosenden Wasserfällen, in der Struktur erkalteter Lava und in der Mondlandschaft endloser Schotterfelder. Dabei gerieten ihm die Bilder nie düster, sondern griffen das Sublime des neunzehnten Jahrhunderts auf und nahmen das Informel der fünfziger Jahre vorweg. Es ist ein stilles und zugleich grandioses Buch entstanden.
F.L.
"Island" von Alfred Ehrhardt. Herausgegeben von Christiane Stahl für die Alfred-Ehrhardt-Stiftung. Hatje-Cantz Verlag, Ostfildern 2006. 136 Seiten, zahlreiche Abbldungen. Gebunden, 35 Euro. ISBN 3-7757-1645-9.
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