Nach einem jahrzentelangen Siegeszug ist der Markt in eine schwere Krise geraten. Nur durch extreme Rettungsmaßnahmen des Staates konnte eine Kernschmelze des Weltfinanzsystems verhindert werden. Banker, die als die Helden des 21. Jahrhunderts bewundert wurden, stehen jetzt am Pranger von Politik und Medien. Das Pendel, das lange Zeit weit in die Richtung des Marktes ausgeschlagen war, droht jetzt in die Gegenrichtung zu schwingen. Wenn dabei nicht auch noch die Globalisierung der Gütermärkte gefährdet werden soll, muss rasch gehandelt werden. Die einzige Rettung des Marktes ist ein Staat, der weit mehr als bisher dafür sorgen muss, dass der wachsende Wohlstand nicht nur einigen wenigen, sondern breiten Bevölkerungsschichten zugute kommt. Das erfordert ein Umdenken: Staat und Markt sind keine Gegner. Ohne einen starken Staat zerstört der Markt sich selbst.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.06.2009Erhard und Keynes
Peter Bofinger will Staat und Markt wieder versöhnen
Peter Bofinger arbeitet an seinem Image: Früher war er stolz darauf, einer der wenigen Keynesianer in Deutschland zu sein. Heute hat er sicher nichts dagegen, wenn ihn die Zeitschrift "The International Economy", wie auf dem Buchrücken zu lesen ist, als neuen "Star-Ökonom in der Tradition Ludwig Erhards" bezeichnet. Dass das eine mit dem anderen zusammenpasst, ist ein wichtiges Anliegen seines neuen Buches, zu dem die aktuelle Krise nicht viel mehr als ein Aufhänger ist, und ihre Schilderung nimmt mit rund 65 Seiten daher auch nur einen übersichtlichen Teil in Anspruch.
Bofinger, Mitglied des Sachverständigenrats und Professor an der Universität Würzburg, präsentiert eine Botschaft, die er schon lange vertritt: In Deutschland sind seit langem die Koordinaten, die das Verhältnis von Markt und Staat kennzeichnen, verrückt. Bofinger postuliert, dass die Wirtschaftspolitik der Vergangenheit die Kontrolle über die Märkte preisgegeben habe, worunter nun das Gemeinwesen leiden müsse. Immer mehr Bürger stellten daher sowohl die Marktwirtschaft als auch die Demokratie in Frage. Bofingers These, wonach sich ein Marktradikalismus besonders in Deutschland ausgetobt habe, dürfte viele Liberale erstaunen, die mit Blick auf Staatsquoten und Regulierungen die Regierungszentrale nicht unbedingt auf dem Mont Pèlerin verorten würden.
Der Ökonom fordert ein "Ende des Prozesses der Entstaatlichung" und "ausreichende Handlungskompetenzen" für den Staat, um die wirtschaftliche Dynamik wiederzugewinnen und die Menschen mit Demokratie und Marktwirtschaft wieder zu versöhnen.
gb.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Peter Bofinger will Staat und Markt wieder versöhnen
Peter Bofinger arbeitet an seinem Image: Früher war er stolz darauf, einer der wenigen Keynesianer in Deutschland zu sein. Heute hat er sicher nichts dagegen, wenn ihn die Zeitschrift "The International Economy", wie auf dem Buchrücken zu lesen ist, als neuen "Star-Ökonom in der Tradition Ludwig Erhards" bezeichnet. Dass das eine mit dem anderen zusammenpasst, ist ein wichtiges Anliegen seines neuen Buches, zu dem die aktuelle Krise nicht viel mehr als ein Aufhänger ist, und ihre Schilderung nimmt mit rund 65 Seiten daher auch nur einen übersichtlichen Teil in Anspruch.
Bofinger, Mitglied des Sachverständigenrats und Professor an der Universität Würzburg, präsentiert eine Botschaft, die er schon lange vertritt: In Deutschland sind seit langem die Koordinaten, die das Verhältnis von Markt und Staat kennzeichnen, verrückt. Bofinger postuliert, dass die Wirtschaftspolitik der Vergangenheit die Kontrolle über die Märkte preisgegeben habe, worunter nun das Gemeinwesen leiden müsse. Immer mehr Bürger stellten daher sowohl die Marktwirtschaft als auch die Demokratie in Frage. Bofingers These, wonach sich ein Marktradikalismus besonders in Deutschland ausgetobt habe, dürfte viele Liberale erstaunen, die mit Blick auf Staatsquoten und Regulierungen die Regierungszentrale nicht unbedingt auf dem Mont Pèlerin verorten würden.
Der Ökonom fordert ein "Ende des Prozesses der Entstaatlichung" und "ausreichende Handlungskompetenzen" für den Staat, um die wirtschaftliche Dynamik wiederzugewinnen und die Menschen mit Demokratie und Marktwirtschaft wieder zu versöhnen.
gb.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Mit viel Gewinn hat Rezensent Robert Misik dieses Buch des Starökonomen Peter Bofinger gelesen, das seinen Informationen zufolge mit vielen ökonomischen Globalisierungsmantras abrechnet, und hoch überzeugend zu Ludwig Erhards "alten Maximen" zurückführe. So weise Bofinger schlüssig nach, dass die globale Makroökonomie eben doch noch nationalstaatlich steuerbar ist, was gerade die aktuelle Krise gelehrt habe. Auch vor dem Abbau der Sozialstaatlichkeit mahne er mit Verve und mit Blick auf Erhards Vorstellungen von einer sozialen Marktwirtschaft. Denn die stärke das Vertrauen in den Staat, der auch ein wichtiger Stabilitätsgarant der Märkte sei. Wie fatal ein zuwenig an Staat und ein zuviel an Markt sich auswirken könnten, sei die zentrale Lehre aus der "Kernschmelze auf den Finanzmärkten" in diesem Jahr.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH