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"Es ist ein altes Segelschiff. Aus Holz. Ich bin mir ganz sicher. Keine Masten mehr, nur noch Stumpen, von Eis überzogen. Und am Steuerrad steht ein Mann. Festgefroren." Das sind die letzten Notizen des Eisforschers Charles Sunderby, festgehalten im Tagebuch kurz vor seinem Flugzeugabsturz in der Antarktis. Iris, die junge Witwe, will Näheres über den Tod ihres Mannes in Erfahrung bringen. Sie heuert eine erfahrene Crew an, mit der sie Richtung Südpol segelt. Einen Verbündeten findet sie in dem undurchsichtigen einarmigen Schotten Iain Ward, der ein merkwürdiges Interesse an dem entdeckten Schiffswrack (einer Fregatte aus dem 19. Jahrhundert?) zeigt.…mehr

Produktbeschreibung
"Es ist ein altes Segelschiff. Aus Holz. Ich bin mir ganz sicher. Keine Masten mehr, nur noch Stumpen, von Eis überzogen. Und am Steuerrad steht ein Mann. Festgefroren." Das sind die letzten Notizen des Eisforschers Charles Sunderby, festgehalten im Tagebuch kurz vor seinem Flugzeugabsturz in der Antarktis. Iris, die junge Witwe, will Näheres über den Tod ihres Mannes in Erfahrung bringen. Sie heuert eine erfahrene Crew an, mit der sie Richtung Südpol segelt. Einen Verbündeten findet sie in dem undurchsichtigen einarmigen Schotten Iain Ward, der ein merkwürdiges Interesse an dem entdeckten Schiffswrack (einer Fregatte aus dem 19. Jahrhundert?) zeigt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.1995

Mensch an dünnem Faden
Bei Hammond Innes müssen sich Jacke und Schuhwerk bewähren

Wer nichts zu sagen hat, der geht auf Reisen. Er packt seine Siebensachen, er setzt den Finger auf die Landkarte und zieht los, dem Erleben entgegen, mitten in die weißen Flecken der Phantasie. Reiseliteratur nennt man die pazifistische Form des Kolonialismus, dessen angenehmste Erscheinungen im Gewand zivilisierter Nachdenklichkeit das Feld der Erfahrungen beackern, um dann mit reicher Ausbeute nach Hause zurückzukehren.

In den Reihen dieser Kundschafter taucht der Fremdenlegionär als Abenteurer im Dienst der Gefahr wieder auf. Die Feder in der Hand und von Gedanken unbeschwert, stürzt er sich kopfüber in die angenehme Pflicht, von den Schwierigkeiten des Überlebens zu berichten. Und so geschieht es, daß draußen in der weiten Welt die Abenteuerromane entstehen, die von den Leuten daheim gelesen werden sollen. Was auch immer wieder passiert und den volksmundigen Spruch nicht Lügen straft, daß der was zu erzählen hat, der in der Ferne gewesen ist.

Der Alltag in der Fremde ist dem Abenteuersucher banal und nichts davon der emphatischen Rede wert. Aus dem Sprößling, der auszog, das Fürchten zu lernen und zu kultivieren, wächst ein Erzähler für den Hausgebrauch eben nur auf dem Boden der Gefahr. Keine erfolgreiche Abenteuerreise ohne Kribbeln und Zähneklappern, Düsternis und Risiko. Schwarze Wolken kündigen ab sofort Unheil an, zuckende Blitze nehmen immer die Schreckenssekunde vorweg, schicksalhaft und ausweglos gießt es allerorten in Strömen, und es spricht höchste Gewalt im Sturm eine deutliche Sprache, weil alles Menschenwerk über den Haufen zu schmeißen die Mächte sich anschicken, um dem Menschenkind zu zeigen, an welch dünnem Faden sein Leben hängt. Wer aber hätte es auf dem Gipfel solcher Spannung gedacht, daß alles noch einmal gut ausgehen würde. Abenteuer gilt es zu bestehen.

Wenn also einer wie Hammond Innes drei Jahre seines Lebens auf den Weltmeeren herumsegelt und auch gut über Land kommt, dann wird er wohl einiges zu erzählen haben. Das mag sein, ist aber noch lange kein Grund, einen Roman zu schreiben. Hammond Innes hat neunundzwanzig Romane und sechs historische Sach-und Reisebücher geschrieben. Wer über so viele Erfahrungen im Schreiben und Reisen verfügt, dem kann keiner so leicht ins Wort fallen.

Den Helden seines neuen Romans schickte Innes an das südliche Ende der Welt, ins Packeis des Weddellmeers. Was den immensen Vorteil bietet, daß die Landschaftsbeschreibung recht karg ausfallen kann, andererseits recht viel von Focksegel, Reff, Hanger, Webeleine, Backbordhalsen, Meilen und so weiter die Rede sein darf, wodurch der Eindruck bestärkt wird, hier spreche einer, der wirklich vom Fach ist. Die alles entscheidende Frage müßte für den bootskundigen Autor gewesen sein, warum dieser Segelkurs unbedingt dort unten stattfinden sollte. Ein Plot mußte her, der den Bogen ins Packeis spannte und die Geschichte auf Bucheslänge in rasante Fahrt brachte, so rasant, daß keiner abspringen würde.

Der beste Weg ins Abenteuer führt durch das Unbekannte. Wenn man als Autor dort den Überblick verliert und darauf angewiesen ist, jede naheliegende Szene anzulaufen, dann ergeht man sich auch in wortreichen Vermutungen, offensichtlichen Gerüchten, penetranten Andeutungen, und welche Notanker und Halteseile es noch geben mag. Hammond Innes erweist sich auch hier als ein versierter Autor.

Ein altes Segelschiff steckt tief im Eis fest, und eine Handvoll Menschen macht sich auf die Suche. Dadurch war der Weg ins Meer und aufs Schiff gesichert. Südamerika ist ein politisch unsicheres Pflaster, der Falkland-Krieg lag noch nahe genug, um nicht die Vermutung aufsteigen zu lassen, hier würde Politkolorit in Eimern herbeigeschafft, und also stand auch der Kurs fest, und Hammond Innes machte sich auf, politischen Anstand und moralische Würde Hand in Hand die Segel wortreich hissen zu lassen und im lebensbedrohlichen Eis ein für allemal die offensichtlich guten von den offensichtlich bösen Menschen zu trennen.

Wer neunundzwanzig Bücher geschrieben hat, der wird darauf pochen, daß er eine Geschichte zu basteln verstehe. Wenn Kitsch der Leim ist, der die Bretter dieser kleinen Welt zusammenhält, dann ist, was da zusammengereimt wird, zwar wasserdicht, es wiegt aber nichts. So dümpelt die Geschichte auf den Gemeinplätzen dahin, bis sie das Ende erreicht hat. Von den Menschen muß man nach diesem Abenteuer sagen, daß manche so, andere aber anders sind, die einen gut, die anderen böse, während die meisten irgendwo dazwischenliegen. Das war allen auf dieser langen Fahrt ins Ungewisse klargeworden. Man hatte das Geheimnis gelüftet und das Böse bezwungen, und das Leben war darauf irgendwie reicher geworden; und man wußte, es warteten irgendwo noch andere Autoren sprachlos, doch entschlossen auf ihre Abenteuer. EBERHARD RATHGEB

Hammond Innes: "Isvik". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Walter Ahlers. Verlag Volk & Welt, Berlin 1995. 368 S., geb., 42,- DM.

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