Milos Crnjanski zählt zu den herausragenden Autoren der serbischen Avantgarde. Ihm ist es gelungen, die Schlachtfelder des ersten Weltkriegs zu überleben und eine Zuflucht zu suchen in imaginären Welten. Seine poetische Prosa hat die moderne serbische Literatursprache geradezu erschaffen. Die Ursprünge Crnjanskis liegen jedoch in der Lyrik. Ithaka ist kein harmloses Gedichtbändchen für den Nachttisch. Ithaka ist die grausame Abrechnung mit dem alten Mitteleuropa der k.u.k. Monarchie und in seiner sarkastisch-pazifistischen Haltung aktueller denn je zum Verständnis der fortwährenden Konflikte auf dem Balkan. Crnjanski bricht sowohl mit den Großmachtträumen Serbiens, die sich auf Zar Dusan und das Amselfeld berufen, als auch mit dem verlogenen Humanismus der Westmächte. 1967, acht Jahre nach Erscheinen des Originals, publizierte der Suhrkamp-Verlag Peter Urbans Übersetzung der Kommentare zu Ithaka, die Crnjanski zu seinen Gedichten schrieb. Der im Jahr 1919 in Belgrad für Aufruhr sorgende Gedichtband selbst blieb dem deutschsprachigen Publikum bislang vorenthalten - eine absurde Editionsgeschichte, die mit der vorliegenden Ausgabe endlich ihren Abschluß findet. Ist expressionistische Lyrik mit pazifistischer Botschaft - in der Kalkulation der einschlägigen Verlage - nicht mehr "angesagt"? Paßt sie nicht ins gängige Feindbild vom "bösen Serbien"? "Mit diesem Band revolutionierte Crnjanski die serbische Lyrik: Er stellte die Metrik zurück, Intonation und Syntax sind ihm wichtig. Die Sätze gehen fließend von Lyrik in Prosa über." Novica Petkovic. "Milos Crnjanski gehört - mit Ivo Andric und Miroslaw Krleza - zum Dreigestirn der jugoslawischen Klassiker der Moderne." Ilma Rakusa.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Ilma Rakusa nutzt den jetzt auf Deutsch vorliegenden Gedichtband "Ithaka" von Milos Crnjanski als Gelegenheit, auf diesen, wie sie findet, hierzulande unbegreiflicher Weise unbekannten "modernen Klassiker des alten Jugoslawien" hinzuweisen. In den 1919 erschienenen Gedichten, die sich um traumatisierende Kriegserfahrungen drehen, versammelt der Lyriker die verschiedensten lyrischen Formen vom Trinklied bis zur Hymne, es dominiert aber bei allem Expressionismus ein melancholischer Ton, so die Rezensentin. Sie fühlt sich ganz in den Bann dieser Verse gezogen, die ein starkes musikalisches Element aufweisen, wie sie betont. Etwas bekümmert ist Rakusa, dass es der deutschen Übersetzung nicht ganz gelingt, den "Zauber" der Gedichte auch in die deutsche Fassung hinüberzuretten. Insbesondere die Klarheit und "Direktheit", die die Rezensentin an den Originalgedichten so schätzt, werde mitunter dem Reim zuliebe geopfert, klagt sie. Doch will Rakusa auch nicht undankbar sein, denn sie freut sich nachdrücklich, dass mit dem vorliegenden Band ein wichtiger Lyriker "von europäischem Rang" nun auch für das deutschsprachige Publikum greifbar ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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