Außergewöhnlicher Reisebericht über Pilgerreisen im 4. Jahrhundert
Itinerarien sind in römischer Zeit bloße Wegbeschreibungen mit Angaben über das Straßennetz und Entfernungen gewesen. Im christlichen Kulturkreis wurden Itinerarien dann vor allem für Pilgerreisen verfasst und durch Hinweise auf
religiöse oder kulturelle Sehenswürdigkeiten erweitert. Eine solche Pilgerfahrt unternahm gegen Ende…mehrAußergewöhnlicher Reisebericht über Pilgerreisen im 4. Jahrhundert
Itinerarien sind in römischer Zeit bloße Wegbeschreibungen mit Angaben über das Straßennetz und Entfernungen gewesen. Im christlichen Kulturkreis wurden Itinerarien dann vor allem für Pilgerreisen verfasst und durch Hinweise auf religiöse oder kulturelle Sehenswürdigkeiten erweitert. Eine solche Pilgerfahrt unternahm gegen Ende des 4. Jahrhunderts (vermutlich von 381 bis 384) eine vornehme christliche Römerin namens Egeria, wobei sie – teilweise mit militärischer Begleitung – durch Palästina, Ägypten und Syrien reiste und Reiseberichte verfasste – damals für eine Frau ein außergewöhnliches Novum. Zwischen ihren Reisen muss sie immer wieder längere Zeit in Jerusalem verbracht haben, da sie alle christlichen Festzeiten und liturgischen Handlungen dort (Epiphanie, Fastenzeit, Osterzeit, Kirchweihe) aus eigener Anschauung schildert, ebenso Begegnungen mit Bischöfen und Mönchen.
Der erhaltene Teil ihres Berichts (daher der Name „Itinerarium Egeriae“) wurde 1884 in Italien gefunden und bedeutete für Philologen, Historiker, Archäologen und Liturgiewissenschaftler eine Sensation. Denn dieser älteste von einer Frau verfaßte Pilgerbericht in spätantikem Latein bot nicht nur unschätzbare Informationen über den Zustand der heiligen Stätten kurz nach der „Konstantinischen Wende“, sondern dokumentierte auch erstmals die Entstehung des Kirchenjahres in Jerusalem. Eine über 100 Seiten umfassende Einleitung führt in den aktuellen Forschungsstand zum Manuskript ein, wobei sich beim eigentlichen Manuskript jeweils der lateinische Text und eine gut gelungene deutsche Übersetzung auf einer Doppelseite gegenüberstehen.
Die vorliegende Sonderausgabe des Itinerariums ist die 3., überarbeitete und ergänzte Neuauflage des Bandes aus der Reihe Fontes Christiani, die schon 1995 bzw. 2000 erschienen war. In dieser Neuauflage wird der überlieferte Text der Egeria ergänzt durch die Fragmente aus Petrus Diaconus’ Schrift „De locis sanctis“, mit deren Hilfe sich verlorengegangene Passagen des Itinerariums Egeriae rekonstruieren lassen; sie wurden für diese Sonderausgabe erstmals ins Deutsche übersetzt. Ebenfalls berücksichtigt wurden die 2005 neu aufgefundenen Fragmente aus einer Madrider Handschrift. Umfangreiche Anmerkungen, Kommentare, wissenschaftliche Register und sieben geographische Karten erschließen den Zugang zum Werk.