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Jacob Michael Reinhold Lenz (1751-1792) hat seinen Platz in der Literaturgeschichte. Er gilt als ein Hauptvertreter des Sturm und Drang und 'sozialkritischer Komödiendichter', als 'Konkurrent Goethes', der in seinen späteren Jahren 'geistig umnachtet' gewesen sei: alles in allem eine ebensaußergewöhnliche und bedeutende wie exzentrische und pathologische Figur. Entgegen diesen gängigen Etikettierungen der Literaturgeschichtsschreibung liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung auf der gesellschaftlichen Einbettung von Lenz' schriftstellerischer Arbeit und seiner Rolle als Autor, die…mehr

Produktbeschreibung
Jacob Michael Reinhold Lenz (1751-1792) hat seinen Platz in der Literaturgeschichte. Er gilt als ein Hauptvertreter des Sturm und Drang und 'sozialkritischer Komödiendichter', als 'Konkurrent Goethes', der in seinen späteren Jahren 'geistig umnachtet' gewesen sei: alles in allem eine ebensaußergewöhnliche und bedeutende wie exzentrische und pathologische Figur. Entgegen diesen gängigen Etikettierungen der Literaturgeschichtsschreibung liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung auf der gesellschaftlichen Einbettung von Lenz' schriftstellerischer Arbeit und seiner Rolle als Autor, die anhand der sozialen Funktionen seiner Schriften entwickelt werden. Dazu werden ausgewählte Texte auf der Basis von Pierre Bourdieus sozioanalytischem Instrumentarium untersucht und die Elemente von Lenz' sozioliterarischer Laufbahn herausgearbeitet. Im Vordergrund stehen die Frage nach der Entstehung und Etablierung seines literarischen Habitus (Teil 1), Lenz' Position im deutschsprachigen literarischen Feld seiner Zeit (Teil 2) und schließlich Lenz' Stellung als Intellektueller im russischen Feld der Macht zur Zeit der Französischen Revolution. Dieser dritte Teil basiert auf der Auswertung der bislang fast völlig unbekannten Moskauer Lenziana. Die umfangreichen Quellenstudien, die den Autor auf den Spuren von Lenz u.a. auch nach Tallinn, Riga, Kraków, St. Petersburg und Moskau führten, ermöglichen erstmals eine gesicherte Darstellung von Lenz' Rolle als intellektueller Schriftsteller in Moskau in den Jahren 1781-1792, die die Lenz-Forschung einen wesentlichen Schritt voranbringt.

INHALT
Einleitung

1. Lenz' soziale Prägungen; 2. Der Rahmen der literarischen Laufbahn; 2.1. Der Prozeß der Entstehung eines Literatursystems im 18. Jahrhundert; 2.2. Entwicklung der Literaturproduzenten; 2.3. Systemtheoretische Selbstorganisation versus Bourdieus Ansatz; 3. Die Debatten um den "Geschmack" im 18. Jahrhundert; 4. Die literarische Laufbahn von Lenz; 4.1. Abgrenzungen; 4.2. Lenz' Laufbahn als Geschichte der Auseinandersetzungen um (symbolische) Herrschaft

Teil A: Die Genese des literarischen Habitus

1. Erster Auftritt; 1.1. Das Modell der Entstellung: Gemälde eines Erschlagenen; 1.2. Die genealogische Reihung: Die Landplagen; 2. Auseinandersetzung um die 'wahre' Darstellung des Menschen; 2.1. Herders Shakespeare-Rede; 2.2. Lenz' Shakespeare-Übersetzung Amor vincit omnia; 3. Der Anspruch auf die Darstel-lung zeitgenössischer Verhältnisse; 3.1. Die Verteidigung der Verteidigung des Übersetzers der Lustspiele; 3.2. Lenz' Plautus-Übersetzung Das Väterchen; 4. Die Krise des arrivierten Häretikers; 4.1. Rezension des Neuen Menoza; 4.2. Die radikalisierte Situationskomödie: Der neue Menoza; 4.3. Meinungen eines Laien den Geistlichen zugeeignet

Teil B: Lenz' Position im literarischen Feld und die Auseinandersetzung um die Regelung des literarischen Verdienstes

1. Stigmatisierung und Demonstration: Die Wolken und die Schriften für die "Deutsche Gesellschaft"; 2. Die meritokratische Auflehnung: Die Verteidigung des Herrn W. gegen die Wolken von dem Verfasser der Wolken und expositiad hominem (Konflikt des sich professionalisierenden, 'freien' Dichters; Wieland, Der teutsche Merkur; Klopstock, Deutsche Gelehrtenrepublik); 3. Die Entscheidung für Weimar und die Frage des Abstandes zum höfischen Raum

Teil C: Lenz als bürgerlicher Intellektueller im russischen Feld der Macht

Einleitung: "Ansprüche auf ein Art von Bürgerrecht"; Sozialraum Rußlands; Handlungsräume für Gelehrte und Schriftsteller: der 'kleine Hof' und die Panin-'Partei'; die Veränderungen der Außenpolitik und ihre Auswirkungen; der oppositionelle Rand im Feld der Macht: die Freimaurer und die publizistischen Aktivitäten rund um Novikov; "Typographische Gesellschaft"; Zeittabelle zu den Gelehrten- und Freimaurerkreisen in Moskau und zur Kulturpolitik

1. Der Anspruch auf die Erziehung von selbständigen Staatsbürgern: Der Rechenschaft-Bericht für das adlige Pensionsinstitut; 1.1. Reform des Erziehungswesens; 1.2. Das adlige Pensionsinstitut der Mme Exter; 1.3. Historischer Kontext; 1.4. Der Rechenschaftsbericht; 1.5. Erziehungssystem; 1.6. Lenz' wütende Reaktionen; 2. Der Anspruch, den Handel in Stadt und Land zu verbessern; 2.1. Bemühungen zur Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; 2.2. Der wirtschaftliche Aufschwung; 2.3. Lenz' wirtschaftliches Engagement (Lenz' Adressaten; Zirkulationsbanken; Wasserwege; Versorgung der Stadt Moskau; Hygiene); 2.4. Die Orientierung an England; 2.5. Katharinas Außenhandelspolitik; 2.6. Wirtschaftliche und soziale Krisen; 2.7. Lenz' ambivalente Position; 3. Der Anspruch auf die Formulierung und Legitimierung der russischen Geschichte; 3.1. Der Beginn der russischen Historiographie; 3.2. Lenz' mythologische Ursprungskonstruktion; 3.3. Cheraskovs Rossijade; 3.4. Boris Godunov; 3.5. Brennpunkt Novgorod; 4. Der Dichter im Feld der Macht; 4.1. Lenz' Rückzug in den Raum der Dichtung; 4.2. Anfänge eines relativ autonomen literarischen Feldes in Rußland (Zensur; Fall Novikov; Fall Radis&Mac255;ev; Karamzin); 4.3. Lenz' Verteidigung des Dichters: Brief vom Erziehungswesen an einen Hofmeister; 4.4. Die Waffe des Dichters: Was ist Satyre?

Text-Anhang: Rechenschaft von dem gegenwärtigen Zustande des Fortschritts in den Wissenschaften [...]; Brief vom Erziehungswesen an einen Hofmeister!; editorische Notiz und Stellenkommentar

Literaturverzeichnis; Personenregister