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Ein Mann mittleren Alters mietet sich in einem Co-Working-Space ein. Er will endlich vorankommen. Womit ist noch unklar, doch er spürt, es geht ums Ganze. So scheint es allen in diesem kargen wie fantastischen Co-Working-Space zu gehen. Flexible Selbstoptimierer_innen, erfahrene Förderantragsschreiber, sprachlose Call-Center-Agenten, wortgewandte Prokrastinierer und andere frei flottierende Büroexistenzen - sie alle haben viel vor und stehen doch die meiste Zeit im Pausenraum und trinken Kaffee, viel Kaffee. Denn es gilt: kein Kapitalismus ohne Kaffee.
Der Space: Ein kleiner Raum, ein
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Produktbeschreibung
Ein Mann mittleren Alters mietet sich in einem Co-Working-Space ein. Er will endlich vorankommen. Womit ist noch unklar, doch er spürt, es geht ums Ganze. So scheint es allen in diesem kargen wie fantastischen Co-Working-Space zu gehen. Flexible Selbstoptimierer_innen, erfahrene Förderantragsschreiber, sprachlose Call-Center-Agenten, wortgewandte Prokrastinierer und andere frei flottierende Büroexistenzen - sie alle haben viel vor und stehen doch die meiste Zeit im Pausenraum und trinken Kaffee, viel Kaffee. Denn es gilt: kein Kapitalismus ohne Kaffee.

Der Space: Ein kleiner Raum, ein Tisch, ein Stuhl. Und im Pausenraum eine hochwertige Kaffeemaschine. Der Erzähler hat viel vor, doch dann kommt immer etwas dazwischen: Kaffeetrinken, Friseurtermin, Dokumentarfilm im Schwimmbad, Besuch von alten Bekannten, ein Konzert mit schrecklichem Ausgang, schlechte Träume von sich abschlachtenden Generälen, ein sich auftuendes Vakuum, das ihn zu verschlingen droht, solche Sachen,und immer wieder Kaffee. Doch auch die anderen kommen nicht voran. Und so stehen mit der Zeit immer mehr Leute vor der hochwertigen Kaffeemaschine herum, lauschen den Zisch- und Brumm-Geräuschen, bis sie unvermittelt beschließen, eine Party zu schmeißen. Danach wird nichts mehr so sein wie zuvor.

Poetisch, klug und witzig führt PeterLicht mitten hinein ins korrupte Herz unseres Selbst - ein Feuerwerk.

»PeterLicht schreibt so, wie ich gerne sprechen würde.« Sophie Passmann
Autorenporträt
Mit seinem Lied vom Sonnendeck landete PeterLicht 2001 den Underground-Sommerhit. Nach drei Studio-Alben erschien sein erstes Buch 'Wir werden siegen - Buch vom Ende des Kapitalismus'. 2008 folgte 'Die Geschichte meiner Einschätzung am Anfang des 3. Jahrtausends', wofür er den Publikumspreis und den 3sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt erhielt. 2014 erschienen das Buch und das gleichnamige Album 'Lob der Realität'. PeterLicht ist mit seinen Stücken auf den namhaften deutschsprachigen Theaterbühnen als Dramatiker präsent. 2019 wurde 'Tartuffe oder das Schwein der Weisen' zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Eine Zeit lang war er als Kolumnist der Süddeutschen Zeitung tätig. 2021 veröffentlichte er sein 8. Album 'Beton und Ibuprofen'.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jan Wiele hat Spaß mit Peter Lichts Roman über eine prokrastinierenden Zeitgenossen in der Coworking-Hölle. Anders als im Angestellten-Roman von Genazino ist die Hölle zwar eine selbstverwaltete, angenehmer ist sie deswegen aber noch lange nicht, stellt Wiele fest, auch wenn der Autor sein Bestes gibt, um das Hamsterrad der digitalen Gegenwart so satirisch wie möglich zu fassen und witzige Armutsforscher und Hundeführer auftreten lässt. Der "Kern von Schmerz" bleibt für Wiele sichtbar: dass wir zwischen Arbeit und Freizeit nicht mehr trennen können.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2021

Sie nennen es Arbeit
Ein Büro-Roman des Künstlers PeterLicht

Wie vor Kurzem in einer Dissertation festgestellt wurde, handelt der Angestelltenroman meistens von einer Krise. Das Büro wird zu deren Bühne. Der Angestellte, schreibt der Verfasser Lucas Alt, fungiere "als Abstandhalter und Puffer zwischen den verfeindeten Lagern von Bourgeoisie und Proletariat". Für das kapitalistische System werde er so zur "prototypischen Kippfigur" zwischen sozialem Auf- und Abstieg. Während die Verhältnisse der Angestellten von Abhängigkeit und nicht selten von Prekarität geprägt seien, pflegten sie dennoch "ein bürgerliches Selbstverständnis". In diesem Spannungsverhältnis verkörperten sie, heißt es, die kapitalistische Krise.

Der vorliegende Büroroman des Liedermachers und Künstlers PeterLicht wirkt zunächst wie ein Anwendungsbeispiel für diese These - gleich im ersten Satz beschließt sein Erzähler, "endlich voranzukommen". Um kurz darauf festzustellen: "Was muss man für Energie reinstecken für ein richtig schönes Vorankommen!" Er denkt dann: "Oje, man kann nicht immer arbeiten. Oje, Leistungsgesellschaft. Oje, Neoliberalismus." Und klappt im nächsten Moment eine Schaumstoffmatratze auf, die er hochkant an seine Bürotür gegurtet hat: "Ich brauche sie, wenn schnelles Hinlegen angezeigt ist. Manchmal haut es mich einfach um bei meiner Arbeit beziehungsweise meinem Leben."

Vergleicht man diesen Erzähler mit einem literarischen Vorgänger, Wilhelm Genazinos "Abschaffel", der auch schon die Krise und die Farce des Bürolebens verkörpert hatte ("ein erster Höhepunkt des Betrugs waren die Berufsbezeichnungen der Angestellten"), so ist er einen Schritt weiter: Denn dieser Erzähler ist nicht mehr Angestellter einer Firma, sondern Freischaffender in einem "Coworking Space" der Kreativen. Die müssen ihre Kreativität selbst verwalten, niemand zwingt sie dazu. Die Krise zwischen Vorankommen und Hinlegen, zwischen Schaffen und Aufschieben, wird dadurch aber nicht kleiner.

Der Roman selbst kippt oft aus dem Realistischen ins Groteske: Nicht nur sieht ein Coworking-Kollege aus "wie derjenige, der Warten auf Godot geschrieben hat", eine andere Kollegin, die sogenannte "Allroundkünstlerin", arbeitet in einem Raum, in dem sich ihr Vorgänger, auch Künstler, an einem Stahlträger erhängt hat. "Die Selbsterhängung des Künstlers zog eine Kaskade von Umnutzungen, Neugestaltungen und Neuorientierungen nach sich." Also macht nun die Allroundkünstlerin einen Film über Männer, die von ihren Krisen berichten. "Du würdest super reinpassen", sagt sie zum Erzähler. Der flüchtet daraufhin zur Kaffeebude, um dort einem anderen Kollegen den Part in dem Film schmackhaft zu machen.

So geht es satirisch voran, mit weiterem Personal wie einem Armutsforscher und einem Hundeführer in der Coworking-Küche, von Projekt zu aufgeschobenem Projekt, bei Ladehemmung oder Verspannung auch mal ein Stockwerk höher in die "Gesundheitsetage", in der die Chiropraktikerin "dem Wirbelsäulenspuk ein Ende bereiten" soll. Und manchmal auch in Träumen, die dem Erzähler beim Büroschlaf kommen. Etwa von einem Banküberfall oder vom Durchbrennen mit der Allroundkünstlerin ans kretische Meer.

Was sich aus der Satire aber immer deutlicher herausschält, ist ein Kern von Schmerz, der sich in einem überraschenden Kapitel über den Tod eines Angehörigen ebenso konkretisiert wie in einem ausgerenkten Halswirbel des Erzählers. Dessen mit Witz geschildertes Prokrastinations-Dasein kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Krise, die dieser Roman schildert, auch eine des Nichtmehrabschaltenkönnens in der digitalen Gegenwart ist. Menschen werden immer mehr zu Maschinen; etwas lässt uns ständig arbeiten, auch wenn wir nicht wollen. Unter dem Pflaster dieses Buches liegt nicht der Strand, sondern eine krankmachende Matrix, in der es keine Trennung mehr zwischen Arbeit und Freizeit gibt. Ob die verrückte Party im Coworking Space, auf die der Roman zusteuert, eine kathartische Wirkung hat, liegt im Auge des Betrachters. Aber immerhin erfährt er auch: "Die Geschichte der Chiropraktik ist eine Geschichte mit Happy End." JAN WIELE

PeterLicht: "Ja okay, aber". Roman.

Tropen Verlag,

Stuttgart 2021. 232 S., geb., 20,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»PeterLicht ist ein Meister darin, die Dinge von vielen Seiten zu betrachten und Diskurse ad absurdum zu führen.« Anette Merkel, SWR2, 16. Januar 2022 Annette Merkel SWR2 20220116