Die Arbeit untersucht Genese und Rezeption eines ästhetischen Konzepts im bildungsbürgerlichen Kontext des 19. Jahrhunderts. Sie rekonstruiert die Geburt von Burckhardts ästhetischer Urteilsbildung aus dem Geiste seiner Italienerfahrung und zeigt zugleich die klassizistischen Wurzeln dieses Kunsturteils auf. Die konservativen Züge der Burckhardtschen Kunstauffassung machen den »Cicerone« zu einem Thesaurus des Bewahrenswerten in einer Zeit politischer und ästhetischer Umbrüche. Er erbingt eine klassifikatorische Syntheseleistung, die den gesamten italienischen Formenbestand einer fast museal zu nennenden Neuordnung unterwirft. Die sogenannte "Kunst nach Aufgaben" wird hierbei von Burckhardt als polemischer Begriff gegen den modernen Künstler und seine potentiell überschießende Einbildungskraft eingesetzt. Die Tradition dieses modernen Künstlertypus reicht für ihn bis in die Renaissance zu ihrem Urvater Michelangelo zurück und findet ihren Höhepunkt in seiner eigenen Gegenwart. Somit geht die Intention des »Cicerone« über seinen Untertitel »Eine Anleitung zum Genuß der Kunstwerke Italiens« hinaus: Er möchte nicht nur den gebildeten Reisenden auf den Weg der genußvollen Kunsterkenntnis führen, sondern zugleich für zeitgenössische Architekten Anleitung zur richtigen Bautätigkeit sein.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Dieses Buch kann die Lektüre von Burckhardt `Cicerone` nicht ersetzen, stellt Gerrit Walther klar. Aber dies ist auch nicht der Anspruch der Autorin. Vielmehr geht es ihr darum, so der Rezensent, aufzuzeigen, wie es Burckhardt gelungen ist, einerseits die Kunstwerke Italiens zu katalogisieren und gleichzeitig den Genuss einer sinnlichen Wahrnehmung bei ihrer Betrachtung zu vermitteln. Ähnlich wie Burckhardt selbst habe Tauber hier keine auf Vollständigkeit abzielende "Materialbändigung" vorgenommen, sondern in einzelnen "geschliffenen Essays" verschiedene Aspekte beleuchtet. Besonders aufschlussreich findet es der Rezensent, dass Tauber durch den Vergleich mit verschiedenen früheren Texten Burckhardts die Herausbildung eines ästhetischen Urteilsvermögens des Autors aufzeigt. Darüber hinaus weist er auf eine "der spannendsten Passagen ihres Buches" hin, in der Tauber Burckhardts Versuche darstellt, sich in die Welt der Künstler zurückzuversetzen und die seinerzeit an ihn gestellten Aufgaben nachvollziehbar zu machen: denn erst dies mache aus einem Konsumenten der Kunst einen wirklichen Genießer. Hier stellt die Autorin, so Walther, auch einen Bezug zu Goethe her, nicht zuletzt, weil Burckhardt dessen "Italienische Reise" teilweise "buchstäblich nachgespielt" hat. Kritisch findet es Walther jedoch, dass Tauber bisweilen mit "ihrem Helden persönlich hadert" und seine Ablehnung der Moderne mit Neid auf die Kunstschaffenden erklärt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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