Jacqueline Pascal war die jüngere Schwester Blaise Pascals, des bedeutendsten religiösen Denkers und Wissenschaftlers der französischen Frühaufklärung. Dem Autor gelingt ein faszinierendes Porträt dieser eigenständigen und interessanten Frau. Er beschreibt zuerst die familiäre Konstellation, danach den Lebensweg der jungen, hochbegabten Jacqueline, die in der höfischen, literarisch interessierten Gesellschaft mit ihren Gedichten brilliert, dann aber jäh mit der mondänen Welt bricht und sich ins jansenistische Kloster zurückzieht. Dabei erfährt man viel über die religiöse und politische Welt der damaligen Zeit, über die Auseinandersetzungen um den Jansenismus, die auch das Leben und Werk ihres philosophischen Bruders Werk prägen. Es gelingt dem Autor, die kantigen Seiten Jacqueline Pascals ebenso wie politische und theologische Klarsicht herauszuarbeiten, mit der sie die Machtspiele des Hofes und der Kirchenpolitiker durchschaut, die zur Schliessung Port Royals und zur Zerstörung dieser religiösen Bewegung geführt haben.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Eine hervorragende Arbeit habe der Autor schon einmal mit einer Arbeit über den französischen Philosophen Blaise Pascal geleistet, meint Hanno Helbling, und auch mit seinem neuen Buch über "Die Schwester des Philosophen" stelle Leutenberger sein sensibles Vorgehen erneut unter Beweis. Die Biografie handelt eine heikle Epoche des 17. Jahrhunderts und der Kirchengeschichte ab, die durch einen Prozess des innerkatholischen Aufruhrs gekennzeichnet war. Jacqueline Pascal, berichtet Helbling, ging ins Kloster Port-Royal, das sich zu den Jensenisten bekannte. Die Klosterfrauen standen damit im Widerspruch zur Kirche, da sie - in einem frühen und so anderen Emanzipationskampf als heute - eine an Augustinus orientierte Spiritualität für sich in Anspruch nahmen. Leuenberger interessiere vor allem die Mentalität dieser Frauen, für die Jacqueline Pascal nur beispielhaft steht, meint Helbling. Sie empörten sich in ihrer radikalen Demut gegen jede Form der staatlichen wie geistlichen Tyrannei und stritten für die Entfaltung ihrer religiösen Autonomie.
© Perlentaucher Medien GmbH
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