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Helmut Suter erzählt in diesem Band die faszinierende Geschichte der hohen Jagd vom Ende der Weimarer Republik bis in die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs. Er berichtet vom luxuriös ausgestatteten »Waldhof Carinhall«, in dem »Reichsjägermeister« Hermann Göring Gäste aus aller Welt zur braunen Jagddiplomatie empfing, aber auch von der willigen Unterwerfung der deutschen Jägerschaft unter die Doktrin des NS-Regimes.Mit über 170 zum Teil bislang unveröffentlichten Abbildungen.

Produktbeschreibung
Helmut Suter erzählt in diesem Band die faszinierende Geschichte der hohen Jagd vom Ende der Weimarer Republik bis in die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs. Er berichtet vom luxuriös ausgestatteten »Waldhof Carinhall«, in dem »Reichsjägermeister« Hermann Göring Gäste aus aller Welt zur braunen Jagddiplomatie empfing, aber auch von der willigen Unterwerfung der deutschen Jägerschaft unter die Doktrin des NS-Regimes.Mit über 170 zum Teil bislang unveröffentlichten Abbildungen.
Autorenporträt
Helmut Suter, Leiter des Schorfheidemuseums, lebt in Groß Schönebeck und ist Jagdhistoriker. Von ihm erschienen sind zahlreiche Bücher zur Jagd- und Landesgeschichte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.04.2021

Herrscher
der Schorfheide
Helmut Suter über Hermann Göring als Jäger
Das reich illustrierte und bestens dokumentierte Buch des Jagdhistorikers und Leiters des Schorfheidemuseums, Helmut Suter, ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein eher am Rande des historischen Geschehens angesiedeltes Thema wie die Jagd durch einen entsprechend informierten Autor jedem historisch Interessierten Neues und Aufklärendes zu bieten vermag. Im Mittelpunkt der Darstellung steht der „Reichsjägermeister“, preußische Minister und Ministerpräsident, Reichstagspräsident und Generalfeldmarschall Hermann Göring (1893 – 1946), um nur wenige seiner etwa 20 einflussreichen Ämter und Funktionen im Dritten Reich zu nennen. Die Schorfheide, 50 Kilometer östlich von Berlin gelegen, war für lange Zeit eines der wichtigsten Jagdgebiete für preußische und deutsche Fürsten und Militärs, aber auch für ausländische Diplomaten und Staatsgäste. Otto Braun (1872 – 1955), der erste SPD-Ministerpräsident in Preußen nach der Revolution von 1918, verhinderte erfolgreich die Privatisierung des Jagdgebietes. Nach der Übergabe der Macht an die NSDAP und der kampflosen Kapitulation der Weimarer Demokratie arrangierte sich die traditionell konservative Jägerschaft schnell und „ereiferte sich geradezu, ihrem Idol Hermann Göring die absolute Gefolgschaft anzutragen“.
Der Reichsjägermeister – übrigens ein Titel, für den schon seine Mitarbeiter wie später die historische Forschung in den Archiven keine amtlich beglaubigte Ernennungsurkunde fanden – liebte operettenhafte Auftritte, Pomp und entsprechende Uniformen verstand sich als „Waldfürst“ und „letzten Renaissance-Menschen“ mit „jagdlichem Denken“: „Lieber schieße ich ein paar Mal zu kurz oder zu weit, aber ich schieße wenigstens.“ Mit solchen Bekenntnissen und seinem dezidiert rüden Verhalten (am Vormittag mit Koppelschloss, braunem SA-Hemd und Schlägermütze, abends mit Smoking oder Paradeuniform) empfahl er sich Hitler von Anfang an als Spezialist fürs Grobe und Brutale. Eine erste Kostprobe dafür bot „der Eiserne“ (so nannte ihn Hitler im Kreis der Vertrauten) bei der Gleichschaltung von Verwaltung und Polizei, etwa mit seinem Schießerlass vom 17. Februar 1933, der Polizisten einen regelrechten Freibrief ausstellte in der Bürgerkriegsatmosphäre unmittelbar nach der Machtübergabe Ende Januar 1933: Schießwillige Polizisten, sagte er, „werden ohne Rücksicht auf die Folgen von mir gedeckt“. Goebbels’ Bewunderung war ihm sicher: „Göring räumt auf in Preußen mit einer herzerfrischenden Forschheit.“
Er duldete die willkürliche Einrichtung von Gefängnissen und Lagern für Sozialdemokraten und Kommunisten durch SA-Leute, gründete seinen persönlichen Spitzel- und Geheimdienst („Forschungsamt“), lenkte aber auch die hemmungslose Agitation gegen die SA, die mit der Ermordung Ernst Röhms und 82 seiner Leute endete, die Carl Schmitt als Wiederkehr „echter Gerechtigkeit“ verniedlichte und rechtfertigte.
Nicht zu bestreiten sind Görings und seiner Spitzenbeamten Verdienste um den Natur- und Pflanzenschutz, zuerst in Preußen und dann mit dem Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935, mit dem erstmals in Deutschland die Belange der Pflanzen- und Tierwelt gesetzlich einheitlich normiert wurden. Ein Jahr später wurde das 51 000 Hektar große Gebiet der Schorfheide in eine Stiftung eingebracht und private Grundbesitzer verdrängt. Ohne Zweifel meinte es Göring ernst mit der KZ-Drohung gegen Jäger, Züchter und Bauern, die Tiere als leblose Ware behandeln.
Görings Doppelgesicht als brutaler Machtmensch und Tierschützer erwies sich nach der Pogromnacht vom November 1938: „Mir wäre es lieber gewesen, ihr hättet 200 Juden erschlagen und hättet nicht solche Werte vernichtet.“ Außer dem Hass auf Juden motivierte Göring seine Liebe zu Kunstwerken, die er europaweit kaufen und rauben ließ, um sein Jagdhaus in der Schorfheide auszuschmücken, das er sich auf Staatskosten in mehreren Bauphasen vom bescheidenen Blockhaus zur luxuriösen Residenz ausbauen ließ, in die er Staatsgäste zur Jagd einlud und mit byzantinischem Pomp zu beeindrucken suchte.
Göring inszenierte in seiner Luxusresidenz im Rahmen und am Rande von Jagdpartien mit Politikern und Diplomaten vor allem aus Polen, Ungarn, Österreich und der Tschechoslowakei eine regelrechte Neben-Außenpolitik, womit er sich in Berlin Feinde und Neider schuf. Görings Ehrgeiz galt jedoch immer der Schaffung des größten Wildparks in Europa. Zu diesem Zweck wurden aus dem Osten und Norden in Deutschland ausgestorbene Tierarten (Elche, Wisente, Wildpferde, Widder und Fasane) importiert und in Gehegen planmäßig gezüchtet. Insbesondere von der Wisentzucht war Göring „besessen“, so Suter. Das Schaugehege in der Schorfheide lockte jährlich bis zu 100 000 Besucher an. Die unbestreitbaren Zuchterfolge wurden allerdings immer wieder zunichte gemacht, weil die Tiere in ihrer neuen Umgebung von Parasiten befallen wurden und elend verendeten.
Göring herrschte in der Schorfheide autokratisch. Er entschied, wer zur Jagd eingeladen wurde und welche Tiere die Gäste abschießen durften, wobei er für sich selbst die prächtigsten Tiere reservierte. Nach dem Krieg wurden viele Tiere getötet, um den Fleischbedarf der Roten Armee zu decken. Suters Resümee: Göring war der Vater des modernen deutschen Jagd- und Forstwesens, aber auch sein Totengräber, dem der Realitätssinn in den letzten Kriegsjahren bereits abhandengekommen war.
RUDOLF WALTHER
Er war Vater und Totengräber des
modernen deutschen Jagdwesens
Helmut Suter:
Jagd unterm Hakenkreuz. Hermann Göring, Carinhall und das Jagdrevier Schorfheide. be.bra Verlag, Berlin 2021.
251 Seiten,
28 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit Wohlwollen bespricht Rudolf Walther dieses Buch des Leiters des Schorfheidenmuseums, aus dem er viel "Neues und Aufklärendes" erfahren hat. Göring war offenbar nicht nur der clowneske und brutale Machtmensch, als der er überliefert ist, so der Kritiker, sondern auch Tier- und Pflanzenschützer, der "besessen" war von der Wiederansiedlung von im Nordosten Deutschland verdrängten Tierarten, besonders von Wisenten in der Schorfheide. Die Jägerschaft des Landes scheint ihn ebenso geliebt zu haben, so erfahren wir von dem freundlichen Rezensenten, wie etwa der ihn bewundernde Goebbels und alle schießwütigen Polizisten, die von ihm prinzipiell gedeckt wurden. Dass sich Göring mit Einladungen an hochrangige Staatsbesucher besonders aus dem europäischen Osten zu Jagdpartien und Bällen nach Carinhall in der Hauptstadt nicht beliebt machte, auch das hat der Kritiker aus diesem Buch erfahren.

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