Produktdetails
- suhrkamp taschenbuch 3300
- Verlag: Suhrkamp
- Seitenzahl: 352
- Deutsch
- Abmessung: 16mm x 109mm x 176mm
- Gewicht: 195g
- ISBN-13: 9783518398005
- ISBN-10: 3518398008
- Artikelnr.: 09944614
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2001Epplers Lernprozeß
MENSCHENRECHTE. Der zunehmende Zerfall staatlicher Strukturen und Institutionen ist das Thema des "Jahrbuchs Menschenrechte 2002", das zum vierten Mal erscheint. Der Auflösungsprozeß hat auch erhebliche Konsequenzen für die Durch- und Umsetzung von Menschenrechten, weil sich das staatliche Gewaltmonopol zusehends zugunsten rivalisierender parastaatlicher und privater Akteure auflöst. Damit hat aber die Menschenrechtsbewegung in einigen Teilen der Welt, insbesondere in Afrika oder den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, ihren klassischen Adressaten verloren: "Traditionell galt und gilt das Hauptaugenmerk der Menschenrechtsschützer dem einzelnen Staat und seinen Akteuren, wenn diese durch Repression und Machtmißbrauch die Menschenrechte verletzen. Gleichzeitig jedoch hat sich im Zuge nicht nur wirtschaftlicher Globalisierungsprozesse in vielen Regionen die ohnehin starke Außenabhängigkeit und Fremdbestimmung nationaler Gesellschaften dynamisiert und verschärft." Auch dieser Band hat wieder thematische Schwerpunkte: Neben dem Hauptthema "Menschenrecht und Staatszerfall" und der sich daran anschließenden Diskussion der Frage "Krieg für Menschenrechte?" folgt die genauere Analyse der Menschenrechtssituation in ausgesuchten Regionen und Ländern, in diesem Fall in Israel und Palästina, Mauretanien, Peru sowie Vietnam. Berichte über die "Internationale Menschenrechtsarbeit", Beobachtungen zu den "Menschenrechten in Europa", ein "Service-Teil" und ein nützliches Gesamtregister, das die bislang erschienenen Jahrbücher erschließt, runden das Ganze ab. Der Band zeugt auch von einem bemerkenswerten Lernprozeß prominenter Verfechter der Menschenrechtsidee. So gibt Erhard Eppler in seinem Beitrag über die "privatisierte Gewalt und ihre Folgen" zu Protokoll: "Hätte man mir vor 15 Jahren die Frage gestellt, was ich von der Abschaffung aller Armeen hielte, so hätte ich ohne Vorbehalt zugestimmt: Es kann uns nichts Besseres passieren. Heute würde ich zögern. Die Auflösung aller Armeen müßte die privatisierte Gewalt ermutigen, ihr freie Bahn lassen. 1981, als im Bonner Hofgarten 300 000 Demonstranten zusammenströmten, lehnte sich eine pazifistische Logik auf gegen eine militärische Logik. Beide waren in sich schlüssig: die der Abschreckung und die der Entfeindung. Gegen die privatisierte Gewalt taugen weder die eine noch die andere." (Gabriele von Arnim und andere : Jahrbuch Menschenrechte 2002. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001. 352 Seiten, 11,- Euro.)
GREGOR SCHÖLLGEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
MENSCHENRECHTE. Der zunehmende Zerfall staatlicher Strukturen und Institutionen ist das Thema des "Jahrbuchs Menschenrechte 2002", das zum vierten Mal erscheint. Der Auflösungsprozeß hat auch erhebliche Konsequenzen für die Durch- und Umsetzung von Menschenrechten, weil sich das staatliche Gewaltmonopol zusehends zugunsten rivalisierender parastaatlicher und privater Akteure auflöst. Damit hat aber die Menschenrechtsbewegung in einigen Teilen der Welt, insbesondere in Afrika oder den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, ihren klassischen Adressaten verloren: "Traditionell galt und gilt das Hauptaugenmerk der Menschenrechtsschützer dem einzelnen Staat und seinen Akteuren, wenn diese durch Repression und Machtmißbrauch die Menschenrechte verletzen. Gleichzeitig jedoch hat sich im Zuge nicht nur wirtschaftlicher Globalisierungsprozesse in vielen Regionen die ohnehin starke Außenabhängigkeit und Fremdbestimmung nationaler Gesellschaften dynamisiert und verschärft." Auch dieser Band hat wieder thematische Schwerpunkte: Neben dem Hauptthema "Menschenrecht und Staatszerfall" und der sich daran anschließenden Diskussion der Frage "Krieg für Menschenrechte?" folgt die genauere Analyse der Menschenrechtssituation in ausgesuchten Regionen und Ländern, in diesem Fall in Israel und Palästina, Mauretanien, Peru sowie Vietnam. Berichte über die "Internationale Menschenrechtsarbeit", Beobachtungen zu den "Menschenrechten in Europa", ein "Service-Teil" und ein nützliches Gesamtregister, das die bislang erschienenen Jahrbücher erschließt, runden das Ganze ab. Der Band zeugt auch von einem bemerkenswerten Lernprozeß prominenter Verfechter der Menschenrechtsidee. So gibt Erhard Eppler in seinem Beitrag über die "privatisierte Gewalt und ihre Folgen" zu Protokoll: "Hätte man mir vor 15 Jahren die Frage gestellt, was ich von der Abschaffung aller Armeen hielte, so hätte ich ohne Vorbehalt zugestimmt: Es kann uns nichts Besseres passieren. Heute würde ich zögern. Die Auflösung aller Armeen müßte die privatisierte Gewalt ermutigen, ihr freie Bahn lassen. 1981, als im Bonner Hofgarten 300 000 Demonstranten zusammenströmten, lehnte sich eine pazifistische Logik auf gegen eine militärische Logik. Beide waren in sich schlüssig: die der Abschreckung und die der Entfeindung. Gegen die privatisierte Gewalt taugen weder die eine noch die andere." (Gabriele von Arnim und andere : Jahrbuch Menschenrechte 2002. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001. 352 Seiten, 11,- Euro.)
GREGOR SCHÖLLGEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Thematischer Schwerpunkt des zum vierten Mal erscheinenden Jahrbuches ist, der Information von Rezensent Gregor Schöllgen zufolge, der "zunehmende Zerfall staatlicher Strukturen und Institutionen" und dessen Konsequenzen für die Durch- und Umsetzung von Menschenrechten. Da sich nämlich das staatliche Gewaltmonopol zusehends zugunsten rivalisierender und parastaatlicher Gruppen auflöse, habe die Menschenrechtsbewegung ihre klassischen Adressaten verloren. Neben diesem Hauptthema und der daran anschließenden Diskussion "Krieg für Menschenrechte" folge die genauere Analyse der Menschenrechtssituation in ausgesuchten Regionen und Ländern: in Israel und Palästina, in Mauretanien, Peru sowie Vietnam. Weiter enthält der Band, wie wir lesen, Berichte u.a. über "Internationale Menschenrechtsarbeit" und ein "nützliches Gesamtregister", das die bislang erschienenen Jahrbücher erschließe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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